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Rote Spur

Rote Spur

Titel: Rote Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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wollte sich ein genaues Bild machen können.
    »Richtig.«
    »Er folgt immer den Busstrecken.«
    »Genau. Denen, die er sich für diesen Tag vorgenommen hat.«
    »Könnte ich eine Übersicht über die Strecken haben?«
    »Wollen Sie sie abfahren?«
    »Ja.«
    »Klar.«
    »Warum musste er die Strecken jeden Tag abfahren?«
    »Um zu überprüfen, ob sich die Fahrer an die Fahrpläne hielten. Sind sie pünktlich? Wie ist ihr Fahrstil? Wie voll sind die Busse? Er war zur Stelle, wenn ein Bus eine Panne oder einen Unfall hatte. Er kundschaftete neue Strecken aus und hielt Ausschau nach größeren Menschenansammlungen, die auf Minibus-Taxen warteten. Er suchte nach Alternativen, überlegte, wie man Strecken optimieren konnte.
    Gegen elf kommen dann alle Gebietsleiter ins Büro, um den Verwaltungskram zu erledigen. Berichte über ihre morgendliche Tätigkeit, Unfälle oder technische Probleme müssen protokolliert und bearbeitet werden. Verkehrsverstöße von Fahrern, Kraftstoffverbrauch, Ausbildung und Einarbeitung neuer Fahrer, Beantwortung von E-Mails, genaue Überprüfung der DRMP-Aufzeichnungen, Bulletins und Konferenzen: meistens immer das Gleiche, tagein, tagaus.
    Gegen drei Uhr geht es wieder raus auf die Straße, dieselbe Prozedur aus denselben Gründen. Da bleibt keine Zeit für Sperenzchen, für große Betrügereien, das ist schlichtweg unmöglich.«
    »Irgendwo muss er das Geld aber herhaben«, beharrte Joubert.
    »Vielleicht hat er geerbt und wollte es Tanja nicht sagen.«
    »Ein Erbe wird nicht in bar ausgezahlt.«
    |570| »Stimmt auch wieder.«
    »Waren Sie früher Gebietsleiter?«
    »Ja, war ich«, sagte Philander.
    »Angenommen, Sie bräuchten sehr viel Geld. In bar. Dringend. Sie müssten es unbedingt haben, und wenn Sie es stehlen müssten, sagen wir, Ihre Frau läge im Krankenhaus …«
    »Sie meinen, wo würde ich es bei der Arbeit stehlen?«
    »Oder im direkten Umfeld.«
    Philander trank den letzten Schluck Cappuccino und dachte nach.
    »Es gibt nur eine Möglichkeit. Die große ABC-Geschäfts stelle . Aber man bräuchte noch zwei, drei andere Männer. Man müsste mit Masken und Knarren reinmarschieren und den Laden ausrauben.«
    »Es gibt keine anderen Möglichkeiten?«
    »Nein, nicht, wenn es viel Geld sein soll.«
    Joubert verbarg seine Enttäuschung. »Noch ein Cappuccino?«
    »Sind wir denn nicht bald fertig?«
    Joubert fragte sich, ob das wirklich alles war. In Gedanken ging er alles noch einmal durch, was Philander gesagt hatte. Da fiel ihm etwas ein. »Dieses DRMP, das Sie erwähnten, können Sie mir noch einmal sagen, wofür das steht?«
    »Driver Risk Management Programme.«
    »Diese Sache, die den Streik ausgelöst hat?«
    »Genau.«
    »Aber es geht doch um ein Computersystem. Warum wurde deswegen gestreikt?«
    »Oh, es ist viel mehr als ein Computersystem.«
    »Was ist es denn?«
    »Das ist eine lange Geschichte.«
    Joubert nickte. Er hatte Zeit.
    Philander seufzte. »Vielleicht sollten wir doch noch einen Kaffee bestellen.«

|571| 102
    »Es war die DriveCam, die für solche Aufregung gesorgt hat.«
    »Die DriveCam?«
    »Ja. 2007 bestimmten Mister Eckhardt und die Geschäftsleitung uns zum ersten Depot, das mit dem neuen System experimentierte, weil wir das kleinste waren. Und das beste, wenn ich mal so sagen darf. Das Ganze funktioniert so: Jeder Bus wird vorne am Rückspiegel mit einer Videokamera ausgerüstet, der DriveCam. Sie blickt nach vorne und nach hinten und läuft die ganze Zeit. Sie ist mit einer Festplatte versehen, aber nicht alle Aufnahmen eines Tages werden dauerhaft abgespeichert. Durch einen Bewegungssensor nimmt sie starke Erschütterungen im Bus wahr und speichert dann automatisch die Bild- und Tonaufnahmen zehn bis fünfzehn Sekunden vor dem Ereignis und zehn bis fünfzehn Sekunden danach ab, je nach Schwere. Können Sie mir folgen?«
    Joubert sagte, er denke schon. Aber gab es in einem Bus nicht ständig Erschütterungen?
    »›Erschütterungen‹ habe ich nur der Einfachheit halber gesagt. Der Bewegungssensor arbeitet mit der Trägheit der Masse. Gravitation, verstehen Sie? Das ist der springende Punkt. Wenn ein Fahrer mit dem Bus irgendwo aufprallt, entsteht negative Gravitation, und die DriveCam zeichnet auf. Immer, wenn ein Fahrer stark bremst oder beschleunigt. Selbst wenn ein Fahrer zu schnell um die Kurve fährt, registriert der Sensor das und speichert die Aufnahme ab.«
    »Warum auch die Kurven?«
    »Warum? Überlegen Sie mal! Wann fahren Sie zu schnell um die

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