Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Roter Engel

Roter Engel

Titel: Roter Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
Vom Netzwerk:
Stunden, sich auszuruhen. Aber Robbie Braces Anruf hatte sie zu wach gemacht.
    Das Telefon klingelte noch einmal. Sie griff nach dem Hörer und sagte: »Dr. Brace?«
    Die Stimme am anderen Ende klang überrascht. »Hm, nein. Hier ist Paul.« Paul Hawkins war der Chef der Notaufnahme im Springer Hospital. Offiziell war er ihr Boß, inoffiziell einer ihrer wenigen Freunde im Mitarbeiterstab des Krankenhauses.
    Er hatte immer ein offenes Ohr für sie.
    »Sorry, Paul«, sagte sie. »Ich dachte, es wäre jemand anderes, der noch einmal zurückrufen wollte. Was ist los?«
    »Wir haben ein Problem. Deshalb brauchen wir dich noch heute nachmittag.«
    »Aber ich bin erst seit ein paar Stunden weg. Und heute abend habe ich ohnehin wieder Schicht.«
    »Es geht nicht um die Schicht. Wir müssen uns mit der Leitung zusammensetzen. Ellis Corcoran hat darum gebeten.«
    In der Hierarchie der Ärzte im Springer Hospital stand Corcoran als Chef der Chirurgie ganz oben. Paul Hawkins war wie alle anderen Abteilungschefs auch Corcoran verantwortlich.
    Toby setzte sich auf. »Worum geht es?«
    »Um mehrere Fragen.«
    »Harry Slotkin?«
    Kurzes Schweigen. »Unter anderem. Es stehen noch ein paar andere Dinge auf dem Programm, das sie aufgestellt haben.«
    »Sie? Wer sonst noch?«
    »Dr. Carey. Die Krankenhausleitung. Sie haben einige Fragen zu den Vorgängen in der betreffenden Nacht.«
    »Ich habe dir erzählt, was passiert ist.«
    »Ja, und ich habe versucht, es ihnen zu erklären. Aber Doug Carey hat da eine fixe Idee. Er hat sich bei Corcoran beschwert.«
    Sie stöhnte auf. »Du weißt, was das in Wirklichkeit bedeutet, nicht? Das hat mit Harry Slotkin nichts zu tun. Es betrifft den kleinen Freitas, den Jungen, der vor ein paar Monaten gestorben ist. Das will Carey mir anhängen.«
    »Das ist eine völlig andere Sache.«
    »Ist es nicht. Carey hat Pfusch gemacht, und der Junge ist gestorben. Ich habe ihn darauf angesprochen.«
    »Du hast ihm aber nicht nur einen Fehler vorgehalten. Du hast ihn
angeklagt.
«
    »Die Eltern des Jungen haben mich nach meiner Meinung gefragt. Sollte ich ihnen etwas vorlügen? So oder so, er
mußte
dafür angeklagt werden. Ein Kind mit einem Milzriß unbeobachtet auf dem Gang stehenlassen? Ich war es nicht, die sich um das arme Kind zu kümmern hatte.«
    »Na gut, er hat also gepfuscht. Aber du hättest deine Meinung etwas mehr zurückhalten müssen.«
    Und genau da lag das Kind im Brunnen. Toby hatte sich nicht zurückgehalten.
    Es war die Art von Notfall gewesen, die jeder Arzt fürchtete: Ein im Sterben liegendes Kind. Die Eltern weinend im Flur. Bei ihren Bemühungen, den Jungen zu reanimieren, war Toby in ihrem Frust herausgeplatzt: »
Warum ist dieser Junge nicht in der Intensivstation?
«
    Die Eltern hatten das mitbekommen. Und dann wußten es schließlich auch die Anwälte.
    »Toby, hör zu, im Moment müssen wir uns auf das konzentrieren, was aktuell anliegt. Die Sitzung findet heute nachmittag um zwei statt. Sie wollten dich nicht dazubitten, aber ich habe darauf bestanden.«
    »Warum wurde ich nicht eingeladen? Geheime Lynchjustiz?«
    »Sieh nur zu, daß du da bist, okay?«
    Sie legte auf und sah auf die Uhr. Es war schon halb eins. Bevor sie nicht jemanden fand, der auf ihre Mutter aufpaßte, konnte sie nicht gehen. Schnell griff sie noch einmal zum Telefon und rief Bryan an. Viermal hörte sie es läuten, dann meldete sich der Anrufbeantworter.
Hi, hier spricht Noel. Und hier Bryan! Wir freuen uns unbändig über jeden Anruf, und darum hinterlaßt eine Nachricht …
    Sie unterbrach die Verbindung und wählte eine andere Nummer – die ihrer Schwester.
Bitte, sei zu Hause. Einmal nur. Bitte sei da, für mich …
    »Hallo?«
    »Ich bin’s«, sagte Toby und seufzte erleichtert.
    »Hast du eine Sekunde Geduld? Ich habe etwas auf dem Herd …«
    Toby hörte, wie der Hörer abgelegt wurde und ein Topfdeckel klapperte. Dann war Vickie wieder am Apparat.
    »Tut mir leid. Steves Partner kommen heute abend zum Dinner, und ich probiere ein neues Dessert aus …«
    »Vickie, ich bin arg in der Klemme. Ich brauche dich, damit du ein paar Stunden auf Mama aufpaßt.«
    »Du meinst …
jetzt gleich?
« Vickie lachte laut und ungläubig.
    »Ich muß zu einer dringenden Sitzung im Hospital. Ich bringe sie bei dir vorbei und hole sie wieder ab, sobald die Sitzung zu Ende ist.«
    »Toby, ich habe Gäste heute abend. Ich koche, das Haus muß noch geputzt und aufgeräumt werden, und die Kinder kommen gleich von der

Weitere Kostenlose Bücher