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Roter Engel

Roter Engel

Titel: Roter Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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dich auf, Molly Lollipop.« Er knabberte an ihrem Ohrläppchen und murmelte: »Hm.«
    »Also, was ist in der Pille drin?«
    »Wie ich schon sagte. Danach hört die Kotzerei auf, und du kannst wieder was essen. Solange ein Mädchen wächst, muß es immer gut essen.« Seine Lippen glitten ihren Hals herab und strichen über ihre Schulter. »Wenn du nichts ißt, muß ich dich sofort ins Krankenhaus bringen. Möchtest du dahin? Mit einer Meute fremder Ärzte, die um dich herumsteht?«
    »Ich will keinen Arzt sehen.«
    Sie sah die Pille in ihrer Hand, und plötzlich kam ihre eine Frage. Nein, nicht wegen der Pille. Sie betraf Romy. Seit Monaten war er nicht mehr so lieb zu ihr gewesen, hatte sie gar nicht mehr beachtet. Vorher, ja, da war sie
sein
Mädchen gewesen. Da hatten sie die Nächte zusammen im Bett verbracht, hatten ferngesehen, Eiskrem gegessen, Bier getrunken. Da war er der einzige gewesen, der sie angerührt hatte. Sie anrühren
durfte.
Danach war alles anders geworden zwischen ihnen.
    Er lächelte sie an, nicht mit seinem üblichen, gemeinen Lächeln, sondern einem, das wirklich aus seinen Augen kam.
    Sie schluckte die Pille mit einem Schluck Wasser herunter.
    »Recht so, so bist du wieder ganz mein Mädchen.« Er ließ sie auf das Kissen zurücksinken und deckte sie zu. »Jetzt schlaf ein bißchen.«
    »Bleib bei mir, Romy.«
    »Ich habe zu tun, Baby.« Er stand auf. »Geschäfte.«
    »Ich muß dir etwas sagen. Ich glaube, ich weiß, warum ich krank bin …«
    »Wir reden später darüber, ja?« Er gab ihr einen Klaps auf den Kopf und ging.
    Molly starrte zur Decke.
Drei Wochen sind zu lang für eine Magenverstimmung,
dachte sie. Sie legte die Hände auf den Bauch und stellte sich vor, sie könne bereits fühlen, wie er anschwoll.
    Wann ist das passiert? Welcher Kerl hat mich denn nur geschwängert?
Sie nahm sich doch immer in acht, hatte immer ihre eigenen Kondome dabei und hatte gelernt, sie beim Vorspiel sanft streichelnd überzuziehen. Sie war ja nicht blöd und wußte, daß ein Mädchen sich zu schnell etwas holen konnte.
    Und jetzt
hatte
sie sich etwas geholt und konnte sich nicht erinnern, wann ihr der Fehler unterlaufen war.
    Romy würde jedenfalls
ihr
die Schuld geben.
    Sie stand auf und fühlte sich benommen. Das war der Hunger.
    Sie war die ganze Zeit hungrig, auch wenn ihr übel war. Beim Anziehen kaute sie ein paar Fritos. Das Salz tat ihr gut. Sie hätte sie eine Handvoll nach der anderen verschlingen können, aber es waren nur noch wenige Chips da. Sie riß die Tüte auf und leckte die Krümel vom Papier, sah dann aber ihr Gesicht plötzlich im Spiegel – mit den Lippen, an denen die Krümel klebten –, und das fand sie so scheußlich, daß sie die Tüte zusammenknüllte und in den Mülleimer warf. Danach verließ sie ihr Zimmer.
    Es war erst Viertel nach eins, und draußen war nichts los. Sophie stand ein Stück die Straße rauf in einem Hauseingang und trank eine Pepsi. Sophie war nichts als runder Hintern und leerer Kopf. Molly war entschlossen, sie einfach zu übersehen, und ging, den Blick geradeaus gerichtet, direkt an ihr vorbei.
    »Wenn das nicht Miss Ohne-Titten ist«, sagte Sophie.
    »Je dicker die Titten, desto kleiner das Hirn.«
    »Dann mußt du ja ein verdammtes
Riesen-
Hirn haben, Kleine.«
    Molly ging schnell weiter, um Sophies wieherndem Gelächter zu entkommen. Sie blieb erst wieder stehen, als sie zwei Blocks weiter vor einer Telefonzelle ankam. Dort blätterte sie in einem zerfledderten Exemplar der Gelben Seiten, steckte dann einen Quarter in den Schlitz und wählte.
    Eine Stimme meldete sich: »Beratungsstelle für Schwangerschaft und Abtreibung.«
    »Ich muß mit jemandem sprechen«, sagte Molly. »Ich bin schwanger.«
    Eine schwarze Limousine hielt am Bordstein. Romy stieg auf den Rücksitz und zog die Tür hinter sich zu.
    Der Fahrer sah sich nicht nach ihm um. Das tat er nie. Die meiste Zeit starrte Romy nur auf den Hinterkopf des Mannes, einen schmalen Kopf mit weißblondem Haar. Eine Haarfarbe, wie man sie nicht besonders oft sah. Jedenfalls nicht an einem Kerl. Romy fragte sich, ob die Weiber wohl auf so etwas standen. Aber soweit er wußte, waren den Weibern die Haare auf dem Kopf völlig egal, solange man nur Geld in der Tasche hatte.
    Derzeit war in Romys Portemonnaie ziemlich Ebbe.
    Er sah sich im Wagen bewundernd um, was er immer tat, aber gleichzeitig ärgerte er sich auch. Er wußte, daß der Mann da vorne auf dem Fahrersitz ihm in mehrfacher Hinsicht

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