Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Roter Lampion

Roter Lampion

Titel: Roter Lampion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. C. Bergius
Vom Netzwerk:
begriff, was das zu bedeuten hatte, begab er sich mit Su-su in die zweite Etage, wo es ihm jedoch ebenfalls nicht möglich war, sich durch die Menschen zu zwängen, die sich um eine die Deckenöffnung umgebende Balustrade drängten und gebannt in die Tiefe starrten. Da auch hier wieder die Decke zur nächst höheren Etage ein großes Loch aufwies, durch das weitere an Bindfäden hängende Bambuskörbchen hinauf und hinunter schwebten, stieg Cooper mit Su-su zur dritten Etage empor, in der es ihnen endlich gelang, einen Platz an der Brüstung zu erhalten. Was sie nun aber zu sehen bekamen, überraschte beide so sehr, daß sie hellauf lachten. Aus der Vogelperspektive erblickten sie den in der untersten Etage stehenden, von Menschenleibern umlagerten Spieltisch, auf dem gewürfelt wurde und hemdsärmelige Croupiers damit beschäftigt waren, umherliegende weiße Chips zu zählen. Aber nicht nur das Publikum der ersten Etage setzte seine Wetten, das taten auch die Besucher der zweiten und der dritten Etage, die ihre Einsätze mit Hilfe der an Fäden hängenden kleinen Körbchen leisteten. Schleierhaft blieb nur, wie man in dem unglaublichen Durcheinander eine Übersicht behalten konnte.
    »Daß es so etwas gibt, hätte ich nicht für möglich gehalten«, sagte Cooper lachend an Su-su gewandt, die mit glänzenden Augen auf den Spieltisch starrte.
    »Darf ich auch einmal setzen?« fragte sie ihn atemlos.
    Er sah sie verwundert an. »Ist das dein Ernst?«
    »Natürlich!« antwortete sie und machte kein Hehl daraus, daß die allen Völkern Ostasiens eigentümliche Spielleidenschaft auch in ihr schlummerte.
    »Gut«, erwiderte Cooper amüsiert, und er griff eben nach einem Bambuskörbchen, als er in der zweiten Etage jemand wiehernd lachen und »Hah, no problem, no problem!« rufen hörte.
    Wie von einer Tarantel gestochen zuckte Gordon Cooper zusammen. Das Lachen und die Stimme kannte er doch! Er blickte nach Junten und glaubte einer Halluzination zum Opfer gefallen zu sein: Lim Swee Long, den er des Mordanschlages auf Ivo Sorokin verdächtigte, stand an der Balustrade der zweiten Etage und entleerte gerade ein mit Geldscheinen bis oben hin gefülltes Körbchen. Ohne den Blick von dem Chinesen zu wenden, ergriff Cooper Su-sus Hand und zog sie dicht an sich heran. »Siehst du den zierlichen Mann dort, der das Geld aus dem Körbchen nimmt«, flüsterte er ihr zu.
    »Ja«, antwortete sie und schaute erwartungsvoll zu ihm hoch.
    »Jetzt kannst du mir entscheidend helfen«, raunte er ihr ins Ohr. »Geh hinunter und halte dich in der Nähe des Mannes auf, der wahrscheinlich bald aufbrechen wird, um seinen Gewinn in Sicherheit zu bringen. Folge ihm dann unauffällig, bis du weißt, wo er wohnt. Mich darf er nicht sehen, weil er mich kennt. Ich bleibe jedoch hinter dir und passe auf dich auf. Alles klar?«
    Su-su nickte.
    »Aber nicht unmittelbar hinter ihm hergehen!«
    »Du wirst mit mir zufrieden sein«, erwiderte Su-su selbstbewußt und verließ die Balustrade wie jemand, der die Lust am Zuschauen verloren hat.
    Gordon Cooper trat vorsorglich etwas zurück, um augenblicklich aus dem Blickfeld verschwinden zu können, wenn Lim Swee Long zufällig nach oben sehen sollte. Der Chinese zählte gerade das gewonnene Geld, als Su-su hinter den ihn umstehenden Männern und Frauen erschien, und es freute Cooper zu sehen, daß sie weder zu ihm hinauf schaute noch zu dem Gewinner hinüber blickte, sondern sich neben ein junges Mädchen stellte.
    Lim Swee Long stopfte sein Geld in die Hosentaschen und wandte sich um.
    Su-su bückte sich, als habe sie etwas verloren.
    Cooper lobte sie insgeheim, da er erkannte, daß es ihr nur darum ging, ihr Gesicht zu verbergen.
    Lim Swee Long verließ den Spielsaal.
    Gordon Cooper eilte zum Treppenhaus.
    Su-su folgte ihrem Landsmann erst, als dieser fast schon die unterste Etage erreicht hatte.
    Cooper bildete die Nachhut und überlegte, ob er es riskieren sollte, sich an einen Polizeibeamten zu wenden. Lim Swee Long konnte immerhin nachgewiesen werden, daß er sich gefälschter Papiere bedient hatte. Aber kam es in der Hochburg für Fälschungen aller Art nicht einer Beleidigung gleich, von einer läppischen ›Paßbeschaffung‹ zu sprechen? Cooper konnte im Augenblick nichts anderes tun, als den Wohnsitz des Verdächtigen zu ermitteln. Auf irgendeine Weise mußte er dann später versuchen, ihn nach Hongkong zu locken.
    Ein Fieber erfaßte Gordon Cooper, der zum erstenmal spürte, daß er nahe daran war,

Weitere Kostenlose Bücher