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Rotes Meer

Rotes Meer

Titel: Rotes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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älter als Nasrin zu sein. Die beiden hatten sich kurz zugenickt, Parwin und Nasrin. Winter bekam den Eindruck, dass sie einander kannten, aber nicht näher, eher flüchtig: In der Begrüßung war kein freundliches Wiedererkennen gewesen. Aber vielleicht ging es auch um die Konvention, den Respekt vor der Trauer, die immer noch in dieser Wohnung kauerte wie ein schwarzer Vogel, der nicht mehr fliegen kann.
    Auf dem Tisch standen Tee und Kekse. Winter nahm einen Schluck von dem süßen Tee und biss in einen knusprigen Butterteigkeks, der mit Sesam bestreut war.
    »Sesamkekse«, sagte Nasrin.
    In ihrem Gesicht lag etwas wie Ironie, ein bestimmter Ausdruck in den Augen. Als müsste sie das Selbstverständliche erklären. Als könnte Winter das Selbstverständliche nicht erkennen.
    Sie wies mit dem Kopf zu dem Keksteller, der auf dem Tisch zwischen ihnen stand.
    »Gefüllte Walnussbällchen.« Wieder zeigte sie mit dem Kopf, diesmal auf einige gefüllte Walnussbällchen, ein Bällchen, gefüllt mit einem Bällchen. Winter dachte an den Jungen und seinen Tennisball. Er war weg. Er würde sich nicht finden lassen. Vielleicht gab es ihn gar nicht, nicht auf die Art, wie Winter wünschte, dass es ihn gab.
    Ganz plötzlich hatte er beschlossen, hierher zu fahren, zu der hellen, leeren Wohnung in Hammarkullen, wo der Rest der Familie Aziz lebte.
    Sirwa, die kleine Schwester, war nicht da. Azad, der kleine Bruder, ging, als Winter kam. Der Junge nickte nur kurz und war weg.
    Winter legte seinen Sesamkeks auf den Teller.
    Ediba Aziz sagte etwas.
    »Sie fragt, ob Sie den Keks nicht mögen«, übersetzte Parwin.
    »Er schmeckt sehr gut«, sagte Winter.
    Nasrin lachte auf. Es klang nicht wie ein Lachen.
    »Lügen Sie nicht«, sagte sie. »Polizisten dürfen nicht lügen.«
    »Ich lüge nicht.« Winter nahm den Keks und steckte ihn sich ganz in den Mund.
    »Haben Sie so was schon mal gegessen?«
    Er kaute und schluckte den Keks hinunter.
    »Ja, viele Male. Ich mag Süßes.«
    »Das glaube ich Ihnen nicht.«
    »Und wie ist es mit Ihnen, Nasrin?«
    »Wieso?«
    »Mögen Sie Süßes?«
    »Nein.« Sie schüttelte den Kopf, dass die dicken Haare flogen. Sie hatte ihre Frisur verändert, seit Winter sie das letzte Mal gesehen hatte. Wann war das gewesen? Er hatte das Gefühl, als wäre es eine Woche her. »Ich mag lieber Saures.«
    »Zitronen?«, fragte Winter.
    »Warum sind Sie gekommen? Um mich nach Zitronen zu fragen?«
    Sie stand auf und verließ das Zimmer.
    Ihre Mutter sagte etwas.
    »Sie ist wütend«, übersetzte Parwin. »Nasrin ist wütend.« Winter nickte.
    Ediba sagte wieder etwas: »Sie geht fast nie mehr hinaus. Sie sitzt nur noch in ihrem Zimmer.«
    »Entschuldigen Sie bitte.« Winter erhob sich. »Darf ich mich dort mit ihr unterhalten?«
    Ediba nickte.

    Nasrin antwortete nach dem zweiten Anklopfen.
    Winter öffnete die Tür.
    »Lassen Sie mich in Ruhe«, sagte Nasrin.
    »Ich muss mit Ihnen reden.« Er machte einige Schritte ins Zimmer. Sie saß auf dem Bett. Darüber hing ein Plakat, auf dem ein Dorf abgebildet war. Winter erkannte die Berge.
    »Sie hätten sich draußen mit mir unterhalten können.«
    »Sie sind doch weggegangen.«
    »Wenn Sie weiter über Kekse und Zitronen reden wollen, können Sie gleich wieder gehen.«
    »Damit haben Sie angefangen.«
    »Was ist das für ein kindisches Gefasel?«, sagte Nasrin.
    »Darf ich mich setzen?«
    »Aber nicht aufs Bett.«
    Im Zimmer war Musik. Es war Musik aus der Heimat. Die Stimme des Sängers klang jünger als Naser Razzazis Stimme. Die Musik klang jünger.
    »Wer ist das?«, fragte Winter.
    »Sie interessieren sich wohl für alles«, sagte Nasrin. »Sind Sie immer so neugierig?«
    »Ich interessiere mich für Musik.«
    »Ich hab Ihnen schon mal gesagt, wer das ist. Haben Sie das vergessen?«
    »Nein.«
    Sie streckte sich nach etwas auf dem Bett und warf Winter plötzlich einen Gegenstand zu. Er fing ihn im Flug auf. Es pikste in seiner Handfläche.
    »Bravo!«
    Er las den Namen auf dem CD -Cover. »Zakaria.«
    »Er ist zurückgegangen.«
    »Zurückgegangen?«
    »Er hat in Schweden gelebt, ist aber zurück nach Kurdistan gegangen.« Sie zeigte mit dem Kopf auf etwas hinter Winter. Er drehte sich um. An der Wand hing eine Landkarte.
    »Kurdistan?«
    »Was glauben Sie?«
    »Ich dachte tatsächlich, es sei Kurdistan.« Er lächelte.
    »Richtig! So sähe es aus. Wenn es Kurdistan gäbe. Wenn es mein Land gäbe.«
    Das Land hatte eine Form wie Italien ohne Schuhspitze. Ein

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