Rote Lilien
Es war ja so einfach. Als sie sich mit gespreizten Beinen auf ihn setzte, auf sein attraktives Gesicht herabsah und die verzweifelte Gier in seinen Augen entdeckte, lächelte sie. Sie fing an, sich zu bewegen, immer schneller und schneller, während sie dachte, dass sich nur der Schwanz eines reichen Mannes so gut in ihr anfühlte ...
Hayley sprang vom Sofa, als hätte man sie aus einer Kanone geschossen. Ihr Herz hämmerte wie wild in ihrer Brust, wie ein Hammer auf einem Amboss. Ihre Brüste spannten, als wären sie gerade liebkost worden. Ihre Lippen brannten. In panischem Schrecken griff sie sich mit den Händen in die Haare - und weinte fast vor Erleichterung, als sie ihre vertrauten, eigenen Haare zwischen den Fingern spürte. Jemand lachte, und sie taumelte zurück, wobei sie gegen das Sofa stieß und fast hingefallen wäre. Es war der Fernseher, stellte sie fest, während sie schützend die Arme vor die Brust hielt. Nur der Fernseher, nur ein alter Schwarzweißfilm. Aber was war mit ihr geschehen? Es war kein Traum gewesen oder nicht nur ein Traum.
Unmöglich.
Sie rannte aus dem Zimmer, um nach Lily zu sehen. Ihre Tochter schlief tief und fest, die Arme um ihren Plüschhund geschlungen. Hayley mahnte sich zur Ruhe und ging nach unten. Doch als sie vor der Bibliothek stand, zögerte sie. Mitch saß an seinem Schreibtisch und tippte etwas in seinen Laptop. Sie wollte ihn nicht stören, aber sie musste ihn etwas fragen. Sie musste Gewissheit haben. Und bis morgen warten, ging einfach nicht.
Sie trat ein. »Mitch?«
»Hm? Was? Wo?« Er hob den Kopf und blinzelte hinter seiner Hornbrille. »Hallo.«
»Tut mir Leid, dich bei der Arbeit zu stören.«
»Ich mache nur meine E-Mail-Korrespondenz. Brauchst du was?«
»Ich wollte nur ...« Hayley war weder schüchtern noch prüde, aber sie wusste nicht genau, wie sie das, was sie gerade erlebt hatte, dem Mann ihrer Chefin erzählen sollte. »Ähm, glaubst du, Roz hat gerade Zeit?«
»Ich könnte sie fragen.«
»Ich will sie nicht stören, wenn sie ... Doch, es wäre besser. Könntest du sie bitten herunterzukommen?«
»Aber natürlich.« Er nahm den Hörer ab und wählte die Nummer des Apparats im Schlafzimmer, während er Hayley ansah. »Es ist also etwas passiert?«
»Ja. Könnte man so sagen.« Um sich eine ihrer Fragen sofort zu beantworten, ging sie auf die Galerie und musterte die Bilder auf der Pinnwand, die Mitch hinter seinem Schreibtisch angebracht hatte. Sie starrte auf die Kopie eines Fotos, auf dem ein Mann in einem dunklen Anzug zu sehen war - kantige Gesichtszüge, dunkle Haare, kalte Augen. »Das da ist Reginald Harper, stimmt's? Der Vater.«
»Genau. Roz, kannst du in die Bibliothek kommen? Hayley ist hier. Sie muss mit dir reden ... Genau.« Er legte auf. »Sie ist gleich da. Kann ich dir etwas anbieten Wasser, Kaffee?« Sie schüttelte den Kopf.
»Nein, danke. Mir geht's gut, ich bin nur ein wenig durcheinander. In der ersten Zeit, in der Stella hier gewohnt hat, hat sie immer geträumt. Damit hat es angefangen, nicht wahr? Das war vor den ... Vorfällen. Erscheinungen. Abgesehen davon ist aber nichts Gefährliches passiert, jedenfalls nichts, von dem Roz gewusst hat. Was die Geisterfrau angeht, meine ich.«
»Es sieht ganz danach aus. Allerdings scheint es eine Art Eskalation gegeben zu haben, als Stella mit ihren Jungs hier eingezogen ist.«
»Und ein paar Wochen später bin dann ich gekommen. Mit mir haben dann drei Frauen in Harper House gelebt.« Ihr war immer noch kalt. Sie rieb sich ihre nackten Arme und wünschte, sie hätte etwas übergezogen. »Ich war schwanger, Stella hatte ihre Jungs, und Roz, nun ja, Roz gehört zur Familie.« Er nickte. »Sprich weiter.«
»Stella wurde von Träumen geplagt. Sehr intensiven Träumen, die - wie wir annehmen - von Amelia in ihr Unterbewusstsein geschickt wurden. Das klingt jetzt nicht sehr wissenschaftlich ...«
»... trifft es aber.«
»Und als Stella und Logan ...«
Sie brach ab, da Roz hereinkam. »Tut mir Leid, dass ich dich stören musste.«
»Schon in Ordnung. Was ist passiert?«
»Führ erst einmal deinen Gedanken zu Ende«, schlug Mitch vor. »Eins nach dem anderen.«
»Also - Stella und Logan haben sich ineinander verliebt, was Amelia gar nicht gefallen hat. Stellas Träume wurden immer unheimlicher, und dann fing das mit den gewalttätigen Vorfällen an. Der Höhepunkt war erreicht, als die Geisterfrau uns damals alle aus dem Zimmer der Jungs ausgesperrt hat -
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