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Roter Engel

Roter Engel

Titel: Roter Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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sich neben ihn.
    »Was ist passiert?«
    »Sie hatte so etwas wie einen Anfall …«
    »Einen mit Vorgeschichte? Einen epileptischen?«
    »Ich weiß nicht, sie hat Puls, und sie atmet.«
    Toby sah die Schwellung am Kopf. »Von wann ist die?«
    »Bei dem Anfall ist sie gestürzt.«
    Toby zog den Regenmantel auf und sah den Körper des Mädchens. Nach einer Schrecksekunde sagte sie: »Sie ist schwanger.«
    »Ja. Wie lange, weiß ich aber nicht.«
    »Wissen Sie denn
irgend etwas
von ihr?«
    »Sie ist polizeibekannt. Prostitution. Ihr Zuhälter hat sie heute zusammengeschlagen. Mehr weiß ich nicht.«
    »Haben Sie einen Notkoffer?« fragte Toby.
    »In meiner Schreibtischschublade …«
    »Her damit.«
    Das Mädchen stöhnte und bewegte den Kopf.
    Toby suchte im Koffer nach Instrumenten, Dvorak zog den Arm des Mädchens aus dem Mantelärmel. Molly öffnete die Augen und sah ihn an. Im nächsten Augenblick fing sie an, sich gegen seinen Griff zu wehren.
    »Es ist alles in Ordnung«, sagte er. »Ganz ruhig …«
    »Lassen Sie sie los«, forderte Toby ihn auf. »Sie ist noch nicht wieder bei Sinnen. Sie machen ihr angst.«
    Dvorak ließ den jämmerlich dünnen Arm los und trat einen Schritt zurück.
    »Okay, Kleine«, murmelte Toby. »Sieh mich an. Hier bin ich.«
    Das Mädchen drehte den Kopf und sah Toby an, die sich über sie beugte. »Mama«, sagte sie.
    Toby sprach leise und langsam. »Ich tue dir nicht weh. Ich möchte dir nur mal kurz in dein Auge leuchten. In Ordnung?«
    Das Mädchen sah sie fragend an. Toby leuchtete mit ihrer kleinen Taschenlampe in die Pupillen des Mädchens. »Reagieren gleichmäßig. Glieder bewegen sich spontan.« Toby griff nach der Blutdruckmanschette. Das Mädchen wimmerte einen leisen Protest, als die Manschette sich um ihren Arm schloß, aber sie sah Toby weiter an und schien sich beruhigt zu haben.
    Toby sah mit gerunzelter Stirn zu, wie die Nadel im Meßgerät langsam nach unten ruckte. Gleich danach löste sie schnell die Manschette und nahm sie ab. »Sie muß in Behandlung.«
    »Das Boston City ist gleich gegenüber.«
    »Schaffen wir sie dort in die Notaufnahme. Ihr Blut-druck ist zweihundertzwanzig zu hundertdreißig, und sie ist schwanger. Ich glaube, das erklärt auch ihren Anfall.«
    »Eklampsie?«
    Toby nickte kurz und schloß den schwarzen Notkoffer. »Können Sie sie tragen?«
    Dvorak beugte sich hinunter und nahm das Mädchen auf den Arm. Trotz ihres Zustands wirkte sie zerbrechlich und gewichtslos. Vielleicht hatte er auch nur zuviel Adrenalin im Blut, um ihre Last zu spüren. Toby ging voraus und öffnete die Türen. So traten sie aus dem Haus auf die Albany Street.
    Wind pfiff durch die Straßen und schnitt ihnen ins Gesicht. Das Mädchen strampelte in seinen Armen. Ihr Mantel schlug ihm gegen die Beine, ihr Haar flog ihm ins Gesicht, und Dvorak stolperte mehr, als er ging, bis sie endlich die andere Straßenseite erreichten und vor dem Eingang zur Notaufnahme standen.
    Die Doppeltür glitt vor ihnen auf.
    Am Empfang hatte keine Schwester Dienst, sondern ein Mann in weißem Dienstkittel. Er sah das Mädchen in Dvoraks Armen. »Was ist passiert?«
    Toby übernahm die Formalitäten. Sie trat ans Fenster, öffnete Molly Pickers kleine, billige Handtasche und zog ihren Ausweis heraus. »Schwangeres Mädchen mit Anfällen. Blutdruck zweihundertzehn zu hundertdreißig.«
    Der Pfleger verstand gleich und rief nach einer Bahre.
    Der Nadelstich traf Molly bei vollem Bewußtsein. Sie zuckte hoch und wollte sich freistrampeln. Mehrere Hände hielten sie nieder. Es waren zu viele für sie. Sie hielten sie fest und quälten sie. Sie konnte sich nicht erinnern, wie sie an diesen schrecklichen Ort geraten war, und wußte auch nicht, womit sie diese Bestrafung verdient hatte.
Es
tut mir leid. Ich habe etwas falsch gemacht. Es tut mir leid. Bitte, hört auf, mir weh zu tun.
    »Mist, ich habe die Vene nicht erwischt! Eine andere Nadel …«
    »Probieren Sie den anderen Arm. Das da ist doch eine schöne Vene.«
    »Ihr müßt sie festhalten. Sie schlägt zu heftig um sich.«
    »Ist das ein Anfall?«
    »Nein, sie wehrt sich gegen uns …«
    Zwei Hände umschlossen ihr Gesicht. Eine Stimme sagte im Kommandoton: »Miss, halten Sie doch ruhig! Wir müssen Ihnen eine Kanüle setzen!«
    Mollys verängstiger Blick war auf das Gesicht gerichtet, das von oben auf sie herabsah. Es gehörte zu einem Mann in blauen Sachen. Um seinen Hals hing wie eine Schlange ein Stethoskop.
    Ein Mann mit zornigen

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