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Roter Drache

Roter Drache

Titel: Roter Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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streichen. Welche Farbe würdest du vorschlagen? Will? Welche Farbe fändest du gut? Bist du noch da, Will?«
»Ja, äh, gelb. Streich sie doch gelb.«
»Gelb ist keine vorteilhafte Farbe für mich. Ich sehe dann beim Frühstück immer grün aus.«
»Dann blau.«
»Blau ist so kalt.«
»Na, dann streich sie meinetwegen Babyscheißebraun... nein, hör zu, ich werde sicher bald nach Hause kommen, und dann gehen wir gemeinsam in den Farbenladen und kaufen neue Rollen und Zeug, ja? Und vielleicht auch ein paar neue Pinsel.«
»Genau, kaufen wir ein paar Pinsel. Aber was reden wir hier eigentlich. Ich liebe dich, Will, und du fehlst mir, aber ich finde, daß es richtig war, nach Atlanta zu fahren. Schließlich weiß ich, daß es auch dir nicht leicht gefallen ist. Ich bin hier und werde auf dich warten, bis du nach Hause zurückkommst. Und ich werde auch überall hinkommen, wenn du mich brauchen solltest. Ich bin jederzeit für dich da. Das ist es, was ich dir sagen wollte.«
»Ach, Molly, du bist ein Engel. Aber du solltest dich jetzt schlafen legen.«
»Gut.«
»Schlaf schön.«
Mit im Nacken verschränkten Händen lag Graham da und beschwor in seiner Erinnerung die verschiedenen Abendessen mit Molly herauf. Krabben und Sancerre, die salzige Brise vom Meer mit dem Wein vermischt.
Aber ihm haftete nun mal die Unart an, sich über geführte Gespräche nachträglich den Kopf zu zerbrechen. Und genau damit begann er auch jetzt. Er hatte sie nach ihrer harmlosen Bemerkung über seine ›kriminelle Veranlagung‹ schroff angefahren. So was Dummes.
Graham fand Mollys Interesse an ihm größtenteils vollkommen unerklärlich.
Er rief bei der Mordkommission an und hinterließ eine Nachricht für Springfield, daß er am nächsten Morgen an den Routinenachforschungen teilnehmen wollte. Sonst gab es im Augenblick schließlich nichts zu tun.
Der Gin erleichterte ihm das Einschlafen.

6. K APITEL

    K opien sämtlicher Gesprächsnotizen zu Anrufen im Fall Leeds wurden auf Buddy Springfields Schreibtisch abgelegt. Als der Leiter der Mordkommission am Dienstagmorgen gegen sieben Uhr in sein Büro kam, hatten sich ganze dreiundsechzig davon angehäuft. Die oberste war mit einem roten Fähnchen gekennzeichnet.
    Sie besagte, daß die Polizei von Birmingham hinter der Garage der Jacobis eine in einem Schuhkarton begrabene Katze entdeckt hatte. Das Tier hatte eine Blume zwischen den Pfoten und war in ein Geschirrtuch gewickelt. Auf den Deckel des Schuhkartons war in kindlicher Handschrift der Name der Katze gekritzelt. Sie hatte kein Halsband um. Der Karton war mit einem Stück Bindfaden verschnürt.
    Ein Birminghamer Gerichtsarzt stellte fest, daß die Katze erdrosselt worden war. Er hatte das Tier am ganzen Körper rasiert, ohne eine Einstichwunde zu finden.
    Springfield tippte mit dem Bügel seiner Brille gegen seine Zähne.
Sie waren auf ein lockeres Stück Erde gestoßen und hatten an der Stelle zu graben begonnen. Es war also auch ohne eine Methansonde gegangen. Trotzdem hatte Graham recht gehabt.
Der Chef der Mordkommission befeuchtete seinen Daumen und blätterte den restlichen Stapel Kopien durch. In den meisten Fällen handelte es sich um Hinweise auf verdächtige Fahrzeuge, die während der letzten Woche in der Nähe des Tatorts gesehen worden waren, wobei die Wagen ausnahmslos nur äußerst vage nach Modell und Farbe beschrieben waren. Vier Familien in Atlanta hatten anonyme Drohanrufe erhalten. »Ich schlachte Sie genauso ab wie die Leeds.«
Hoyt Lewis’ Hinweis befand sich in der Mitte des Stapels.
Springfield rief den Nachtschichtleiter an. »Was ist mit dem Hinweis dieses Stromzählerablesers auf diesen Parsons? Nummer achtundvierzig.«
»Wir haben uns bereits gestern abend mit dem Elektrizitätswerk in Verbindung gesetzt, ob sie zum in Frage kommenden Zeitpunkt einen ihrer Leute zu Reparaturarbeiten dorthin geschickt hatten«, teilte ihm der Schichtleiter mit. »Sie wollten uns heute morgen unverzüglich Bescheid geben.«
»Dann haken Sie am besten gleich noch mal bei denen nach«, trug ihm Springfield auf. »Setzen Sie sich außerdem mit dem Stadtbauamt und den Wasserwerken in Verbindung, ob in dieser Durchfahrt irgendwelche Arbeiten ausgeführt worden sind, und versuchen Sie mich dann in meinem Wagen zu erreichen.«
Dann rief er Will Graham an. »Will? Ich hole Sie in zehn Minuten vor Ihrem Hotel ab. Dann machen wir eine kleine Spazierfahrt.«
    Um sieben Uhr fünfundvierzig parkte Springfield unweit von besagter

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