Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Roter Staub

Roter Staub

Titel: Roter Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
Vom Netzwerk:
sich
südlich. Der purpurfarbene Himmel war von Horizont zu Horizont
durchkreuzt mit Strängen lebhaften Oranges, Risse in einem
Jetstream, die einen späten Sturm ankündigten. Noch zwei
Tage hin, sagte Guoquiang, aber Lee war nicht so zuversichtlich.
    Eisige Böen peitschten kniehohe Schauer von Staub schräg
über das hügelige Land. Hier und da ertönte über
das Heulen des Windes hinweg das ferne, jedoch entschiedene Bumm Bumm
Bumm von Friedenstauben. Lee, Guoquiang und Xiao Bing waren nicht die
einzigen, die nach dem zerschellten Raumschiff suchten, aber als die
drei Freunde die ersten Aluminiumstreifen fanden, war der
gelegentliche Lärm von fliegenden Maschinen nordwärts
verschwunden.
    Verknotete Bündel leuchtender Quasten hatten sich zwischen
Brocken roten Felses oder stacheligen Kakteen verfangen. Ihre
glitzernden Bänder wurden vom Wind hoch in die Luft geblasen. Es
waren Düppelstreifen, entworfen, die Sensoren
durcheinanderzubringen, welche die Röntgenlaser-Kanonen lenkten.
Je weiter südlich die Kader kamen, desto mehr Bänder gab
es. Es war wie eine Schleppe aus den alten Geschichten, sagte Xiao
Bing.
    »Die alten Geschichten gehören in die alte Welt«,
sagte Guoquiang. »Wir haben diese Welt gemacht, und wir
müssen dafür neue Geschichten machen. Denkt daran,
Bürger! Wir könnten sogar während unserer Fahrt eine
neue Geschichte machen. Niemand hat je eine intakte
Anarchisten-Drohne erwischt, nicht in all den Jahren seit der
Großen Neueinschätzung.«
    Das Land fiel ab. Es war schraffiert mit schmalen Spalten und
Hängen roten Schiefers, gesprenkelt mit Besenginster, trockenem
Riedgras und Feigenkaktus. Der Wind war stärker geworden, ein
beständiges Heulen, das Staub um die drei Männer und das
Bact herumwirbelte.
    Lee streifte sich die Schutzbrille über und befestigte sein
rotes Taschentuch über Nase und Mund. Die Sonne über ihnen
hatte in dem wehenden Staub einen körnigen Schimmer angenommen,
dämmrig wie am Abend. Staub drang durch die
Reißverschlüsse von Lees Stiefeln und Kleidung und mischte
sich mit seinem Schweiß zu einem körnigen Schmier, der
sich ungemütlich unter den Achselhöhlen und im Schritt
ausbreitete. Xiao Bing taumelte hinter ihnen her, seine Gestalt war
halb verdeckt von einem roten Schleier, und er murmelte: »Ich
erinnere mich nicht daran. Ich erinnere mich nicht daran.«
    Es war nicht das Zentrum des Sturms, lediglich ein kleinerer
Wirbel, der vor seinem führenden Rand herumsprang wie ein Kind,
das vor seinen Eltern herlief. Dennoch wurde er so schlimm, daß
die drei die Suche schon aufgeben wollten, als sie plötzlich den
Fallschirm entdeckten.
    Guoquiang sah ihn als erster; Lee und Xiao Bing gingen gegen den
Wind gebeugt, die Köpfe nach unten. Ihr Anführer
stieß einen Jubelschrei aus, und als sie aufsahen, wies er
dramatisch dorthin, wo etwas Weißes ein Stück vor ihnen
sich im Dunkeln hob und senkte.
    Es war der Bremsfallschirm des Anarchisten-Schiffs, der sich um
eine Steinspitze verfangen hatte: ein Banner feinen weißen
saumlosen Zeugs, das dünner war als hochwertige Seide, jedoch so
zäh, daß nichts, das sie hatten, es zerschneiden
würde, nicht einmal Guoquiangs Messer mit der breiten Klinge.
Xiao Bing inhalierte aus seinem Röhrchen und ging immer wieder
darum herum. Er hätte leicht den größten Zuchtteich
in den Hütten zum Fäkalien-Recyclen bedecken können,
aber als er zusammengefaltet war (was im Wind nicht leicht fiel), war
er kleiner als zusammengerolltes Bettzeug.
    Sie machten sich wieder auf den Weg, rasch jetzt. Guoquiang hatte
seine Pistole gezogen und Xiao Bing sein Jagdgewehr gegeben. Lee
schätzte, daß er Felsen als Waffen gegen die Ku li benutzen oder das Bact auf sie hetzen müßte. Furcht
war ein leises Zittern, das er nicht ganz unterdrücken konnte,
gemischt mit wachsender Aufregung, der Nervenkitzel der Jagd, den
sogar das Bact mitbekommen zu haben schien – es stapfte in einem
unwürdigen Trab hinter Lee einher, als er und die anderen einen
Satz machten und durch die wehenden Vorhänge roten Staubs liefen
und einen steilen Hang hinaufeilten, der an seinem Kamm einen
geschwärzten Einschnitt aufwies.
    Ein unkultiviertes, tiefes Gehölz erstreckte sich den sanften
rückwärtigen Hang hinab und verschwand in dem roten
Schleier. In dem Nebel dort unten bewegten sich langsam und
schwerfällig Gestalten, wie Karpfen in einem Zuchtteich.
    Guoquiang zwang die anderen dazu, sich hinzulegen. Die Gestalten
waren die Pferde der Ku

Weitere Kostenlose Bücher