Rote Spur
funktionieren.«
»Warum nicht?«
»Tausend Rand? Ein Wochenlohn? Die meisten Fahrer könnten sich das nicht leisten, sie würden sofort zur Gewerkschaft rennen und sich beschweren, man würde nur noch eine Staubwolke sehen.«
»Dann eben weniger. Fünfhundert. Zweihundertfünfzig.«
»Bei allem Respekt, aber sie denken wie ein
Whitey
über einen Betrag von zweihundertfünfzig Rand. Die Leute hier haben Frau und Kinder, müssen Haus und Auto abzahlen, das Schulgeld für die Kinder aufbringen …«
»Aber wenn sie arbeitslos werden, bekommen sie gar nichts mehr.«
Philander schüttelte weiterhin den Kopf. »Rechnen wir das doch mal aus. Nehmen wir an, es gibt drei bis vier ernste Zwischenfälle pro Woche, davon ein Unfall. Bei zweihundertfünfzig pro Knall wären das tausend pro Monat, die man mit der Erpressung verdient. Es würde also vierhundert Monate dauern, um vierhunderttausend Rand zusammenzukratzen. Selbst wenn wir die Summe verdoppeln, sind es immer noch zweihundert Monate.«
Jouberts Theorie bröckelte und stürzte in sich zusammen.
»Ich sage Ihnen, dieses Geld stammt nicht von ABC. Auf gar keinen Fall.«
So schnell wollte Joubert noch nicht aufgeben und griff nach einem Strohhalm. »Dürfte ich mir seine Aufzeichnungen ansehen? Die Videos?«
|575| Philander sah ihn skeptisch an. »Da drohen uns Probleme mit der Gewerkschaft, weil es vertrauliche Aufzeichnungen sind. Ich müsste Mister Eckardt anrufen.«
»Ich wäre Ihnen sehr dankbar.«
»Sind wir denn jetzt fertig?«
»Jetzt sind wir fertig.«
Er wusste, dass er irgendwann einmal wieder ins Büro musste, hoffte aber, dass Philander kurzfristig die Genehmigung organisieren konnte, die DRMP-Aufzeichnungen zu sichten, damit er eine Ausrede hatte, möglichst lange fortzubleiben.
Er ging zu Clarke’s in die Langstraat, stellte sich vor das Regal mit den Science Fictions und fand nichts, was ihn zum Lesen reizte. Fantasy war zurzeit in Mode. Er hatte in einige Werke hineingeschaut, aber es war nicht wirklich sein Geschmack.
Um kurz nach elf rief Inspekteur Fizile Butshingi an. »Nichts, was uns weiterhelfen könnte. Ich habe alles überprüft. Bewaffnete Raubüberfälle auf Geldtransporte sind das Einzige, was mir noch einfällt. Aber sie passen nicht ins Bild.«
Joubert dankte ihm.
»Haben Sie irgendetwas Neues entdeckt?«, fragte Butshingi.
»Nein, nicht wirklich. Ich gebe Ihnen Bescheid.« Doch auf einmal fiel ihm etwas ein, und bevor der Inspekteur auflegte, sagte er hastig: »Inspector, können Sie mir sagen, ob es nördlich der N1 irgendwelche Überfälle auf Geldtransporter gegeben hat?« Er überlegte kurz und erweiterte dann das Gebiet: »Und westlich der N7. Oder auf der N7. Montague Gardens, Milnerton, Richwood, bis rauf nach Atlantis.«
»Warum dort?«
»Weil Flints Busstrecken da entlangführen.«
»Ganz schön weit hergeholt«, bemerkte Butshingi.
Möglicherweise. Aber Joubert sagte nur: »Ich will nur nichts außer Acht lassen.«
»Ich rufe Sie zurück.«
|576| Sieben Minuten später klingelte erneut sein Handy. Sah nach Bessie Heeses Nummer aus. Er meldete sich.
»Meneer Joubert, mein Name ist François Eckhardt. Ich bin der Geschäftsführer von ABC. Haben Sie einen Augenblick Zeit?«
»Natürlich.«
»Meneer Joubert, ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, wenn ich offen mit Ihnen spreche. Bis dato haben wir alles in unserer Macht Stehende getan, um Ihnen die Arbeit zu erleichtern, schon Mevrou Flint zuliebe. Aber jetzt ist der Punkt gekommen, an dem ich die Interessen der Firma und unserer Arbeitnehmer wahren muss. Vor allem, was die DRMP-Aufzeichnungen angeht, muss ich die Privatsphäre der Busfahrer im Hinblick auf ihre Arbeitsleistungen schützen und genau darauf achten, dass unser Vertrag mit der Gewerkschaft nicht verletzt wird. Einen weiteren Streik können wir uns nicht leisten. Ich hoffe, das verstehen Sie.«
»Natürlich«, sagte Joubert ein wenig resigniert.
»Wir können Ihnen Zugang zu dem System gewähren, aber nur unter der Bedingung, dass Sie eine Vertraulichkeitserklärung mit der Firma unterzeichnen. Keine Aufzeichnungen dürfen das Firmengelände verlassen, keine Informationen dürfen an die Öffentlichkeit gelangen, es sei denn, ich habe schriftlich meine Zustimmung erteilt. Dabei muss ich Ihnen schon im Voraus sagen, dass Sie Ihre Zeit vergeuden, da alle Aufzeichnungen im System bereits überprüft wurden. Sollte Ihnen dennoch ein Fehlverhalten von ABC-Mitarbeitern auffallen, wie
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