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Roter Drache

Roter Drache

Titel: Roter Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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schnarchte.
Graham starrte auf den blendend weißen Lichtfleck auf der Leinwand. Die Leeds waren ihm sympathisch. Er bedauerte es, im Leichenschauhaus gewesen zu sein. Er dachte, der Irre, der ihnen einen Besuch abgestattet hatte, hätte sie auch sympathisch finden können. Aber vermutlich waren sie ihm lieber so, wie sie jetzt waren.
    Grahams Kopf fühlte sich vollgestopft und blöde an. Er schwamm im Swimmingpool des Hotels auf und ab, bis seine Beine sich zunehmend bleierner anfühlten, und als er schließlich aus dem Wasser stieg, dachte er an zwei Dinge gleichzeitig
- an einen Martini und den Geschmack von Mollys Mund.
    Er machte sich den Martini in einem Plastikglas und rief Molly an.
»Hallo, Süße.«
»Hey, Baby! Wo bist du?«
»In diesem idiotischen Hotel in Atlanta.«
»Und genießt du es, mal wieder allein zu sein?«
»Nicht, daß ich wüßte. Du fehlst mir.«
»Du mir auch.«
»Mein Bett ist so fürchterlich leer ohne dich.«
»Meines auch.«
»Was gibt’s bei dir Neues?«
»Ach, ich hatte heute eine kleine Auseinandersetzung mit Mrs. Holper. Sie wollte ein Kleid zurückgeben, weil es einen riesigen Whiskyfleck am Po hatte. Ganz offensichtlich hatte sie es anläßlich dieser Jaycee-Feier getragen.«
»Und was hast du darauf gesagt?«
»Daß ich ihr das Kleid nicht in dem Zustand verkauft hätte.«
»Und was hat sie dann gesagt?«
»Daß sie bisher noch nie Probleme gehabt hätte, wenn sie ein Kleid zurückgeben wollte, was unter anderem einer der Gründe wäre, weshalb sie bevorzugt bei mir einkaufen würde.«
»Und was hast du darauf wieder gesagt?«
»Ach, ich habe gesagt, ich wäre etwas in Sorge, weil Will neuerdings nur Stuß am Telefon redet.«
»Ach so.«
»Willy geht es blendend. Er hat ein paar Schildkröteneier geborgen, die die Hunde ausgegraben haben. Aber erzähl doch, was du so treibst.«
»Mich durch Berge von Akten wühlen und abscheulichen Plastikfraß in mich hineinstopfen.«
»Und kräftig nachdenken, wie ich wohl meinen will.«
»Ja.«
»Kann ich dir mit irgend etwas behilflich sein?«
»Ich habe einfach noch keinen brauchbaren Anhaltspunkt, Molly. Mir stehen nicht genügend Informationen zur Verfügung. Das heißt, mir liegen natürlich unzählige Daten vor, aber ich kann noch nichts Rechtes mit ihnen anfangen.«
»Wirst du noch länger in Atlanta bleiben? Versteh mich nicht falsch - ich möchte dich nicht drängen, nach Hause zu kommen. Ich wollte es nur wissen.«
»Das kann ich im Augenblick noch nicht sagen. Ein paar Tage werde ich jedenfalls bestimmt noch hierbleiben müssen. Du fehlst mir sehr.«
»Möchtest du ein bißchen übers Vögeln reden?«
»Ich glaube nicht, daß ich das aushalten würde. Vielleicht sollten wir das lieber bleiben lassen.«
»Was bleiben lassen?«
»Übers Vögeln zu reden.«
»Na gut. Aber du hast doch nichts dagegen, wenn ich daran denke, oder?«
»Keineswegs.«
»Wir haben einen neuen Hund.«
»Bitte nicht.«
»Sieht aus wie eine Kreuzung aus Basset und Pekinese.«
»Großartig.«
»Er hat Riesenhoden.«
»Was du nicht sagst.«
»Sie streifen fast den Boden. Beim Laufen muß er sie richtig einziehen.«
»Das soll er mir erst mal vormachen.«
»Doch, bestimmt. Er zieht sie tatsächlich ein. Woher willst du überhaupt wissen, ob er das kann oder nicht?«
»Ich weiß es eben.«
»Kannst du denn deine einziehen?«
»Dachte ich mir’s doch, daß es darauf hinausführen würde.«
»Und?«
»Wenn du es unbedingt wissen willst - ich hab’ sie einmal eingezogen.«
»Und wann war das?«
»In meiner Jugend. Als ich mal über einen Stacheldrahtzaun springen mußte.«
»Wieso das?«
»Weil ich eine Wassermelone im Arm hielt, die ich nicht selbst angebaut hatte.«
»Du hast die Flucht ergriffen? Vor wem?«
»Vor dem Besitzer besagter Melone. Durch seine Hunde alarmiert, kam er in seiner Reizunterwäsche aus dem Haus gestürzt und hat mit einer Knarre durch die Luft gefuchtelt. Zum Glück ist er über das Bohnenspalier gestolpert, so daß ich einen gewissen Vorsprung hatte.«
»Hat er auf dich geschossen?«
»Damals dachte ich das eigentlich schon. Aber dieses Krachen könnte natürlich auch aus meinem Hintern gekommen sein. Das ist ein Punkt, hinsichtlich dessen ich mir nie so recht klargeworden bin.«
»Und bist du über den Zaun gekommen?«
»Problemlos.«
»Daß sich deine kriminelle Veranlagung schon in diesem zarten Alter bemerkbar gemacht hat?«
»Ich habe keine kriminelle Veranlagung.«
»Natürlich nicht. Ich habe übrigens vor, die Küche frisch zu

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