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Roter Herbst - Kriminalroman

Roter Herbst - Kriminalroman

Titel: Roter Herbst - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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verleihen.
    »Wann war das?«
    »Martin gestreichelt«, wiederholte er noch einmal eigensinnig. Sein Kopf war dabei ganz schief gestellt und Amanda beobachtete, wie seine Zunge immer wieder die Unterlippe befeuchtete.
    »Hast du den Mann schon einmal gesehen? Vorher?«
    Martin schüttelte den Kopf. »Mann tot«, sagt er dann. »Lieber Mann …«
    Einen kurzen Moment lang richtete er seinen Blick auf Amanda und schaute ihr in die Augen. Ein blasser, leerer Blick und doch schien es ihr, als verberge sich dahinter eine Welt, zu der nur er Zugang hatte. Dann huschten seine Augen wieder weg, und Amanda war es, als habe er sie im selben Augenblick schon wieder vergessen.
    Was wohl hinter seiner Stirn vor sich ging?
    Unvermittelt kam ihr ein Gedanke. Der unbekannte Mann hatte, wenn sie dem, was Martin gerade gesagt hatte, glauben konnte, den Jungen gestreichelt. Und dann hatte ihm jemand die Hände abgehackt. Ob es da einen Zusammenhang gab? Ein irrwitziger Gedanke, wie sie sich sofort sagte. Wahrscheinlich hatte sie in der letzten Zeit einfach zu viel über Missbrauchsopfer in den Medien gelesen. Vielleicht sollte sie mit dem Kommissar darüber sprechen, der den Toten gefunden hatte. Sie hatte den Eindruck gehabt, als würde er solche Zusammenhänge verstehen.
    »War da noch jemand, als dich der Mann gestreichelt hat?«, fragte sie. Doch Martin hatte den Kopf abgewandt und sie wusste, dass er ihr jetzt keine Antworten mehr geben würde. Er wirkte bereits nach den wenigen Sätzen, die sie mit ihm gewechselt hatte, völlig erschöpft, und sie hatte Mitleid mit ihm. Sie bemerkte, dass seine Hände angefangen hatten, zu zittern, und beschloss, nicht weiter in ihn zu dringen.
    Als sie sich erhob und umdrehte, nahm sie gerade noch wahr, wie einer der beiden Berufsschüler, die sich vor einer Weile so intensiv unterhalten hatten, an ihrem Tisch vorbei zur Toilette ging. Es war der junge Mann, der zusammen mit dem Förster den Toten im Moor geborgen hatte. Er hatte seinen Blick auf Martin gerichtet. »Servus, Martin«, sagte er und dann nickte er Amanda zu.
    Amanda grüßte zurück, wollte etwas zu ihm sagen, doch da war schon der Berger an den Tisch herangetreten und blickte sie an.
    »Hast dich getäuscht, Berger«, meinte sie nur.

    Ein kleiner, dünner Schrei ertönte. Bichlmaier fuhr zusammen. Er drehte sich um und starrte in ein Paar ungläubig aufgerissene Augen. Dann spürte er, wie sich kalte Nässe in seinen Schuhen ausbreitete. Das Mädchen hinter ihm hatte sein Tablett ungeschickt nach oben gerissen und blickte voll Entsetzen auf das, was es angerichtet hatte. Pappbecher, aus denen Cola und Eisklumpen gluckerten, lagen auf dem Boden neben durchweichten Servietten und aufgeplatzten Schachteln mit Hamburgern. Der größte Teil der Flüssigkeit hatte sich jedoch offensichtlich in Bichlmaiers Schuhe ergossen. Als er einen Schritt nach vorn machte, merkte er, wie die braune Brühe aus den Schuhen quoll.
    »Scheiße«, sagte das Mädchen und grinste Bichlmaier verlegen an. Ein dunkelhaariges Mädchen mit wilden Locken, eine junge Frau eher. Wie hübsch, dachte er. Leichte Röte war ihr ins Gesicht gestiegen. Er lächelte zurück. So gut es ging, denn einen Moment lang glaubte er, sie schon einmal gesehen zu haben. Vor vielen Jahren. Damals hatte es keinen Burger King gegeben. Weder hier in der kleinen Stadt noch sonst irgendwo in Deutschland.
    »Schon gut«, murmelte er und trat dann auf die Hauptstraße hinaus. Dort blieb er stehen, senkte den Kopf und schob die Hände in die Jackentaschen. Er schloss die Augen, atmete tief ein und öffnete sie wieder. Dann blickte er die Straße hinunter. In der Ferne erkannte er das Stadttor.

4
    Amanda Wouters lag in der Badewanne und hörte, wie das Telefon klingelte. Sie war spät aufgestanden und hatte ihre Frühstückszeit verschlafen, aber dennoch beschlossen, sich ein bisschen zu verwöhnen, ehe sie ins Büro ging. Im Moment betrachtete sie gerade ihre aus dem lauen Wasser ragenden Zehen, die sie viel zu groß und knochig fand.
    Wer zum Teufel wagte es, sie zu stören? Missmutig stieg sie aus der Wanne, warf das große Badelaken um, das sie auch bei ihren Afrikareisen immer im Gepäck hatte, tapste mit nassen Füßen in die Diele und nahm den Hörer ab. Es war Mannteufel, der Gerichtsmediziner.
    »Amanda?«
    »Ja.«
    »Ich bin’s …«
    Amanda grunzte unwillig in den Hörer. »Was ist denn?«
    »Ich hab was für dich …«
    »Hm.«
    Mannteufel ließ sich durch ihre schlechte

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