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Rosenwahn

Titel: Rosenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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hatte es trotzdem eilig, hier wegzukommen. Es gab Wichtigeres für ihn zu tun. Er hatte noch einiges zu erledigen, denn er wollte sich um jemanden kümmern.

     
    »Georg, du?«, begrüßte Derya überrascht ihren Nachbarn, als er am frühen Nachmittag vor ihrer Tür stand. Sie war in einen Morgenmantel gehüllt und hatte um ihren Kopf ein Handtuch wie einen Turban geschlungen. Angermüller erschien sie viel kleiner, als er in Erinnerung hatte.
    »Ich dachte, vielleicht hast du ja Lust auf ein spätes kleines Mittagessen? Du musst sagen, wenn du lieber deine Ruhe haben willst. Ich würde es verstehen, wäre aber schade um die schönen Sachen.«Er hob den Korb hoch, den er in der Hand hielt und aus dem ein Baguette und ein Strauß Pfingstrosen ragten.
    »Ach so, ja, hier«, er überreichte ihr die Blumen. »Die sind auf jeden Fall für dich, auch wenn du mich wieder wegschickst. Hast du denn schon gegessen?«
    »Nein. Und ich freu mich, dass du da bist. Vielen Dank für die Blumen. Komm doch rein. Ich muss nur noch meine Haare trocknen.«
    Georg ging mit seinem Korb in die Küche, sah den Tisch und die Stühle in dem kleinen Garten davor und beschloss, dass sich düstere Gedanken im hellen Sonnenschein bestimmt am besten vertreiben ließen. Ihn hatte weniger der Wunsch nach einem gemeinsamen Mittagessen als die Frage nach Deryas Gemütslage hier herüber gebracht. Vielleicht wollte er auch wieder gutmachen, dass er nicht früher auf Deryas Ängste um ihre Mitarbeiterin eingegangen war. Im Nachhinein fühlte er sich nicht ganz unschuldig an der tödlichen Gefahr, der Derya sich ausgesetzt hatte. Geschäftig begann er den Tisch zu decken und seine mitgebrachten Delikatessen darauf zu verteilen.
    »Oh, das sieht ja schön aus«, freute sich Derya, als sie in einem geblümten Sommerkleid zu ihm hinaus kam. »Und es gibt Spargel!«
    »Ich habe gedacht, ich muss mich ein wenig um dich kümmern, nachdem, was gestern …«, er unterbrach sich. »Auf jeden Fall heißt es ja, Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen, und ich dachte mir, damit können wir schon mal anfangen.«
    »Da hast du wohl recht. Das ist wirklich lieb von dir.«
    Georg hatte zum lauwarmen Spargel alle möglichen Köstlichkeiten aufgetischt: einen zarten Eiersalat, kräftigen Katenschinken, feine Räucherforelle und Avocado-Zitronen-Creme. Außerdem sollte es danach noch etwas Käse und Erdbeeren geben, und ein Stückchen von seiner herrlich saftigen Schokoladentorte. Derya kostete von allem ein wenig, war begeistert von Georgs Avocado-Creme und dem Eiersalat, aber es war ihr anzumerken, dass sie nicht wirklich Hunger hatte.
    »Sag mal, irgendwas ist anders an dir!«, stellte Georg auf einmal fest und sah Derya kritisch an, die sich gerade ein kleines Stück Spargel, umhüllt mit Schinken, in den Mund geschoben hatte. Fast hätte sie sich verschluckt, denn sie musste plötzlich laut loslachen. Das kann sie also schon wieder, dachte Georg erleichtert.
    »Ach Georg, du bist unglaublich!«, sie deutete auf ihren Kopf. »Hier. Meine Haare.« In einem dunklen, warmen Braunton, mit einem Hauch ins Rötliche, glänzten Deryas Locken in der Sonne. »Letztes Mal mit Kupfer ist’s ja schiefgegangen. Aber ich färb mir öfter die Haare, vor allem wenn ich das Gefühl habe, ich brauch in meinem Leben eine Veränderung. Dann fange ich einfach bei den Haaren an. Vielleicht hilft’s ja auch dieses Mal. Zumindest hat’s mit Kastanienrot geklappt.«
    »Es sieht auf jeden Fall gut aus«, lächelte Georg. »Wie geht es dir denn heute?«
    Derya machte eine unschlüssige Bewegung. »Ehrlich gesagt, ich weiß es noch nicht. Als ich gestern nach Hause kam, hab ich mich sofort hingelegt. Und nach dieser Spritze habe ich geschlafen wie ein Stein. Ich habe überhaupt nicht mitbekommen, wann Koray nach Hause kam, und kann mich auch nicht erinnern, geträumt zu haben«, sie sah Georg an. »Ich weiß es nicht. Ich glaube, ich habe noch gar nicht richtig begriffen, was geschehen ist.«
    »Ich glaube, das ist normal. Wahrscheinlich wirst du noch eine Weile brauchen, das für dich zu verarbeiten.«
    Gedankenverloren nickte Derya bei diesen Worten.
    »Ihr habt sicher gestern mit Friede gesprochen«, fragte sie leise. »Wie hat sie es aufgenommen?«
    Georg seufzte. »Erstaunlich gefasst, wie man so schön sagt. Ruben war auch da und hat ihr beigestanden.«

     
    Friede und Ruben saßen bei Kerzenschein ins Gespräch vertieft an einem Tisch im Garten hinter dem Haus, als

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