Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild

Titel: Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaye Wells
Vom Netzwerk:
spüren. Auf einmal fehlte mir die Luft zum Atmen, als hätte mich der Verlust seiner Aufmerksamkeit erschöpft und leer zurückgelassen.
    »Seid mir willkommen, ihr Kinder Liliths«, sagte er. Seine tiefe, sonore Stimme erfüllte den ganzen Raum. Ich achtete kaum auf die Zuhörer, denn ich war noch zu sehr damit beschäftigt, mich wieder zu fassen. Mein ganzer Körper kribbelte und mein Höschen war feucht geworden. Mann, dieser Kerl würde mir noch ziemliche Probleme bereiten – das war schon jetzt eindeutig.

    Ich schüttelte meine Benommenheit ab und setzte mich in die hinterste Bank. Der Tempel war fast bis auf den letzten Platz besetzt. Zu meiner großen Überraschung entdeckte ich nicht nur Vampire, sondern auch Magier, einige Feen und sogar Menschen. Die Sterblichen wirkten nicht im Geringsten nervös, was entweder bedeutete, dass sie nicht wussten, mit welchen Blutsaugern sie die Bänke teilten – oder dass es ihnen egal war.
    Der Altar hinter Clovis war aus schwarzem Marmor und Gold. Die zweistöckige Wand dahinter stellte eine seltsame Mischung aus byzantinischem Stil und romanischen Säulen dar. Das Ganze wirkte nicht bedrohlich oder unheimlich – wenn man nicht gerade eine Abneigung gegen Prunk und Pomp hegte. Ich nahm an, dass ein Sterblicher, der unwissend hier hineinstolperte, den Tempel nur als Beispiel einer eigentümlichen Stilmischung gesehen hätte. Ich hatte schon viele christliche Kirchen und jüdische Synagogen gesehen, die dieses Gebäude geradezu minimalistisch wirken ließen. Der wesentliche Unterschied bestand allerdings darin, dass hier die christlichjüdische Symbolik fehlte. Statt eines Kreuzes oder eines Davidsterns fand man hier einen goldenen achtzackigen Lotus auf dem Altar und auf den roten Samtvorhängen, die zu beiden Seiten des Podiums herabhingen.
    Clovis klatschte in die Hände. Das Geräusch hallte in der stillen Kirche wider und riss mich aus meinem tranceartigen Zustand.
    »Es ist Zeit.« Er gab den Brüdern des Mondordens, die neben dem Altar standen, ein Zeichen, woraufhin zwei von ihnen hinter einem Vorhang verschwanden.
    Gesang erhob sich, und die Gemeinde schloss in spiritueller Verzückung die Augen. Was Clovis den Leuten wohl
versprochen haben mochte, um sie hierherzulocken? Sie schienen keinem bestimmten Typus anzugehören. Einige trugen Anzüge, andere die Standard-BDSM-Latexkluft. Unter den Sterblichen fand man alle Altersgruppen, von rebellischen Teenagern bis hin zu Erwachsenen in der Midlifecrisis. Je lauter der Gesang wurde und je mehr die Spannung zunahm, desto mehr kam ich mir fehl am Platz vor.
    Die beiden Ordensbrüder – beides Vampire – führten eine Sterbliche zum Altar. Sie trug eine hauchdünne weiße Robe und hatte lange blonde Haare, die ihr in langen Strähnen über die festen Brüste fielen. Mit einer zarten Hand hielt sie den Stoff zusammen, was eigentümlich sittsam wirkte, wenn man sah, wie sie sich gleichzeitig mit einladend wiegenden Hüften auf Clovis zubewegte. Man hatte fast den Eindruck, als wolle sie ihn mit dem Becken zuerst erreichen. Wenn mich die ganze merkwürdig aufgeladene Atmosphäre nicht so hypnotisiert hätte, wäre ich vermutlich in höhnisches Gelächter ausgebrochen.
    Der Gesang verstummte abrupt, und der Tempel wurde von einem ehrfürchtigen Schweigen erfüllt. Dennoch konnte man den Geruch der Lust – sowohl auf Sex als auch auf Blut – förmlich in der Luft schmecken.
    Clovis trat auf die Frau zu und strich ihr über die Wange. Mit einer geschmeidigen Handbewegung löste er die dünne Schnur, die ihre Robe zusammenhielt. Sie hob stolz das Kinn, als der Stoff zu Boden glitt und ihren nackten Körper entblößte. Niemand blinzelte. Es kam mir so vor, als wäre es für die meisten etwas völlig Alltägliches, nackte Mädchen vor dem Altar zu sehen. Mir kamen meine Eckzähne allerdings plötzlich riesengroß vor.
    Die Menge hielt kollektiv den Atem an, als Clovis der
Frau über den alabasterweißen Hals strich. Bald ersetzte seine Zunge die Finger und brachte die Frau dazu, in dem stillen Tempel leise zu stöhnen. Plötzlich erbebte sie – ich hatte keine Ahnung, ob aus Vorfreude oder aus Angst.
    Clovis hob leicht den Kopf an, so dass man seine scharfen Reißzähne gut sehen konnte. Dann biss er heftig in die zarte Haut, und die Frau stieß einen leisen Schrei aus. Ihre Augen weiteten sich für einen Moment, um sich gleich darauf verzückt zu schließen.
    Ich wusste nicht, was ich von der Szene halten sollte. Ich

Weitere Kostenlose Bücher