Roter Lampion
daß Sie mit Waffen handeln?«
»Ja. Stört Sie das?«
Cooper nahm sein Tuch von der Schulter. »Keineswegs. Der eine verkauft Walzwerkerzeugnisse, der andere fertigt Waffen daraus. Ich möchte nicht wissen, wieviel Arbeitslose es gäbe, wenn alle Rüstungsbetriebe plötzlich nicht mehr produzieren würden.«
»Da haben Sie recht«, erwiderte Ivo Sorokin zustimmend. »Es gibt aber viele Menschen, die den Waffenhandel als anrüchig betrachten.«
»Was ich verstehe«, bekannte Cooper offen. »Denken Sie nur an die Ihnen zugedachte Höllenmaschine.«
Sorokin entledigte sich eines scheußlich bunten Bademantels, den er in Dschibuti erstanden hatte. »Das ist wirklich ein wunder Punkt in unserer Branche. Immer wieder werden Waffenhändler umgebracht, und ich gebe zu, daß die Anschläge auf mich meinem Magen und meiner Galle nicht gerade gut bekommen sind.«
»Vergessen Sie die Leber nicht«, warf Cooper trocken ein.
Sorokin legte seinen Bademantel über die Reling. »Jetzt mal ganz ohne Scherz. Die Explosion hier an Bord hat in mir den Wunsch geweckt, etwas für meine Sicherheit zu tun. Ich bin nicht ängstlich, will aber auch nicht leichtsinnig sein, und ich richte deshalb die Frage an Sie: Hätten Sie Lust, mein Privatsekretär zu werden und so etwas wie eine kleine ›Hausmacht‹ zu organisieren?«
Gordon Cooper tat so, als schnappe er nach Luft. »Entschuldigen Sie, Mister Sorokin, aber Ihre Frage kommt reichlich überraschend für mich.«
»Ich erwarte nicht, daß Sie sie sogleich beantworten.«
Cooper strich sich über die Nase. »Um ehrlich zu sein, ich würde gerne in Ihre Dienste treten. Ich weiß nur nicht, ob meine Kenntnisse ausreichen.«
»Das lassen Sie meine Sorge sein!« erwiderte Sorokin lachend. »Zumal ich, und daraus will ich keinen Hehl machen, zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen möchte. Ich trage mich ernstlich mit dem Gedanken, mir ein Reiseflugzeug zu kaufen. Aller Voraussicht nach würden Sie also auch als Pilot in Aktion treten können.« Gordon Cooper vergaß die Rolle, die er zu spielen hatte. Seine Augen brannten plötzlich, und die Narbe auf seiner Wange wurde flammend rot. »Sir!« erklärte er, sich militärisch straffend. »Wenn eine solche Aussicht besteht, bin ich bereit, für Sie mit dem Teufel zu fechten. Fliegender Privatsekretär und Kommandant einer Leibgarde – das wäre der Job meines Lebens!«
»Dann sollten wir nicht zögern, konkrete Abmachungen zu treffen«, entgegnete Sorokin und verbarg die Erleichterung, die er empfand. »In Anbetracht der Hongkonger Verhältnisse biete ich Ihnen das Doppelte Ihres bisherigen Einkommens. Wären Sie damit einverstanden?«
»Gewiß«, antwortete Cooper und dachte frohlockend: Ich habe es geschafft! Er ist mir ins Netz gegangen.
»Ober die Honorierung Ihrer Tätigkeit als Pilot unterhalten wir uns, wenn es soweit ist«, fuhr Ivo Sorokin geschäftsmäßig fort. »Wohnen können Sie bei mir. In meinem Haus ist Platz genug. Ich wohne in Stanley. Dort ist das Klima besser als auf der Nordseite von Hongkong, und der Blick über die Tai Tarn Bay ist einmalig schön.«
Cooper wurde es unheimlich zumute. Ein Paradies tat sich vor ihm auf. Aber lief er nicht Gefahr, sich an ein verschwenderisches Leben zu gewöhnen, wenn er aus seiner bisherigen Welt heraustrat? Konnte er sich dann überhaupt noch objektiv bemühen, Sorokin zu überführen? Und woher sollte er, falls er belastende Dinge feststellte, die Kraft nehmen, sich selbst aus seinem Glück zu verbannen? Würde er Sorokin nicht gegebenenfalls um des eigenen Vorteiles willen decken? Er brauchte ja nur zu schweigen. Wenn es darauf ankam, lag es an ihm, darüber zu entscheiden, ob er das große Leben an der Seite eines Waffenhändlers oder ein kleines im Dienste des Secret Service führen wollte.
Blitzartig erkannte Cooper die Gefahr, die auf ihn zukam, und er war ehrlich genug, sich vor ihr zu fürchten. Er hatte aber auch den Mut, den Kampf mit sich selber aufzunehmen, und er schloß deshalb noch am selben Tage einen Vertrag ab, dessen Auswirkung auf sein Leben nicht zu übersehen war.
Der Indische Ozean, der sich acht Tage lang wie ein weiches Bett dargeboten hatte, das Entspannung und Ruhe bietet und traumhafte Freuden zu bringen vermag, gebärdete sich am neunten Fahrtag wie ein störrischer Esel. Aus dem Golf von Bengalen wehte ein verspäteter Nordost-Monsun, und über Sumatra, das in greifbare Nähe gerückt war, ballten sich gefährliche Gewitter, die in
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