Rote Spur
den Grund dafür hören Sie sicher.«
»Mevrou, ich weiß, dass das möglicherweise eine vertrauliche Vereinbarung zwischen Ihnen und Ihrem Sohn war, aber es ist sehr wichtig für mich, dass Sie offen mit mir sprechen. Hat sich Danie in den letzten Jahren Geld von Ihnen geliehen?«
Einen Augenblick lang war nur das Kläffen der Chihuahuas zu hören. Dann fragte sie: »Warum? Was ist passiert?«
Er hatte mit der Frage gerechnet, aber er würde es ihr nicht verraten. »Gar nichts ist passiert. Ich möchte nur so gründlich wie möglich recherchieren.«
»Nein. Niemals«, erwiderte sie mit verhaltener Empörung. »Danie wusste schließlich, dass ich Witwe bin.«
Die im Luxus lebt, dachte Joubert. »Er hat Sie also nie um ein Darlehen gebeten?« Sein Handy klingelte. Er nahm es aus der Jackentasche.
»Nein. Aber es muss doch einen Grund dafür geben, dass Sie mich danach fragen?«
»Entschuldigen Sie, Mevrou, ich erhalte gerade einen anderen Anruf. Vielen Dank.«
»Ich habe das Recht zu wissen …«
Er legte auf, denn er erkannte die Nummer auf seinem Display. Es war Tanja Flint. Er meldete sich.
»Tanja?«
»Können Sie bitte kommen?«, fragte sie. Ihre Stimme klang drängend.
»Wo sind Sie? Ist etwas passiert?«
|534| »Ich bin im Geschäft. Jemand hat … Bitte, es wäre besser, wenn Sie vorbeikommen und es sich selbst ansehen würden.«
»Sind Sie in Sicherheit?«
»Ja«, sagte sie. »Die Polizei ist hier.«
Ihre Firma lag in einem Gewerbegebiet für kleine Unternehmen in der Stellastraat in Montague Gardens. Draußen hing nur ein meterbreites Schild mit der Aufschrift:
Undercover. Schützen Sie Ihren Pool.
Zwei Streifenwagen standen vor der Tür.
Beim Eintreten sah er sie mit zwei uniformierten Polizisten zusammen in der Werkstatt stehen. Ringsum lag blaues und schwarzes PVC-Material in breiten Rollen, eine Schwimmbadabdeckung, die fast fertig zugeschnitten war, Werkzeugschubladen an der Wand. Tanja sah ihn und zeigte sofort auf die hohe weiße Wand rechts von ihm.
In großen roten Buchstaben hatte jemand daraufgesprüht: HÖR AUF DAMIT.
Er gesellte sich zu ihr.
»Die haben da oben einiges kaputtgemacht«, sagte sie. Ihre Stimme klang zu seiner Überraschung ruhig, ja, zufrieden.
Eine Betontreppe führte hinauf zu einer Holzempore. Er sah die Beine eines umgeworfenen Schreibtischs.
»Sind Sie der Privatdetektiv?«, fragte einer der Beamten, ein schwarzer Sersant.
»Ja, der bin ich«, antwortete Joubert und überreichte ihm seine Visitenkarte.
»Bitte warten sie auf Inspector Butshingi. Er ist unterwegs.«
Dann sagte Tanja Flint beinahe fröhlich: »Ich wusste, es geht um jemand anderen. Ich wusste es!«
Joubert antwortete nicht. Er sah sich die Infrarot-Alarmsensoren an den beiden Seitenwänden an und fragte: »Warum ist die Alarmanlage nicht losgegangen?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Tanja, als spiele das keine Rolle. |535| »Haben Sie die Alarmanlage denn gestern Abend eingeschaltet?«, fragte Inspekteur Fizile Butshingi geduldig. Er stand mit Joubert und Tanja Flint vor dem kleinen Badezimmerfenster, dessen Scheibe eingeschlagen und dessen Gitter herausgebrochen waren.
»Ich kann mich nicht daran erinnern.« Die Euphorie war verflogen, das Adrenalin abgebaut.
Butshingi zog die Augenbrauen hoch.
»Gestern Abend … Mister Joubert hat mich in dem Moment angerufen, als ich gerade abgeschlossen habe, wegen des Handys meines vermissten Mannes. Ich … Vielleicht habe ich es deshalb vergessen.«
Der Inspekteur seufzte. »Und Sie sind sicher, dass nichts gestohlen wurde?«
»Nein, sie haben nur alle PC-Monitore kaputtgemacht und die Akten zerfleddert.«
Butshingi zeigte auf die großen roten Buchstaben an der Wand. »Und Sie wissen vermutlich, was das zu bedeuten hat, Sup«, sagte er, denn er kannte Joubert.
Joubert hatte lange darüber nachgegrübelt, wie er diese Frage beantworten sollte, wenn sie ihm gestellt wurde. Mit offenen Karten zu spielen, würde Folgen haben. Es würde stundenlange Vernehmungen bedeuten. Der Porsche, der Audi, das Handy, die Handyrechnungen und die Finanzunterlagen würden beschlagnahmt und damit seine Ermittlungen blockiert werden. Tanjas Dreißigtausend würden bei den vielen Stunden wegschmelzen wie Schnee in der Sonne. Aber lügen wollte er auch nicht.
»Mrs. Flint hat uns damit beauftragt, ihren vermissten Mann zu suchen«, sagte er auf Englisch. »Aber zuerst hat sie eine Vermisstenanzeige bei der Dienststelle Table View erstattet, dort gibt es
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