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Rote Spur

Rote Spur

Titel: Rote Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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schließlich eingestellt.
    An jenem Freitag war ihm durchaus klar, warum er in der Sache mit Baadjies gepatzt hatte – es war einfach zu viel auf einmal passiert. Doch Ausflüchte und Entschuldigungen waren nicht seine Art. Erst an jenem Nachmittag erhielt er jedoch die Gelegenheit, über das alles gründlich nachzudenken, nachdem sich die Aufregung wegen der aufgezeichneten Gespräche und der abgefangenen E-Mail gelegt hatte. Erneut las er den Bericht des Info-Teams über das Organisierte Verbrechen und ging alle relevanten Mitschriften noch einmal durch. Dann gestand er sich zu, ein wenig zu spekulieren. In seiner fast unleserlichen Handschrift kritzelte er Schlagworte in die leeren Felder des Freitags in seinem Terminkalender.
    |104| Und im Laufe dieses Prozesses entwickelte er systematisch eine gewagte Theorie.
    Nämlich, dass der Höchste Rat mehr über die innere Struktur der Ravens wusste als die PIA.
    Dass es nicht die Entscheidung von Tweetybird de la Cruz gewesen war, Terror Baadjies zu den Verhandlungen mit dem Rat zu schicken.
    Dass alles von Bedeutung war, in irgendeiner Form.
    Und dass sie den Zusammenhang herausfinden mussten.
     
    Janina Mentz und Rajhev Rajkumar würden sich an diesen Tag erinnern, weil Rajs Leute die E-Mail abgefangen hatten.
    Masilo saß gerade in Mentz’ Büro und informierte sie über das Gespräch zwischen Shabangu und Hendricks. Da stürmte der Inder mit einem Blatt Papier in der Hand herein. »Das ist einfach unglaublich, hier, einfach unglaublich …«
    Mentz reagierte zunächst ungehalten. »Was gibt’s, Raj?«
    »Einer von diesen Idioten hat einen Fehler gemacht und eine unverschlüsselte Mail mit dem Datum weitergeleitet!«
    »Das ist nicht dein Ernst!«, sagte Masilo.
    »Hier, sieh dir das an!«, fuhr Rajkumar fort und legte den Ausdruck zwischen sie auf den Tisch. »Die ursprüngliche Mail stammt vom Höchsten Rat, sicher und sauber verschlüsselt. Aber einer der Empfänger muss einen Aussetzer gehabt haben.«
    Mentz las die sehr kurze Mail langsam durch und sah den aufgeregten Mann vor ihrem Schreibtisch an. »Das soll ein Datum sein?«
    »Ja. Der 23. Shawwal 1430 im muslimischen Kalender ist der 12. Oktober 2009. Also in weniger als einem Monat.«
    »Ich weiß, Raj. Aber was hat das zu bedeuten?«
    »Dann wird es passieren.«
    »Was denn?«
    »Sie wissen schon, die Transaktion. Mit den Waffen.«
    »Laut Ismail Mohammed sollte das im September über die Bühne gehen.«
    |105| »Vielleicht haben sie das Datum geändert – verdammt! Glauben Sie, es könnte das Datum des Anschlags sein? Des Terrorakts?«
    »Das sollten wir schnellstmöglich herausfinden, was meinen Sie?«
     
    (19. September 2009. Samstag.)
    Ab neun Uhr saß Tau Masilo in seinem Büro. Es war ruhig, weil nur das Stammpersonal anwesend war.
    Zuerst las er den Bericht von Reinhard Rohn, ihrem Mann in Namibia. Nichts Neues. Das bereitete ihm Sorge.
    Dann sah er wieder seine Notizen vom Tag zuvor durch, über die Restless Ravens. Dasselbe Gefühl beschlich ihn.
    Er las Rajkumars Bericht. 23. Shawwal. 12. Oktober 2009.
    Er schob alle Unterlagen beiseite, legte die Hände auf die Tastatur seines Laptops, loggte sich ins Internet ein und gab in Google
12. Oktober 2009, Kapstadt
ein.
    Er überflog die Ergebnisse. Der sechste Eintrag erregte seine Aufmerksamkeit. Er klickte ihn an. Es war ein Artikel aus einer Lokalzeitung, und er gefror innerlich.
    Kapstadt. – Die amerikanische Fußballmannschaft, Teilnehmer der Weltmeisterschaft 2010, wird nächsten Monat dem neuen Kapstadt-Stadion in Groenpunt einen kurzen Besuch abstatten.
    Ihre Stippvisite fällt mit der Inspektion des Gebäudes durch die Fifa am 12. Oktober zusammen. Der Fifa-Vorsitzende Sepp Blatter wird in Begleitung einer Gruppe von etwa sechzig Delegierten an einer Zeremonie zur Einweihung des Rasens teilnehmen.
    »Mein Gott!«, stieß Masilo hervor.
    Er starrte lange auf den Bildschirm, druckte dann den Artikel aus und rief Janina Mentz an.

|107| 2. BUCH: LEMMER
    (Der schwarze Schwan)
    September 2009
     
    Die Kunst des Spurenlesens besteht darin, jedes noch so kleine Zeichen tierischer Präsenz in der Natur wahrzunehmen und zu interpretieren: Abdrücke am Boden, Veränderungen der Vegetation, Gerüche, Futterreste, Fraßspuren, Urin, Kot, Speichel, Haare, Reviermarkierungen, Wechsel und Unterschlüpfe. Hinzu kommen Laute und andere akustische Signale, optische Wahrnehmungen, zufällig hinterlassene Zeichen, durch die Umstände bedingte Zeichen und

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