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Roter Engel

Roter Engel

Titel: Roter Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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angerufen, drüben in Wellesley. Sie suchen jemanden, der für sie ein neues Therapieprogramm ›Kunst und Entspannung‹ entwickelt. Toby, sie haben mir ein Angebot gemacht. Ich konnte nicht ablehnen.«
    »Sie haben es mir mit keinem Wort angedeutet.«
    »Der Anruf kam erst gestern. Heute morgen haben wir genauer darüber gesprochen.«
    »Und Sie haben den Job angenommen, einfach so? Ohne auch nur mit mir darüber zu sprechen?«
    »Ich mußte mich gleich entscheiden. Toby, es ist ein Job zu normalen Tageszeiten. Das bedeutet, ich kann wieder ein normales Leben führen.«
    »Was bieten sie Ihnen denn dafür? Ich bezahle Ihnen mehr.«
    »Ich habe bereits zugesagt.«
    »Wieviel?«
    Er räusperte sich. »Es ist nicht das Geld. Das dürfen Sie nicht glauben. Es ist … alles zusammen.«
    Langsam lehnte sie sich zurück. »Ich kann Ihnen also kein besseres Angebot machen?«
    »Nein.« Er senkte den Blick zur Tischplatte. »Sie wollen, daß ich so bald wie möglich anfange.«
    »Und was ist mit meiner Mutter? Was, wenn ich niemanden finde, der auf sie aufpaßt?«
    »Sie finden sicher jemanden.«
    »Wie lange genau habe ich denn Zeit zum Suchen?«
    »Zwei Wochen.«
    »
Zwei Wochen?
Glauben Sie, ich kann einen aus der Luft zaubern? Ich habe Monate gebraucht, bis ich
Sie
gefunden hatte.«
    »Ich weiß, aber …«
    »Was, zum Teufel, soll ich denn jetzt
tun?
« Die Verzweiflung in ihrer Stimme schob sich bedrückend zwischen sie.
    Langsam hob er den Blick und sah sie an, schon unerwartet fern von ihr. »Ich mag Ellen. Das wissen Sie. Und ich habe immer so gut für sie gesorgt, wie ich konnte. Aber, Toby, sie ist nicht meine Mutter. Sie ist Ihre.«
    Die einfache Wahrheit dieser Aussage ließ keine wie immer geartete Antwort mehr zu
. Ja, sie ist meine Mutter. Ich bin für sie verantwortlich.
    Sie beobachtete Ellen und sah, daß ihre Mutter überhaupt nicht wahrnahm, was um sie vorging. Sie hatte ihre Serviette aufgenommen und faltete sie immer kleiner zusammen, die Stirn vor Konzentration gerunzelt.
    »Kennen Sie denn jemanden, der den Job hier haben wollte?« fragte Toby.
    »Ich kann Ihnen ein paar Namen nennen«, sagte er. »Ich kenne ein paar Leute, die interessiert sein könnten.«
    »Ich wäre sehr froh darum.«
    Sie sahen sich über den Tisch an, nicht in den Rollen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sondern als Freunde. »Danke, Bryan«, sagte sie. »Für alles, was Sie für uns getan haben.« Im Wohnzimmer schlug es die halbe Stunde. Toby seufzte und stand auf. Endgültig Zeit, zur Arbeit zu gehen.
    »Toby, wir müssen miteinander reden.«
    Sie sah von dem wimmernden Dreijährigen auf. Paul Hawkins stand in der Tür zum Untersuchungszimmer. »Hat das noch eine Minute Zeit?« fragte sie.
    »Es ist sehr dringend.«
    »Okay, ich gebe ihm nur schnell diese Gabe Epinephrin, dann bin ich fertig.«
    »Ich warte auf dich in der Teeküche.«
    Maudeen reichte ihr das Fläschchen Epinephrin, und Toby sah ihren fragenden Blick. Beide fragten sich das gleiche: Wieso tauchte der Chef der Notaufnahme hier an einem Donnerstagabend um zehn Uhr bei ihnen auf? Er war in Anzug und Krawatte – nicht gerade sein übliches Krankenhausoutfit. Schon etwas unsicher zog Toby zwei Zehntel Kubikzentimeter Epinephrin auf, zwang sich zu einem fröhlichen Ton und sagte zu dem Kind: »Wir sorgen jetzt dafür, daß du viel, viel besser Luft holen kannst. Du mußt aber ganz still sitzen. Ich mache nur einen ganz kleinen Piekser, und dann ist es schon vorbei, okay?«
    »Will nicht gepiekst werden. Will nicht gepiekst werden.«
    Die Mutter des Jungen hielt ihn fester. »Das mag er gar nicht. Machen Sie einfach.«
    Toby nickte. Mit einem Dreijährigen zu verhandeln war ein hoffnungsloses Unterfangen. Sie machte die Injektion und provozierte einen Schrei, der die Gläser im Raum klirren ließ. Genauso schnell war das Kreischen wieder vorbei, und der Junge schenkte, immer noch ein bißchen schniefend, der Spritze einen begehrlichen Blick.
    »Die will ich haben.«
    »Du kriegst eine neue«, sagte Toby und reichte ihm eine frisch eingepackte ohne Nadel. »Viel Spaß damit in der Badewanne.«
    »Gebe meiner Schwester eine.«
    Die Mutter rollte die Augen. »Da wird sie sich
aber freuen.
«
    Der Junge schien sein Quengeln langsam einzustellen, und so ließ sie ihn in Maudeens Obhut und ging zu Paul in die Küche.
    Er stand auf, als sie eintrat, sagte aber kein Wort, bis sie die Tür hinter sich zugezogen hatte.
    »Wir hatten heute abend eine

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