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Roter Engel

Roter Engel

Titel: Roter Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Muskel hervortritt? Vor zwei Jahren war da noch gar nichts.«
    »Mein Quadrizeps hat überhaupt nicht zugelegt«, stellte Bigelow düster fest.
    »Weil du nicht genug für ihn tust. Und außerdem machst du dir zu viele Sorgen.«
    »Ja, das wird es wohl sein.« Bigelow seufzte und warf sich das Handtuch um den Hals. Er sah jetzt aus wie eine alte Schildkröte, die ihren Kopf aus dem Panzer schob. »Bleibt es bei heute nachmittag?«
    »Phil hat nichts anderes gesagt.«
    »In Ordnung. Dann sehen wir uns am ersten Tee.«
    Angus sah seinem Freund nach, wie er mit schepperndem Gang den Trainingsraum verließ. Alt sah dieser Bigelow aus, und das war auch kein Wunder. Gerade mal zehn Minuten hatte er auf dem Trimmrad verbracht, kaum Aerobic gemacht. Einige Leute taten einfach nichts für ihre Gesundheit. Statt dessen vergeudeten sie ihre Energien auf Dinge, gegen die sie ohnehin nichts machen konnten.
    Seine Latissimus-dorsi-Muskeln brannten angenehm von der Anstrengung. Er ließ die Gewichte los, gönnte sich einen Moment Ruhe und sah sich um. An allen Geräten wurde gearbeitet. Die meisten waren von Frauen besetzt, einem Haufen Großmütter in Sweatsuits und Tennisschuhen. Einige der Ladies sahen zu ihm herüber und warfen ihm einladende Blicke zu, was er bei Frauen in ihrem Alter einfach lächerlich fand. Für seinen Geschmack waren sie alle viel zu alt. Eine Frau von, sagen wir mal, fünfzig käme da für ihn eher in Frage. Aber nur, wenn sie schlank war und fit genug, um mit ihm mitzuhalten, in jeder Hinsicht.
    Zeit für den Pectoralis maior.
    Er packte die Griffe und wollte gerade loslegen, da merkte er, daß etwas mit dem Gerät nicht stimmte. Der rechte Griff schien zu vibrieren.
    Er ließ los und sah sich den Griff an. Völlig unbewegt, überhaupt nichts, was vibrierte. Dann sah er auf seine Hand, und es lief ihm kalt den Rücken hinunter.
Was war denn das?
Seine rechte Hand zitterte.
    Molly Picker hob den Kopf von der Toilettenschüssel hoch und betätigte die Spülung. In ihrem Magen war jetzt nichts mehr, sie hatte alles erbrochen. Pepsi, Fritos, Lucky Charms. Schwindelig setzte sie sich auf den Fußboden, lehnte sich gegen die Badezimmerwand und lauschte dem Rauschen im Abflußrohr. Drei Wochen, dachte sie. Seit drei Wochen bin ich jetzt krank.
    Sie stemmte sich hoch und wankte zu ihrem Bett. Auf der zerfledderten Matratze rollte sie sich zusammen und fiel augenblicklich in tiefen Schlaf.
    Als Romy mittags ins Zimmer kam, wachte sie auf. Anzuklopfen fiel ihm nicht ein. Er setzte sich auf das Bett und schüttelte sie. »Hey, Molly Wolly. Noch immer der verdrehte Magen?«
    Sie stöhnte und sah ihn an. Romy erinnerte sie mit seinem glänzenden, glatt zurückgekämmten Haar und seinen Augen, die so dunkel waren, daß man die Pupillen nicht sah, an eine Schlange.
    Ein Eidechsen-Mann war er. Doch die Hand, die über ihr Haar strich, war sanft – etwas, das sie bei Romy so furchtbar lange nicht mehr erlebt hatte. Er lächelte sie an. »Nicht gut drauf heute, was?«
    »Ich mußte noch einmal brechen. Ich kann gar nicht damit aufhören.«
    »Also, weißt du, ich habe jetzt endlich was dagegen gefunden.«
    Er stellte ein Fläschchen mit Pillen auf den Nachttisch. Auf dem Etikett stand eine handgeschriebene Anweisung.
Gegen Übelkeit alle acht Stunden eine Tablette.
Romy ging ins Badezimmer und kam mit einem Glas Wasser zu Mollys Bett zurück. Er öffnete die Flasche, schüttelte eine Pille heraus und half ihr beim Aufsitzen. »Runter damit«, sagte er.
    Sie runzelte die Stirn. »Was ist das?«
    »Medizin.«
    »Woher hast du sie?«
    »Geht schon in Ordnung. Hat der Doktor verschrieben.«
    »Welcher Doktor?«
    »Da versuche ich nun, nett zu dir zu sein, damit es dir bessergeht, und du fängst an, mit mir zu diskutieren. Dabei ist es mir eigentlich ziemlich egal, ob du die Pille nun nimmst oder nicht.«
    Sie wandte sich ab und spürte, wie die Hand, die ihren Rücken stützte, sich zur Faust ballte. Dann entspannte er sich unerwartet wieder und fing an, sie warm und weich zu streicheln.
    »Komm schon, Moll. Du weißt, ich passe auf dich auf. Das habe ich immer getan und werde es immer tun.«
    Sie lachte bitter. »Damit ich glaube, ich bin was Besonderes für dich.«
    »Das bist du auch. Du bist mein ganz besonderes Baby. Das beste Mädchen, das ich habe.« Er schob die Hand unter ihr Shirt und streichelte ihre Haut. »Du warst neulich so spröde. Als würde ich dir nie einen Gefallen tun. Aber du weißt, ich passe immer auf

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