Rote Spur
zum Fenster des Wachpostens ging. Ein schwarzer Mann mit graumelierten Haaren saß in dem Häuschen und las eine Boulevardzeitung.
»Kann ich Ihnen helfen?«
»Dieser Schlüssel scheint nicht zu passen«, sagte Joubert.
»Lassen Sie mich mal sehen.«
Er nahm die Schlüssel und sah sie sich an. »Die gehören nicht zu unserem Depot. Woher haben Sie die?«, fragte er geduldig und höflich.
»Sie gehören dem Mann dieser Dame. Er wird vermisst.«
»Schlimm«, sagte er Mann. »Sehr traurig. Vielleicht passen sie zu einem unserer beiden anderen Depots.«
»Wo finden wir die?«
»Eines ist in Kenilworth und das andere in Salt River.«
Soutrivier. Ganz in der Nähe von Danies Arbeitsplatz bei ABC. Joubert wusste sofort, dass es dieses sein musste.
»Vielen Dank.«
»Ich hoffe, Sie finden ihn«, sagte der Mann und reichte ihm die Schlüssel zurück.
In der Otto-du-Plessislaan, kurz hinter Woodbridge Island, sagte Tanja: »Es muss für jemand anders sein.«
»Wie meinen Sie das?«
»Danie … Ich kenne Danie. Ich kenne ihn. Das Geld … Er hilft damit einem anderen. Er schützt jemanden. So ist er. Sehr mitfühlend.«
»Vielleicht haben Sie recht«, sagte er, denn etwas anderes wäre in dem Moment sinnlos gewesen.
Sie hielt die Hand vor den Mund, während Joubert im Soutrivier-Depot die Tür des Lagerraums 37B aufschloss, sich bückte und die Tür öffnete.
In dem dunklen Raum, der ein wenig größer als eine normale |529| Garage war, stand irgendetwas. Allmählich nahm die Kühlerfront eines Autos Gestalt an.
Joubert sah einen Schalter an der Wand und schaltete das Licht ein.
Tanja, die immer noch draußen stand, starrte wortlos den grauroten Wagen an, der mit dem Kühler zu ihnen geparkt war und dessen Scheinwerfer wie Augen aussahen. Joubert erkannte das Modell sofort, ging aber erst näher heran und versuchte, durch die geschlossenen Fenster etwas im Innenraum zu erkennen.
Nur der Schlüssel steckte im Zündschloss.
»Sehen Sie etwas?«, fragte sie.
»Nein.«
»Porsche«, las sie auf dem gelb-rot-schwarzen Emblem.
»Das ist ein 911er Carrera. Bitte fassen Sie nichts an, ich hole meine Handschuhe.« Joubert ging zu seinem Auto. Heute Morgen hatte er seinen Ermittlerkoffer in den Kofferraum gestellt.
Tanja stellte sich neben die Fahrertür und sah ihm zu, einen merkwürdigen Ausdruck im Gesicht, eine Mischung aus Erstaunen und Verlust.
»Danie«, seufzte sie. »Danie, was hast du getan?«
94
Um zwanzig vor zwölf saß er mit einem Glas Rotwein in der Hand bei Margaret in der Küche, und während sie das Ribeye-Steak in der Pfanne briet, erzählte er ihr von seinem seltsamen Tag.
»Er hat den Porsche von einem gewissen Mark Marshall in der Sweet Valleystraat in Bergvliet gekauft. Sein Name stand in dem Inspektionsheft vorne im Handschuhfach. Auch das Nokia-Handy lag vorne drin, mit drei SMS-Nachrichten von der Absa, dass er sich für das Internetbanking angemeldet habe. Ich |530| glaube, deswegen hat er das zusätzliche Telefon angeschafft. Wegen des Internetbankings.«
»Und sie hat nichts davon gewusst?«
»Nichts«, sagte er und naschte schon mit den Fingern von dem Salat auf seinem Teller, denn der Duft des Steaks machte ihn hungrig. Mit diesem Ritual hatten sie begonnen, als die Kinder noch zu Hause wohnten. Wenn er spät von der Arbeit kam, briet sie ihm ein Steak, denn sie meinte, das habe er sich verdient. Dann blieben sie in der Küche sitzen und unterhielten sich, so dass sie noch zwei Stündchen für sich hatten.
»Wie hat sie es aufgenommen?«
»Nicht gut. Sie … Ich glaube, die Trauerphase hat sie schon im Dezember durchlebt. Und jetzt wird die Wunde wieder aufgerissen. Heute Abend hat sie, angefangen mit der Verdrängung über Schuldgefühle bis zur Wut, wieder alles aufs Neue durchgemacht. Für mich war es schwer, sie … Bei der Polizei gibt es das ungeschriebene Gesetz, Distanz zu den Angehörigen zu halten und sich emotional nicht zu engagieren. Als Ermittler steht man immer einen Schritt abseits. Man kann die Hiobsbotschaften überbringen, sich ins Auto setzen und weiterarbeiten. Aber jetzt ist das anders. Sie bezahlt mich, deswegen hat sie ein Recht darauf, dabei zu sein.«
»Und jetzt musst du sie auch noch trösten«, bemerkte Margaret, während sie den heißen Teller mit einem Topflappen aus dem Ofen holte.
»Das fällt mir schwer.«
Margaret legte das Steak auf den vorgewärmten Teller und stellte ihrem Mann das Abendessen hin. »Du bist eben ein
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