Rote Spur
Quinn über Funk zu den Verfolgern. »Auf dem Parkplatz am Einkaufszentrum Tygervallei, auf der östlichen Seite. Team eins, wie weit sind Sie vom Einkaufszentrum entfernt?«
»Ungefähr einen Kilometer.«
»Geben Sie Gas. Parken Sie Ihren Wagen und gehen Sie sie suchen. Team zwei, gleicher Auftrag. Team drei, melden Sie sich, wenn Sie dort sind. Observieren Sie ihren Wagen.«
»Roger«, bestätigte ein Team nach dem anderen.
»Wir können jetzt ihr Handy orten, dadurch wissen wir in etwa, wo sie ist.«
Sie kannte das Tygervallei-Einkaufszentrum, jede Ecke und jeden Winkel.
Eilig trat sie durch Eingang 8 ein, hielt inne und sah sich um. Überall Leute, die kamen und gingen, aber nichts Verdächtiges.
Sie ging weiter in das Zentrum hinein, schlüpfte links in den Pick-’n-Pay-Supermarkt, dann neben der Durbell-Apotheke wieder hinaus, fuhr die Rolltreppe hinunter, wandte sich nach links und bückte sich unter der Absperrung vor dem Kino hindurch.
»Mevrou!«, rief einer der Kartenabreißer. Milla eilte im Laufschritt weiter und winkte nur mit einer Hand ab.
Auf der anderen Seite verließ sie den Kinobereich wieder, ging rechts ein paar Stufen hinauf, dann wieder nach links ins große Foyer. Dort befanden sich die öffentlichen Telefone, gleich neben den Rolltreppen, soweit sie sich erinnern konnte. Sie öffnete ihre Handtasche, holte ihr Portemonnaie heraus und |373| ging zum äußersten Münztelefon. Sie nahm ein paar Geldstücke heraus, sah sich aufmerksam um und wählte dann langsam die Nummer.
Es klingelte.
Sie warf eine Münze ein und hörte sie fallen.
»Hallo«, meldete sich Lukas kurz angebunden.
»Ich habe nicht viel Zeit, ich rufe von einem öffentlichen Telefon aus an. Ich werde dir zwei Fragen stellen und möchte, dass du sie ehrlich beantwortest. Nur antworten. Sonst nichts.«
»Milla, was ist …«
»Nur antworten.«
»Ich höre.«
»Arbeitest du für die CIA?«
Atemlos lauschte sie dem überraschten und amüsierten Laut, den er ausstieß. »Ob ich …?« Er seufzte, ein wenig bedrückt. »Nein. Die Antwort lautet nein.«
Er sagt die Wahrheit, dachte Milla. Sie wusste es. »Hast du Julius Shabangu erschossen?«
»Nein!«, antwortete er, diesmal heftig. »Milla, bitte sag mir …« »
Lukas, hör mir einfach nur zu. Meine Wohnung war verwanzt, mein Handy wird abgehört, ich glaube, ich werde verfolgt. Sie suchen dich. Ich warne dich, und ich möchte dir helfen.«
Er schwieg einen Augenblick. Als er wieder sprach, klang seine Stimme plötzlich ruhig. »Weißt du, wer sie sind?«
»Ja. Der Präsidentielle Nachrichtendienst.«
Wieder eine kurze Stille. Dann sagte er: »Woher weißt du … Nein, warte, das spielt jetzt keine Rolle. Wo bist du?«
»Im Tygervallei-Einkaufszentrum. Niemand hat mich verfolgt, als ich reingekommen bin.«
»Wo ist dein Handy?«
»Im Auto. Draußen«
»Na schön. Hör mir gut zu, ich sage dir, was du tun musst.« |374| Rajkumar kam außer Atem in die Leitstelle gewatschelt, einen USB-Stick in der Hand. »Hier, hört euch das mal an«, sagte er an Quinn und Masilo gewandt und steckte den Stick in einen Rechner.
»Schalte auf Lautsprecher«, sagte Raj. »Die Nachrichten auf Kfm, vor fünf Minuten.«
Er startete die Sprachdatei. Die Stimme des Nachrichtensprechers ertönte klar und bedeutungsschwer durch die Lautsprecher:
Die Polizei bittet die Bevölkerung um Hilfe bei der Suche nach dem Geschäftsmann und Muslimführer Shahid Osman. Osman wird vermisst, nachdem er offensichtlich heute Morgen vor der Azzavia Masjid Moschee mit seinem eigenen Auto entführt wurde. Mehrere Zeugen beobachteten, wie ein Mann Osman in seinen Wagen drängte, einen Toyota Prado neueren Baujahrs. Familienmitglieder von Osman haben Kfm gegenüber große Sorge über Osmans Gesundheit geäußert, da er unter schweren Herzproblemen leidet.
Hastig verließ Milla das Einkaufszentrum durch den Game-Ausgang und überquerte den überdachten Parkplatz, bis sie den steilen Abhang erreichte, der hinunter zur Humestraat führte. Sie suchte nach einem Fußweg, sah einen zu ihrer Rechten und eilte auf ihn zu. Sie schlitterte halb den Abhang hinunter bis zur Straße.
Es herrschte viel Verkehr, genau wie sie gehofft hatte. Sie wartete auf die erste Lücke und rannte los. Ein Autofahrer hupte, sie blieb kurz auf dem Mittelstreifen stehen und rannte dann über die nächste Fahrbahn bis zum hässlichen Stahlzaun der Willowbridge. Erst dort blieb sie stehen und blickte sich schnaufend um.
Weitere Kostenlose Bücher