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Rotes Meer

Rotes Meer

Titel: Rotes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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ganze Menge schaffen«, sagte Ringmar.
    »Was zum Beispiel?«
    Ringmar zeigte auf die Dokumente und Fotos, die vor ihm auf dem Schreibtisch lagen.
    »Dieses Puzzle.«
    »Ist das ein Puzzle?«
    »Wie sollte man es sonst nennen?«
    »Ich weiß es nicht, Bertil, einen Massenmord.«
    »Plus einen weiteren. Die Frau in Rannebergen.«
    »Werden es noch mehr?«
    »Wenn man all die unbekannten Faktoren berücksichtigt … möglich ist es.«
    »Warum?«
    »Weil wir in diesem Fall keine Informationen bekommen.«
    »Und warum bekommen wir keine?«
    »Alle, die in irgendeiner Form in die Sache verwickelt sind, haben Angst.«
    »Warum haben sie Angst?«
    »Weil sie etwas wissen.«
    »Was wissen sie?«
    »Das wüssten wir auch gern.«
    »Vielleicht ist es genau umgekehrt«, sagte Winter.
    »Wie meinst du das?«
    »Sie haben Angst, weil sie nichts wissen.«
    Ringmar antwortete nicht. Sie hatten viele Jahre zusammengearbeitet, und wenn sie ihren Gedanken freien Lauf ließen, pflegten sie auf die eine oder andere Weise zu Resultaten zu kommen. Irgendwo zwischen diesen schnell ausgetauschten Wörtern und Gedanken gab es Antworten auf größere Fragen, vielleicht zu Beginn der Geschichte oder mittendrin, oder am Schluss. Etwas kam hoch, kam heraus, und das führte sie dann weiter. Gemäß alter überholter Polizeitradition wurden diese sprühenden Gespräche nicht schriftlich dokumentiert, das wäre unmöglich, aber was von Wert war, blieb in der Erinnerung hängen, und vielleicht würden sie auch heute etwas finden. Es konnte aber auch nur eine sinnlose Zeitverschwendung sein, denn sie hatten genügend anderes, an das sie denken mussten, zum Beispiel an das Mittsommerfest.
    »Das Ereignis hat die Nachbarschaft offensichtlich erschüttert«, sagte Ringmar.
    »Es handelt sich um eine große Nachbarschaft.«
    »Die ist jedenfalls erschüttert.«
    »Alle?«
    »Mehr oder minder, wenn man den Bezirkspolizisten glauben darf. Ich hab übrigens eben mit Sivertsson gesprochen.« Ringmar deutete mit dem Kopf aufs Telefon, als wollte er zeigen, wie er mit dem Chef der Bezirkspolizei von Angered kommuniziert hatte.
    »Was hat er gesagt?«
    »Dass die Leute da oben erschüttert sind. Die Gangs sind beunruhigt. Die sind daran gewöhnt, etwas zu wissen, und jetzt wissen sie nicht besonders viel, wenn sie überhaupt was wissen. Wenn wir Glück haben, löst das einen Bürgerkrieg aus, wie er sich ausdrückte.«
    »Wirklich?«
    »Holger hat Humor. Ich glaube, er meinte so was im Stil von survival of the fittest . Dann bleiben nicht mehr viele übrig, die wir einbuchten können.«
    »Aber es werden die stärksten sein.«
    »Das stimmt.«
    »An Darwin kommen wir wohl nicht vorbei«, sagte Winter.
    »Läuft nicht alles darauf hinaus, Erik?«
    »Hat er was von Brors Informanten gesagt?«
    »Er wusste nichts und verwies auf Bror. Auf die Weise arbeiten sie ja.«
    »Bror wollte mich anrufen, er hätte längst von sich hören lassen müssen.«
    »Wahrscheinlich bedeutet es, dass seine Quelle immer noch verschwunden ist.«
    »Wir haben einen verschwundenen Mörder und wir haben einen verschwundenen Informanten.«
    »Und wenn es sich um dieselbe Person handelt?«
    »Nein. So voller Geheimnisse kann nicht mal Bror sein.«
    »Vielleicht weiß er es nicht? Womöglich weiß er gar nicht alles über diese Quelle. Ausschlaggebend ist doch wohl, was der Betreffende zu sagen hatte.« Ringmar erhob sich.
    »Hast du ihn das gefragt?«
    »Kann er genauso gut denken wie wir?«
    »Wie du, Bertil. Genauso gut wie du.«
    Winter lächelte. Es war ein gutes Gefühl, zu lächeln. Seine Gesichtshaut straffte sich, als wäre sie nicht bereit zu einem Lächeln. Die vergangenen Tage waren angespannt gewesen. Er hatte das Gefühl, als hätte er in dieser Woche überhaupt nicht geschlafen. Wochenlang ein Arbeitstag von siebzehn, achtzehn Stunden, so war das nun mal in diesem Job. Wer etwas anderes behauptete, wer behauptete, Polizisten legten ihren Job ab, sobald sie das Büro verließen, der sollte zum Teufel gehen. Herr im Himmel, er war so selten im Büro! Sein Büro war auf der Straße, in den Wohnungen Unschuldiger und in den Wohnungen Schuldiger, im Leichenschauhaus, im Obduktionssaal, auf Feldern und in Seen, in den Gräben und Wäldern, in Mietshäusern und Villen und auf den Schnellstraßen, am Meer und auf dem Gipfel des Berges. Sein Büro war überall.
    »Ich hab mit Sivertsson noch über etwas anderes gesprochen«, sagte Ringmar. »Oder er mit mir.«
    »Das ist okay,

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