Rosentraeume
seinen Körperkräften zu tun.
Sie warf einen genauso verstohlenen Blick nach rechts. Dieser Mann besaß keine Schwächen. Und auch keine Sanftmut, vermutete sie. Er würde sein Ziel unermüdlich verfolgen, mit allen
Mitteln, bis er es erreichte. Er war so dunkel und sah so gut aus, magnetisch, bezwingend. Zum ersten Mal gestand sie sich die Anziehungskraft ein, die er auf sie ausübte. Natürlich ging diese Attraktion gegen ihren Willen, dieser mächtige Herr hatte sie
verhext.
Ungeduldig nestelte sie an ihrer Frisur, um irgend etwas zu tun. Es änderte nichts. Der König hatte ihre Verlobung angekündigt. Ihre Zukunft war besiegelt.
Wieder sprach der König, und Brianna versuchte, sich auf das zu konzentrieren, was er sagte, während ihr Herz raste.
»Wie ihr alle wißt, ist mein ältester und bester Freund, der Graf von Salisbury, zur Zeit Gast König Philipps von Frankreich. Ich bin gerade dabei, über seine Freilassung zu verhandeln, aber in der Zwischenzeit ehre ich seinen Sohn, William de Montecute, damit, daß ich ihn mit Lady Joan, der hübschen Jungfer von Kent, verlobe.«
Alle Farbe wich aus Joans Gesicht, sie war so weiß wie eine gekalkte Wand. Nein! nein! schrie eine Stimme in ihrem Inneren, dennoch lächelte sie zittrig und senkte den Kopf, damit niemand den Schmerz in ihren Augen sah.
Prinz Edward verriet weder durch Blicke noch Worte seine Gefühle, doch als er seinen Kristallbecher auf den Tisch stellte, zerbrach er wie eine Eierschale. Seine Augen trafen sich mit denen Christian Hawksbloods. Ihre Blicke hielten einander gefangen, bis Edward sich ein wenig beruhigt hatte. Er war ein Taktiker. Er würde einen Weg finden, diese Verlobung zu vereiteln.
Hawksblood wußte ganz genau, wie seinem Freund zumute war. Sie befanden sich beide in der gleichen Lage. Heute abend konnten sie nicht viel tun. Morgen... ah, den morgigen Tag mußten sie beide nutzen.
Brianna hörte mit ungläubigem Staunen Joans Namen. Was für eine schlaue kleine Range konnte ihre Freundin doch sein. Sie hatte Brianna kein Wort verraten. Zwar hatte sie eine geheime Vernarrtheit angedeutet, doch stets so getan, als ärgere sie sich über Montecutes Aufmerksamkeiten.
Brianna blickte zur anderen Seite des Saals, wo Joan neben ihrem Bruder saß. Sie lächelte engelsgleich, doch Brianna war aufmerksam genug, um die unnatürliche Blässe ihrer Freundin festzustellen. War es möglich, daß Joan genauso überrascht und erschrocken war wie sie über die Ankündigung des Königs? Brianna vergaß ihre eigenen Sorgen, ihr Herz war bei ihrer Freundin.
Heute abend wurde nicht getanzt, weil sich zu viele Menschen in dem großen Saal befanden, als daß man die Tische hätte zur Seite rücken können. Und die meisten Männer hatten auch ihre Kräfte bei den Wettkämpfen gelassen und waren zufrieden damit, sitzen zu können und zu trinken; manche gingen herum und sammelten von den Verlierern die Summen ein, mit denen sie ihre Rüstungen oder ihre Pferde von dem Gewinner freikauften.
Brianna wäre am liebsten zu Joan gelaufen, doch mußte sie so lange an Roberts Seite bleiben, bis alle Gratulanten ihr Glück gewünscht hatten. Sie war außerordentlich erleichtert, als Hawksblood von ihrer Seite verschwand. Nach ein paar Minuten wagte sie es, ihn mit ihren Blicken zu suchen, und entdeckte ihn schließlich in ernster Unterhaltung mit Prinz Edward, sie paßten gut zusammen.
Die beiden Schwarzen Prinzen hatten während des Turniers immer wieder die Plätze getauscht. War sie etwa die einzige, die von dieser Verschwörung wußte?
Briannas schweifende Gedanken wurden abrupt unterbrochen, als Königin Philippa bei ihnen stehenblieb und Robert gratulierte. Er versuchte, aufzustehen, doch die Königin hielt ihn zurück. »Lady Bedford ist eine meiner ganz besonderen Günstlinge«, erklärte sie Robert. »Sie besitzt ein gesegnetes Talent und zusätzlich Anmut und Schönheit. Ihr könnt Euch äußerst glücklich schätzen.«
»Danke, Euer Majestät«, sagte Robert förmlich.
Lionel folgte seiner Mutter. Er hatte tief in seinen Becher geschaut, wie ungefähr die Hälfte der Männer heute abend. »Zu schade, daß Ihr Eure Waffe auf dem Turnierfeld blutig gemacht habt.« Er warf Brianna einen lüsternen Blick zu. »Ihr hättet bis heute abend warten sollen. Vielleicht könnte ich Euch aushelfen, Eure Pflicht gegenüber Eurer Verlobten zu erfüllen.«
Roberts Augen blitzten. Er lachte kurz auf, dann antwortete er: »Nein, danke, Euer Hoheit, aber
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