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Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild

Titel: Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaye Wells
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Trotzdem wollte ich nichts riskieren. Bis ich wusste, was mich mit Clovis und seinen Leuten erwartete, wollte ich überhaupt kein unnötiges Risiko eingehen. Also musste Giguhl für den Augenblick in Katzenform zurechtkommen.
    Frank hatte mich bereits auf dem Handy angerufen und mir Anweisungen gegeben, wie und wann ich Clovis
kennenlernen würde. Unser Treffen sollte um Mitternacht stattfinden. Jetzt war es zweiundzwanzig Uhr, aber ich wollte noch etwas essen und genügend Zeit haben, die Örtlichkeit genau unter die Lupe zu nehmen, ehe er eintraf.
    Die Fahrt vom industriellen südlichen San Francisco führte mich nach und nach an malerischere Plätze und in schönere Gegenden. Ein kühler Nebel lag über der Stadt und ich war froh, meine Lederklamotten zu tragen. Unter die Arme hatte ich zwei Pistolen geschnallt und darüber meine Jacke gezogen, auch wenn ich nicht annahm, dass ich mich Clovis auf sechs Meter nähern durfte, ohne vorher gründlich durchsucht worden zu sein. Wenn die Sache in die Hose ging, musste ich mich eben auf meine Fäuste und mein Köpfchen verlassen.
    Eine Stunde später fuhr ich die Baker Street hinunter, die vor dem Palace of Fine Arts verlief. Mein Bauch war voll frischem Blut, und meine Wangen schimmerten rosig warm, obwohl die Nacht recht kühl war. Ich fühlte mich so gut, dass ich den Obdachlosen, von dem ich mich ernährt hatte, am Leben gelassen hatte. Er würde sich zwar eine Weile etwas benommen fühlen, aber mit den hundert Dollar, die ich ihm zugesteckt hatte, konnte er sich zumindest eine anständige Mahlzeit leisten und so seinen Blutzucker wieder nach oben treiben.
    Auf der langsamen Fahrt konnte ich sowohl die Palastrotunde sehen, die sich am gegenüberliegenden Ufer eines Teichs befand, als auch die Lichter der Golden Gate Bridge in der Ferne. In diesem Teil der Stadt war der Nebel dichter, so dass die Brücke wie eine geheimnisvoll schimmernde Erscheinung aus dem weißen Meer auftauchte. Leider hatte ich keine Zeit, mir die Stadt in Ruhe anzusehen.

    Eines musste man Clovis lassen: Mit der Wahl unseres ersten Treffpunkts hatte er Klasse bewiesen. Die Rotunde stand zwischen einem Teich und einem Theater-Museumskomplex. Es gab also keine leicht zugänglichen Fluchtwege und auch nicht viele Möglichkeiten, sich heimlich anzuschleichen.
    Nachdem ich nördlich des Gebäudekomplexes geparkt hatte, bereitete ich mich auf das Treffen vor. Wegen des Helms hatte ich meine Haare offen gelassen. Jetzt holte ich zwei Stäbchen aus Apfelholz aus meiner Satteltasche. Ich fasste meine Haare zusammen, drehte sie zu einem Knoten und schob die Stäbchen hinein, wobei ich besonders aufpasste, mit den Spitzen nicht aus Versehen meine Kopfhaut anzuritzen. Sollte es zu einem Kampf kommen, konnten mir die Stäbchen zumindest als improvisierte Pflöcke dienen. Zweifelsohne würden mir Clovis’ Männer die Pistolen und mein Messer abnehmen, aber meine Haare würden sie bestimmt nicht nach Waffen absuchen. Außerdem eigneten sich die Stäbchen tatsächlich hervorragend als Haarschmuck.
    Einige Pärchen gingen Händchen haltend durch die Anlage. Hier und dort lungerten Obdachlose auf Parkbänken oder zwischen den Kolonnaden herum. Statt den gepflasterten Weg zur Rotunde zu nehmen, entschied ich mich, erst einmal im Dunklen zu bleiben.
    Vorsichtig umrundete ich die Rotunde, um mich dann vorne auf eine Bank neben dem Teich zu setzen. Der Platz wurde zum Teil von Bäumen verdeckt. Im Inneren des achteckigen Gebäudes waren Gitarrenmusik und eine Männerstimme zu hören, die »Stairway to Heaven« sang. In der Ferne sah ich Flammen durch die nächtliche Luft segeln. Einige Jongleure beeindruckten ihr staunendes
Publikum mit Fackeljonglagen. Zwei weiße Schwäne glitten lautlos über den Teich.
    Unter anderen Umständen hätte die Szene friedlich gewirkt. Doch ich wartete auf Clovis und war dementsprechend angespannt und ein wenig nervös.
    Der Wind nahm zu und jagte ein paar leere Tüten um die Säulen der Rotunde. Im Wind lag der eindeutige Geruch eines männlichen Vampirs – eine Mischung aus Blut und moschusartigen Pheromonen, dafür bestimmt, potenzielle Opfer zu entwaffnen.
    Frank kam gemächlich aus dem hinteren Bereich der Rotunde geschlendert. Seine entspannte Körperhaltung signalisierte jedem zufälligen Zuschauer, dass er nur ein Mann war, der vor dem Schlafengehen noch eine kleine Runde drehen wollte. Als er näher kam, bemerkte ich jedoch eine Handvoll weiterer Vampire. Die meisten waren

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