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Rotes Meer

Rotes Meer

Titel: Rotes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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erklären, warum es so lange gedauert hat, aber für ihn war das vielleicht gar nicht so lange. In der Situation.«
    »Nein.«
    »Irgendwas ist mit dem Kerl, womöglich ist er auch nur ganz allgemein ein undurchsichtiger Typ.«
    »Ja.«
    »Mensch, bist du mundfaul.«
    »Ja.«
    »Okay, dann fahr ich fort mit meinem Monolog. Das Auto war gestohlen. Heden. Wo sonst?«
    »Mhm.«
    »Was ist los, Erik?«
    »Ich hab bloß Kopfschmerzen. Mach weiter.«
    »Der nächtliche Orientierungsläufer hatte auch nichts Neues zu sagen. Er ist durch die Gegend geflitzt und in eine Leiche gerannt.«
    »Gar nichts?«
    »Sieh mal einer an, ein Lebenszeichen.«
    »Irgendwelche Geräusche?«
    »Nein.«
    »Okay.«
    »Aber Torsten hat eine Neuigkeit. Das Beste hab ich mir bis zum Schluss aufgehoben.«
    »Ja.«
    »Da draußen war Blut von noch einer anderen Person.«
    »Draußen? Meinst du im Wald?«
    »Ich meine den Wald. Hama Alis letzter Aufenthaltsort in seinem Leben. Es war sein Blut, aber da war auch noch Blut von jemand anderem.«
    »Wo?«
    »An der Stelle, wo er lag.«
    »Gut. Torsten hat die Antwort so schnell gefunden, wie wir gehofft haben. Aber wenn sie etwas in der Verbrecherkartei gefunden hätten, dann hättest du es schon gesagt.«
    »Nein, es gab kein Vergleichsprofil.«
    »Hat sich der Mörder vielleicht geschnitten?«
    »Ein weiteres Opfer«, sagte Halders. »Ein weiteres geplantes Opfer.«
    »Wir brauchen nicht noch mehr Opfer.«
    »Nun tu was gegen dein Schädelbrummen.«

    Angela hatte Pilze zur Pasta gebraten. Er erkannte einige Trichtergelblinge des vergangenen Herbstes. Elsa schob sie an den Tellerrand.
    »Können wir nicht baden fahren, Papa?«
    »Wenn wir mit dem Essen fertig sind.«

    Wasser und Luft waren gleich warm. Elsa und Lilly bauten eine Burg und Höhlen am Strand. Dieser Strand gehörte Familie Hoffmann-Winter, aber es gab noch kein Haus. Vielleicht im nächsten Jahr oder im übernächsten und so weiter. Winter schloss die Augen. Er sah rot und schwarz. Über dem Auge zuckte ein Stechen, aber nur für einen Moment. Wenn es bis übermorgen nicht verschwunden war, würde er die Ärztin konsultieren.
    »Und wie sieht der Rest des Tages aus?«, fragte Angela.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Bald wird wohl wieder das Handy klingeln.«
    »Und das wird vielleicht das letzte Mal sein für diesmal«, sagte Winter mit geschlossenen Augen.
    »Du siehst müde aus, Erik. Ich sag es nicht gern, ich möchte so was nicht sagen, das weißt du, aber du siehst richtig fertig aus.«
    In dem Augenblick klingelte das Handy. Das war die moderne Welt.

33
    I ch erinnere mich daran, wie alle aus dem Klassenzimmer rannten und sich auf dem Schulhof versammelten. Wir standen da wie eine Herde kleiner Ziegen, die wissen, dass etwas Schreckliches passieren wird. Daran erinnere ich mich. Es war ein besonderes Mal, ich sage besonders, weil es ein schöner Abend war und wir abends Schule hatten. Am Tag war es zu warm gewesen. Oder es hatte einen anderen Grund gegeben. Vielleicht war Krieg. Daran erinnere ich mich nicht genau. Aber ich weiß noch, wie wir da standen, alles war rot, wirklich alles, die Berge, der Himmel, die Erde, der Sand, die Häuser und wir. Wir waren auch ganz rot, das musste von der Sonne kommen.
    Solche Erinnerungen haben Sie nicht, denn so was gibt es in Ihrem Land nicht. Natürlich gibt es Schulen, aber die sind paradiesisch, selbst wenn sie schlecht sind. Wenn man nichts lernt, na und? Man sagt doch na und? Was hat man schon davon, wenn man was lernt? Was soll man später damit anfangen? Sie brauchen nicht zu antworten, denn es gibt keine Antwort. Für mich jedenfalls nicht.
    Kann man aufgeben? Darum geht es vermutlich nicht. Das wäre zu einfach. Es sind andere Dinge. Ich habe versucht zu erzählen, wie es war und wie es wurde, nein, nicht wie es wurde, noch nicht, aber dazu komme ich noch. Obwohl ich an dem Punkt eigentlich gar nicht ankommen möchte, und das ist ja nicht verwunderlich, oder?
    Ich würde gern noch einmal auf diesem Schulhof stehen. Diesem roten Schulhof. Ist das zu viel verlangt? Ja, ich weiß, dass es unmöglich ist, trotzdem möchte ich davon träumen, träumen im Wachen. Ich will nicht wach sein. Wach und am Leben zu sein bis ans Ende des Lebens ist schlimmer als der Tod. Verstehen Sie das? Sie können Ihr Leben leben, aber von meinem ist nichts übrig. Es gibt nichts mehr. Ich kann nicht behaupten, ich hätte nicht gewusst, dass es vorbei ist, wenn ich … wenn ich … aber das wissen Sie

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