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Rotes Meer

Rotes Meer

Titel: Rotes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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solange du weißt, dass ihr miteinander gesprochen habt. Worum ging es?«
    »Prostitution.«
    »Prostitution?«
    »Ja, oder Menschenhandel. Prostitution, Menschenhandel sind ja über die ganze Stadt verbreitet. Und es ist verdammt schwer, da ranzukommen, wie du weißt.«
    »Da oben im Norden soll es Menschenhandel geben?«
    »Sie haben versucht, einen Ring hochgehen zu lassen, aber das ist schwer. Die Mädchen werden von Wohnung zu Wohnung gebracht, die wechseln dauernd.«
    »Wissen sie, wer hinter diesem Ring steckt?«
    »Sie meinen, es zu wissen.«
    »Was soll das bedeuten?«
    »Offenbar hat es das auch andernorts gegeben oder an mehreren anderen Orten. Er konnte noch nicht viel sagen, aber einer aus einer Jugendgruppe hatte etwas aufgeschnappt über Mädchen, die ausgenutzt werden. Sehr junge Mädchen. Schulmädchen.«
    »Schulmädchen? Wie alt?«
    »Das wusste er nicht.«
    »Von draußen? Werden die von außerhalb eingeschmuggelt?«
    »Auch das wusste er nicht.«
    »Was wusste er überhaupt?«
    »Bisher ist es wohl mehr ein Gerücht. Solche Gerüchte tauchen ständig auf, wie er sagte. Nicht zuletzt, wenn es um Prostitution geht. Der Unterschied besteht jetzt darin, dass sie dieser Sache kein Gesicht geben können.«
    »Hat er sich so ausgedrückt? Hat er diese Worte benutzt? Der Sache ein Gesicht geben?«
    »Ja …«
    Winter schüttelte den Kopf. »Wie gehen sie weiter vor?«
    »Darüber wollte er nachdenken und versuchen, mehr rauszukriegen.«
    »Aber hier handelt es sich um etwas anderes als diesen Zuhälterring, nach dem sie gefahndet haben?«
    »Offenbar.«
    »Nationalität?«
    »Der Ring? Ich glaube, er hat Albaner gesagt. Und Balten.«
    »Albaner und Balten? Das sind zwei weit auseinanderliegende Pole in Europa. Was für ein Zusammenschluss! Der ist ja größer als der der EU .«
    »Kriminelle sind häufig einen kleinen Schritt voraus«, sagte Ringmar.
    »Haben wir es also mit etwas anderem als dem bekannten Pöbel zu tun?«
    »Vielleicht.«
    »Woher hat er den Tipp?«
    »Von einer Quelle, glaube ich.«
    »Diese verdammten Quellen. Ich will Genaueres als dauernd diese vielleicht von lauter Unsichtbaren.«
    »Mhm.«
    »Aber wir müssen uns das ansehen. Wir müssen nachhaken.«
    »Ja.«
    »Was meinst du, wen sollen wir fragen?«
    »Ich würde mir gern Hussein Hussein vorknöpfen«, antwortete Ringmar. »Es gibt eine Menge, was ich ihn gern fragen würde.«

    In seinem Büro roch es ungelüftet, wie es nun einmal riecht, wenn ein Raum selten benutzt wird. Vor einigen Jahren hatte er beschlossen, so wenig Zeit wie möglich darin zu verbringen, um den deprimierenden Ausblick auf den Fluss zu vermeiden. Er war nicht gezwungen, sich hier aufzuhalten. Die Menschen, mit denen er reden musste, waren woanders, dort, wo sie hingehörten, wo sie sich sicher fühlten, oder unsicher. Manchmal führte er ein Verhör in diesem Raum oder ein Gespräch, wenn man es so nennen wollte, aber in den meisten Fällen konnte er irgendwo arbeiten. Auf diese Weise führte er ein Leben wie ein Freiberufler. Zu Hause konnte er konzentrierter lesen als im Büro, jedenfalls nachts, wenn es still war. Er hatte auch eine Außenstelle in einer Bar am Kungstorget eingerichtet, dort konnte er gut denken. Auch in den Bars an der Costa del Sol hatte er gut denken können, aber das waren andere Gedanken gewesen als die, die er hier oben im Norden denken musste. Im Augenblick war ihm entfallen, woran er in der Sonne gedacht hatte, aber es waren gute Gedanken gewesen, heilende, lindernde Gedanken. An dem, worüber er jetzt nachdenken musste, war nichts Linderndes, außer möglicherweise für Angehörige, auf lange Sicht, jene, die weiterlebten, wenn er die Täter gefasst hatte. Ihm war bewusst, dass er ihnen nie viel Trost bringen konnte, wie scharf er auch dachte.
    Winter öffnete das Fenster und atmete die gute Luft ein. Die Aussicht war scheiße, aber die Luft war gut. Hier im Schatten war sie mild und sanft, es war ein perfekter Tag. Auf der anderen Seite des Flusses ratterte eine Straßenbahn auf dem Weg nach Norden vorbei. Winter sah niemanden im Wageninnern. Alle, die in die nördlichen Stadtteile wollten, waren schon dort.
    Er stellte den CD -Player an, ohne eine Ahnung zu haben, an welcher Stelle er ihn beim letzten Mal ausgeschaltet hatte. Es musste eine Woche her sein, vielleicht auch ein halbes Jahr. Es war John Coltrane, was für eine Überraschung, eine seltene Aufnahme mit einem Sänger, Johnny Hartmann, einem der besten und am

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