Roter Lampion
dafür, daß es so bleibt, sorgen fünftausend in portugiesischen Diensten stehende und von Mao Tse-tung geduldete Negersoldaten aus Mozambique.«
Es wird höchste Zeit, daß ich mir diesen merkwürdigen Ort einmal ansehe, dachte Cooper und rief zur Mittagsstunde Su-su an, die er nach einigen verliebten Komplimenten bat, sich für den nächsten Tag frei zu nehmen, da er sich angesichts der in ihm brennenden Sehnsucht entschlossen habe, mit ihr einen Ausflug nach Macao zu machen.
Su-su freute sich wie ein Kind, sie war aber klug genug, um zu wissen, daß Cooper sich von dem Ausflug etwas anderes als die Befriedigung seiner Sehnsucht erhoffte.
Die Beschaffung der portugiesischen Visa bereitete keine Schwierigkeiten, und Gordon Cooper war in bester Stimmung, als er mit Su-su, die ein duftiges, dunkelblau punktiertes und von einer Kragenschleife gehaltenes Kleid angezogen hatte, am Connaught Road Pier eines der Wassergleitboote bestieg, die in Abständen von dreißig Minuten mit einer Geschwindigkeit von sechzig Stundenkilometern zwischen Hongkong und Macao hin und her jagen.
Su-su fand es herrlich, auf den Gleitern eines ›Hydrofoils‹ über das Meer hinwegzujagen und im hochsprühenden Gischt alle Farben des Spektrums glitzern zu sehen. Im übrigen tat sie stets das, was Gordon Cooper gerade tat. Schaute er nach Westen, dann reckte sie ihr Köpfchen in die westliche Richtung. Blickte er sie verliebt an, dann erzählten ihm ihre Augen süße Geschichten. Legte er den Arm um sie, dann schmiegte sie sich wie ein Kätzchen an ihn. Nur als er sich einmal die Nase schneuzte, verharrte sie still, wobei sie ihn allerdings wie ein Hündchen anschaute, das darauf wartet, einen neuen Befehl zu erhalten.
Nach einer gut einstündigen Fahrt legte das Gleitboot am Kai von Macao an, nachdem es sich durch eine wahre Flotte von Dschunken hatte hindurchwinden müssen. Gordon Cooper sah, daß die Schiffe überall be- und entladen wurden und daß niemand kontrollierte, was sich an den an wippenden Bambusstangen hängenden Körben befand, die eilfertige Kulis durch das am Ende der Hauptstraße gelegene große ›Maeao-China-Tor‹ trugen. Weder die auf portugiesischer Seite stehenden afrikanischen Negersoldaten noch die hinter dem Tor patrouillierenden Chinesen mit dem Sowjetstern an der Mütze interessierten sich für die nach China gehenden beziehungsweise von dort kommenden Waren.
Cooper erkannte unschwer, daß es müßig war, darüber nachzugrübeln, was zwischen Hongkong und der ›überseeischen Provinz‹ geschmuggelt werden könnte. Macao war ein Freihafen von Chinas Gnaden, der unbegrenzte Möglichkeiten bot. Macao war aber auch ein Stück Mittelalter, und beim Anblick der wie eine Theaterkulisse aussehenden Ruine der St.-Pauls-Kirche dachte Cooper unwillkürlich an Margit Holstein, die ihm gewiß sofort hätte sagen können, in welchem Jahre die alte Jesuitenkirche ein Opfer der Flammen geworden war. Zweifellos würde sie auch die Geschichte des Springbrunnens auf der Praya Grande gekannt haben, auf dessen Rand Gordon Cooper sich mit Su-su setzte, um das aus portugiesischen und chinesischen Elementen gebildete Mischmasch von Bauwerken auf sich einwirken zu lassen. Arkaden, schmiedeeiserne Balkone und Kirchen aus der Jesuitenzeit konnten nicht darüber hinwegtäuschen, daß man sich in Ostasien befand.
Hand in Hand durchwanderten Cooper und Su-su die Straßen und Gassen, bis sie vor einem der Spielkasinos standen, die Macao einstmals zum Monte Carlo des Ostens gemacht hatten. Die große Zeit war jedoch dahin. Man spielte nicht mehr in pompösen, von Kristall-Lüstern erhellten Sälen, sondern in einfach verputzten Räumen, in denen sowohl Kulis als auch Millionäre, Zuhälter, Bankiers, Bauernmädchen, Dirnen, Angestellte und Taschendiebe ihre Spielleidenschaft abreagieren. Tag und Nacht wird dort ohne Unterbrechung ›Sic-chai‹ und ›Fan-tam‹ gespielt, wobei entweder die Augenzahl eines Wurfes mit drei Würfeln geschätzt werden muß oder anzusagen ist, wieviel weiße Chips unter einem umgestülpten Silberbecher liegen.
Das von Su-su und Gordon Cooper aufgesuchte Spielkasino war in der untersten Etage so überfüllt, daß es ihnen nicht gelang, auch nur einen einzigen Blick auf den mit grünem Filz überzogenen Spieltisch zu werfen. Dann aber entdeckte Cooper über dem Tisch ein großes Loch in der Decke, durch das an Bindfäden hängende kleine Körbchen herabgelassen und hochgezogen wurden. Da er nicht
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