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Roter Herbst - Kriminalroman

Roter Herbst - Kriminalroman

Titel: Roter Herbst - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Laune nicht entmutigen. »Habe ich dich gestört?«, fragte er.
    »Ich war gerade in der Badewanne.«
    Der Gerichtsmediziner lachte schadenfroh in den Hörer. Es klang, als würde ein Pferd husten. Amanda hielt das Telefon angewidert vom Ohr weg. Mannteufel war für seine direkte Art, mit Frauen umzugehen, berühmt, ebenso wie für sein Faible für Joghurt und sein aufbrausendes Wesen, das vor nichts und niemandem Halt machte. Wenn man ihn zu nehmen wusste, so wie Amanda, war er allerdings sanft wie ein Lamm.
    »Willst du wissen, wie der Mann im Moor ums Leben gekommen ist?«
    Amanda zog das Badetuch fester an sich und leckte sich die Wassertropfen, die ihr übers Gesicht liefen, von den Lippen.
    »Ja, sicher«, sagte sie. »Was für eine blöde Frage.«
    Mannteufel lachte sein fiesestes Lachen. »Zyankali«, meinte er dann. »Der Kerl hat sich eine Kapsel mit Zyankali ins Maul gesteckt – oder jemand hat ihn dazu gezwungen. Starke Verätzungen der Lippen und der Mundhöhle. Er ist auf jeden Fall genauso verreckt wie einige der Nazibonzen nach dem Krieg. Der feiste Typ in Nürnberg … Du weißt schon.«
    Amanda wusste erst nicht, wen er meinte, brummte aber irgendwie zustimmend. »Du meinst Göring?«
    »Genau. Das Zeug wird übrigens nach wie vor in amerikanischen Gaskammern verwendet. Allerdings nur noch selten. Kein schöner Tod, erzählt man sich. Geht nicht so schnell, wie man denkt.«
    Etwas genervt von Mannteufels Umständlichkeit, beschloss sie, nicht näher auf tote Nazibonzen oder amerikanische Absonderlichkeiten einzugehen, da sie diese im Moment nicht interessierten.
    »Hm. Ist das alles? Weitere Spuren von Gewaltanwendung? Von den abgetrennten Händen mal abgesehen?«
    »Jede Menge. Druckstellen im Kieferbereich, Abschürfungen sowie Hämatome am ganzen Körper und zahlreiche Verletzungen im Genitalbereich. Offensichtlich hat jemand versucht, seine Eier zu rösten.«
    »Wie …?«
    »Er ist vor seinem Tod ordentlich gefoltert worden. Seine Geschlechtsteile sind mit einer Zange oder etwas Ähnlichem behandelt worden. Und dazu mit Strom, ganz professionell. Sie haben ihm Stromstöße durch die Eier gejagt. Muss höllisch wehtun.«
    »Das heißt, sie wollten etwas von ihm wissen.«
    »Worauf du einen lassen kannst«, bestätigte Mannteufel und wieherte, als würde ihn der Gedanke aufs Höchste erheitern.
    »Ich hoffe nur, der Bursche hat irgendwann geplaudert.« Vor Amandas innerem Auge erschien das Gesicht des Toten. Sie fror plötzlich und es wurde ihr bewusst, dass sie halbnackt und nass in der Diele stand. »Hast du schon alles schriftlich?«
    »Noch nicht alles, aber das, was wir bisher wissen, liegt auf deinem Schminktisch.«
    »Na gut, dann bis gleich.«
    Nachdem sie das Gespräch beendet hatte, ging sie ins Bad zurück und trocknete sich ab. Sie zog sich etwas über und schlurfte in die Küche, um doch noch zu frühstücken. Aber irgendwie hatte ihr das Gespräch mit Mannteufel den Appetit verdorben. Eigentlich hätte sie sich nur eine Tasse Kaffee gönnen und dann ins Büro fahren wollen. Sie blieb dennoch am Tisch sitzen.
    Ihre Gedanken fingen an zu wandern. Woher stammte der Tote und woher war er gekommen? Warum war er gerade hier gelandet, hier in dieser trostlosen, abgelegenen Moorlandschaft? Wo hatte er sich die letzten Tage, bevor er getötet worden war, aufgehalten? Jemand musste ihn gesehen haben. Jedoch hatte niemand bislang einen Angehörigen oder Bekannten vermisst gemeldet. Vor allem aber musste sie der Frage nachgehen, wo und wann der Tote Martin, den Enkel vom Berger, getroffen hatte. Was für eine Verbindung hatte zwischen den beiden bestanden? Woher hatten sie sich gekannt?
    Sie trank ihren Kaffee aus, und als sie die Tasse auf den Tisch stellte, fiel ihr ein, dass es nicht mehr sehr lange dauern würde, bis sie Urlaub hatte. Höchstens ein Vierteljahr. Bis dahin musste der Fall gelöst sein. Bei dem Gedanken lächelte sie, ohne genau zu wissen, warum.
    Auf dem Weg ins Büro machte sie an einem Kiosk Halt. Sie kaufte eine Boulevardzeitung, die sie normalerweise nie las, um zu sehen, ob etwas über den Mord darin stand. Im Auto blätterte sie sie durch, fand aber nichts dazu. Nicht einmal eine Randnotiz. Offensichtlich gab es wichtigere Themen, die die Menschen in Deutschland bewegten.
    Die momentanen Schlagzeilen gehörten nach wie vor Fukushima und den täglichen Horrormeldungen aus Japan, aber auch einem Vorfall, der sich in Berlin abgespielt hatte. Wieder einmal hatte es in

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