Rote Spur
anderem ein Mann namens Busta Rhymes. Klingender Name, nicht wahr?« Er sah mich an. »Sie trinken wohl keinen Alkohol?«
»Nein, danke.«
Während er Lotter und sich die Gläser zu einem Viertel vollgoss, fuhr er fort: »Aber Sie sagten, Sie hätten einige Fragen zu den Nashörnern.«
Nein, erwiderte ich. Ich hätte Fragen über Cornél van Jaarsveld.
»Hmm …«, brummte er, erhob sich langsam, ging nachdenklich ans Feuer und warf noch ein paar Scheite Holz darauf. Er stocherte mit einem Stock in der Asche herum, wartete, bis die Flammen aufloderten, und kehrte an den Tisch zurück. »Darf ich fragen, was genau passiert ist?«
Manchmal muss man seinem Instinkt vertrauen. Ich erzählte ihm alles, jedoch ohne unwichtige Details. Angefangen bei der »Dermatitis« der Nashörner über die Reise, den Überfall und die wundersame Genesung der Tiere bis hin zu Flohs Verschwinden. Ich holte das Stück rosa Plastik aus meiner Tasche und zeigte es ihm. Die ganze Zeit über beobachtete ich ihn genau, seine Augen, seine Hände, seine Körpersprache. Seine einzige Reaktion war ein Hochziehen der Augenbrauen, als ich ihm von dem Überfall erzählte, und ein rascher Blick auf mein Gesicht, als ergäben die Verletzungen schließlich einen Sinn. Er |238| nahm das Plastik in die Hand und rollte es zwischen den Fingern hin und her. Dann stellte er ein paar Fragen über die Anzahl der vermeintlichen Geschwüre und ihre genaue Größe.
Ich spielte mit offenen Karten und gestand, dass ich Diederik und die Swanepoels verdächtigte und nach wie vor vermutete, dass er ebenfalls in der Sache mit drinstecke. Er nickte nachdenklich.
Als ich geendet hatte, wandte er sich kurz ab und starrte hinaus in die Nacht. »Sie hat ein solches Potential!«, sagte er, mehr zu sich selbst.
Er griff zum Cognacglas, ließ es zwischen den Handflächen kreisen und trank einen kleinen Schluck. Dann schwenkte er das Glas erneut, in Gedanken versunken.
Er verzog sein Gesicht zu der Da-haben-wir-den-Salat-Grimasse.
»Ich glaube …«
Er fuhr sich mit der Hand über die Haare und sah mich an.
»Ich glaube, ich weiß, was sie geschmuggelt hat.«
42
Mit genügend Übung und Erfahrung kann im Prinzip jeder ein annehmbarer Fährtenleser werden, aber herausragende Spurensucher werden wahrscheinlich mit einer Veranlagung dazu geboren.
Die Kunst des Spurenlesens: Grundlagenwissen
Er legte eine Kunstpause ein, bevor er fortfuhr.
»Zwar ist es nur eine Theorie, aber ich bin mir ziemlich sicher. Am besten fange ich ganz von vorn an.«
Er erzählte, es sei im Grunde eine Farce gewesen, wie alles in Simbabwe heutzutage. Zwei Wildhüter des Chizarira Nationalparks seien vor zwei Jahren mit zweiundzwanzig Elefantenstoßzähnen erwischt worden. Es hagelte lautstarke internationale Proteste von Naturschützern, doch erst, als die Touristenboykotte |239| die einzige verbleibende Deviseneinnahmequelle zum Versiegen zu bringen drohten, reagierte die Regierung Mugabe. Um die Wogen zu glätten, stimmten sie dem Elefantenzensus zu, zu dem der WWF gedrängt hatte. Die Organisation wandte sich an Ehrlichmann, den anerkannten Experten, und Floh van Jaarsveld hatte zu dem über dreißigköpfigen Team gehört, das im April im Nationalpark sein Lager aufschlug.
Ehrlichmann hatte sie erst bewusst wahrgenommen, nachdem sie die anderen drei Fährtenleser vollkommen in den Schatten gestellt hatte. »Sie war phänomenal, mein Lebtag habe ich so etwas noch nicht gesehen. Dieser sechste Sinn … Und ihr Wissen, ihre detaillierten Kenntnisse über die Natur und die Tiere, Insekten, Vögel, alles Erdenkliche. Von da an behielt ich sie im Blick. Na ja, sie ist ja auch was fürs Auge«, fügte er mit einem nostalgischen Altmännerlächeln hinzu.
Floh hatte sich mit Feuereifer in die Arbeit gestürzt, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Abends gesellte sie sich abwechselnd zu verschiedenen Gruppen – den WWF-Mitglie dern , den Wildhütern, den Freiwilligen, Arbeitern und Helfern. Eines Abends saß sie mit Ehrlichmann und zwei engagierten Tierärzten aus den Niederlanden und Österreich am Tisch. Das Gespräch drehte sich um die Betäubung von Elefanten, und die beiden Europäer gingen mit ihren Theorien und Bücherweisheiten hausieren. Floh brachte sie mit einem einzigen Wort zum Schweigen: »Bullshit.« Anschließend erklärte sie ihnen ein wenig gereizt und in allen Einzelheiten, wie es in Afrika gemacht wurde.
»Daher hielt ich sie für eine Tierärztin. Ich fragte sie, ob
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