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Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild

Titel: Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaye Wells
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begegnet war, war Giguhl, der mir irgendwie nicht typisch dämonisch vorkam. Es gab sicher nicht viele Dämonen, die sich begeistert Oprah anschauten und irgendwelche Saftmaschinen orderten.
    Jedenfalls würde ich in wenigen Minuten dem berühmt berüchtigten Clovis Trakiya gegenüberstehen. Ich atmete mehrmals tief ein und aus, da ich plötzlich das Gefühl hatte, Fledermäuse im Bauch zu haben.
    In diesem Moment wurde die Limousine langsamer und blieb stehen.
    Showtime .

11

    Grobe Hände packten mich an den Schultern und zerrten mich aus dem Wagen. Meine Füße berührten den Boden und ich kam ins Stolpern. Jemand hielt mich fest, ehe ich hinfallen konnte, und fasste mir dabei an die rechte Brust.
    »Hoppla,’tschuldigung«, murmelte Frank, wobei er keineswegs so klang, als ob es ihm leidtäte. Ich biss die Zähne zusammen und konzentrierte mich aufs Laufen. Da man mir die Binde noch nicht abgenommen hatte, streckte ich eine Hand aus, um mich vorwärtszutasten. Ich konnte nur hoffen, dass ich nicht gegen eine Wand prallte.
    »Jetzt vier Stufen«, sagte Frank neben meinem Ohr. Er legte seine Hand unter meinen Ellbogen, um mir hinaufzuhelfen. Ich hätte ihn am liebsten abgeschüttelt, wusste aber, dass ich ohne seine Hilfe nicht weit kommen würde. Er roch nach billigem Aftershave, das er noch dazu großzügig verteilt hatte. Ich hielt den Atem an und stieg vorsichtig die Stufen hinauf. Jetzt war ein lautes Knarren zu hören, wahrscheinlich eine große Haustür. Die feucht kühle Nachtluft wurde durch eine trockene Wärme ersetzt. Die Luft im Inneren des Gebäudes roch nach Myrrhe, Weihrauch und Kerzenwachs.
    Finger an meinem Hinterkopf lösten die Binde von meinen Augen. Ich blinzelte ein paarmal, bis ich mich an
das Licht gewöhnt hatte. Wir befanden uns in einer Art Kirchenvestibül. Der düstere Vorraum wurde nur von einigen Kerzen erhellt, die unheimlich flackerten. Links von mir stand Frank und ließ mich nicht aus den Augen. Wir waren allein. Vor uns befand sich eine weitere Doppeltür, die aus zwei großen Holzpaneelen bestand. In das Holz hatte jemand uralte Symbole in einer Art Keilschrift eingeritzt.
    »Die Messe wird gleich beginnen«, erklärte Frank. »Gehen Sie in den Tempel und setzen Sie sich dort auf eine Bank. Clovis wird nach der Messe mit Ihnen sprechen.«
    Als ich zögerte, nickte er in Richtung der Türen. Ich atmete tief ein und ging dann darauf zu. Gesänge und Stimmengewirr drangen durch die schweren Türen. Die Klinken waren aus Gold. Das Metall fühlte sich einen Moment lang kalt an, ehe es durch meine Körpertemperatur warm wurde. Quietschende Angeln kündeten mein Eintreten in die Kapelle laut und deutlich an.
    Hier schien der Geruch des Weihrauchs noch stärker zu sein als im Vorraum. Meine empfindliche Nase konnte einen Hauch von Lavendelöl herausriechen, aber auch etwas unangenehm Süßliches. Es handelte sich um weißes Heroinpulver, was ich zwar nicht erkannte, aber von dem mir Clovis später erzählen sollte. Zweifelsohne wurden so die Besucher des Mondtempels willenlos und gefügig gemacht.
    Vor einem Altar stand ein hochgewachsener Mann in einer schwarzen Robe auf einem Podest. Er richtete den Blick auf mich und ich blieb ruckartig stehen. Während er mich aus schmalen Augen musterte, zeigte sich ein laszives Lächeln auf seinem ansonsten ernsten Gesicht.

    »Clovis.« Der Name tauchte wie ein Flüstern in meinem Inneren auf. Mein Magen verkrampfte sich. Als sein Blick nach unten wanderte, hatte ich das Gefühl, von ihm berührt zu werden. Seine Haare schimmerten wie poliertes Mahagoniholz im Licht der Kerzen – ein Hinweis auf sein fortgeschrittenes Alter. Die fließende schwarzrote Robe, die er trug, brachte die glatte Blässe seiner Haut besonders gut zur Geltung. Man konnte zwar unter dem Stoff seinen Körper nicht erkennen, doch die Kraft und die Macht, die er ausstrahlte, ließen sich auch so nicht leugnen.
    Ich wusste nicht, ob wir uns Sekunden oder ganze Tage lang anstarrten. Seine Augen zogen mich in ihren Bann. Sie wirkten von Ferne wie zwei dunkle Seen. Ein Teil von mir wollte bleiben und mich auf ewig in seinem Blick verlieren. Ein anderer Teil jedoch – jener Bereich, der für mein Überleben zuständig war – schrie mir zu, auf der Stelle von hier zu verschwinden.
    Clovis brach die Verbindung als Erster, indem er sich der wartenden Gemeinde zuwandte. Die Andeutung eines Lächelns spielte noch immer um seine sinnlichen Lippen, als könne er mein Unbehagen

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