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Roter Staub

Roter Staub

Titel: Roter Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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hätte laufen können. Wenn er nicht von
Guoquiangs Ku li-Reitern aufgelesen worden war – dann
jedoch hätten sie das Raumschiff in die Luft gejagt, den Beweis
zerstört. Er hockte sich in die Nähe des Raumschiffs, den
Rücken gegen einen Findling am Fuß des Ausbisses,
außerhalb des schlimmsten wehenden Staubs. Besseren Schutz
gäbe es natürlich innendrin, aber er getraute sich nicht,
einen Fuß in das Cockpit zu setzen.
    Denke wie ein Anarchist.
    Du bist verwundet, in feindlichem Territorium abgestürzt. Du
mußt dich verstecken, aber du kannst nicht zu weit weggehen,
weil einer deiner Freunde dich vielleicht sucht.
    Es überkam ihn auf die jähe Weise, wie es bei Logik auf
Umwegen stets der Fall ist, und er war sich dermaßen sicher,
recht zu haben, daß er fast auf der Stelle losgegangen
wäre, den Piloten zu suchen. Aber er hatte vor langer Zeit die
Tugend der Geduld erlernt, und er hockte sich nieder und wartete auf
die Rückkehr der anderen.
    Schließlich stolperte Xiao Bing durch die wehenden
Vorhänge von Staub und warf sich neben Lee nieder. »Wir
hatten auch kein Glück«, sagte er.
    Wenige Minuten später traf Guoquiang ein. Er zog sich das
Tuch vom Gesicht und spie rostroten Schleim aus. Er sagte:
»Wenigstens haben wir gesucht. Ich sehe, deine Hingabe ist
unbeirrbar, Wei Lee.«
    »Aber, Guoquiang, ich brauche nicht zu suchen. Ich
weiß, wo sich der Pilot versteckt.« Lee deutete in die
Richtung, und Guoquiang blickte auf die herabgestürzten Felsen,
die eine rohe Treppe zur Seite des Ausbisses hinauf bildeten. Und
dann lachte er.
     
    Die Spitze des Ausbisses fiel ab wie ein schräges Dach, war
durchlöchert mit Erosionstrichtern und in der Mitte von einem
tiefen schmalen Spalt zersplittert. Wind heulte um die drei, als sie
dieses Labyrinth durchstreiften; Staub glitt um sie herum wie
Schlangen.
    Es war Xiao Bing, der die Anarchistin fand. Sie lag in dem
gekrümmten Schutz des Ausbisses, die schlanke Gestalt zu einem
Ball, wie ein Fötus, zusammengerollt, und sie steckte in einer
keilförmigen Hülle klarer Paste. Ihr ganzer Körper war
bedeckt von einem silbrigen Film, und über den runden und
überraschend blauen Augen lag ein durchsichtiger Streifen. Sie
starrte durch die Paste zu den drei Kadern auf, und Lee hatte eine
blitzartige Vorstellung dessen, was sie sah: drei unergründlich
maskierte Gesichter, die über eine Felskante spähten.
    Guoquiang kniete nieder und streckte die Hand aus, um die Paste zu
berühren. Sie hatte eine Art Haut, die sich unter seinen Fingern
kräuselte, dann nachgab, als er stärker drückte. Er
fing an, Händevoll von dem Zeug aufzusammeln, und Xiao Bing
schloß sich ihm an. Die Pilotin rührte sich. Ihr Mund
arbeitete anscheinend unter dem silbrigen Film.
    Lee wurde von einer jähen Ahnung getroffen. Er sagte:
»Ich glaube, wir sollten das nicht tun.«
    Guoquiang beachtete ihn nicht. Er kratzte Paste vom Gesicht der
Pilotin, zog daraufhin die Pistole und wies Xiao Bing an, den Film
abzuziehen.
    »Vielleicht ist es besser, wenn wir Hilfe holen«, sagte
Xiao Bing unsicher.
    »Er hat recht«, sagte Wei Lee.
    »Meint ihr etwa, irgend jemand wird uns in diesem Sturm
finden? Der Funk wird bereits k.o. sein. Tu’s einfach,
Bing!«
    Xiao Bing tat es. Die Pilotin keuchte und fing dann zu würgen
an. Guoquiang sprang in den Felsspalt hinter ihr, knietief in Paste,
zog sie in eine sitzende Stellung, setzte die beiden Fäuste in
das V unterhalb ihres Brustkorbs und ruckte.
    Die Pilotin hustete etwa einen Liter einer weißen
Flüssigkeit aus und tat einen zittrigen Atemzug. Ihr Gesicht war
leuchtend schwarz, und sie schnaubte eine Blase roten Bluts aus einem
Nasenloch. Sie hatte keine Zähne, sondern nahtlose Leisten aus
weißem Plastik.
    Lee dachte, daß er sie zuvor schon gesehen hätte,
konnte sich jedoch nicht daran erinnern, wo. Sie erwiderte Lees
Blick, und als sie sprach, war es so unglaubhaft, daß Lee
zunächst die Bedeutung der Worte nicht registrierte. Denn sie
hatte in der Umgangssprache gesprochen, ein schwaches, ausfaserndes
Geflüster, fast verloren im Heulen des Winds.
    »Also hast du mich gefunden.«
    Lee fiel am Rand des Spaltes auf die Knie und beugte sich nahe zu
ihr hinüber, sie aber sackte jäh gegen Guoquiang, der
triumphierend rief: »Siehst du, Wei Lee, es ist
schließlich meine Geschichte!«
    »Unsere Geschichte, hoffe ich«, sagte Xiao Bing.
    »Natürlich! Wir müssen sie hinunterbringen. Das
Bact wird sie tragen.«
    »Es ist vielleicht wirklich

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