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Rotes Meer

Rotes Meer

Titel: Rotes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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Schreckliches, gar nichts. Man hat nur wenige Sekunden Zeit.

31
    A lan, oh, Alan. Du schaust hinaus und siehst alles und nichts. Da hinten liegt Storås. Hier ist die Industrigatan. Bald biegen wir nach links in den Gråbovägen ein und dann weiter in den Bergsjövägen. Wir sind unterwegs.
    »Kennen Sie sich hier aus?«, fragte Winter.
    »Wie … wie meinen Sie das?«
    Bisher hatte Winter den Anlass für die Fahrt noch nicht erklärt. Er hatte nur gesagt, dass sie sich etwas anschauen wollten. Alan Darwish hatte ängstlich ausgesehen, aber er wirkte eigentlich immer ängstlich. Manche Menschen sahen eben so aus. Sie brauchten gar nichts verbrochen zu haben. Oder über eine Information zu verfügen, die sie hätten weitergeben müssen. Mal sehen.
    »Sie sind heute schon einmal hier vorbeigefahren.«
    »Ich … ich verstehe nicht.«
    »Wir verstehen es auch nicht, Alan. Jedenfalls noch nicht.«
    Winter bog nach Bergsjön ab. Alan starrte aus dem Fenster. Er saß neben Winter auf dem Beifahrersitz, Ringmar auf dem Rücksitz. Winter fing seinen ruhigen Blick im Rückspiegel auf. Der Blick war so ruhig, dass man meinen konnte, Ringmar würde im nächsten Moment einschlafen. Vielleicht bereitete er sich aber auch nur auf das vor, was kommen würde.
    »Sie haben in einem Taxi gesessen, das hier vor etwa zwei Stunden entlanggefahren ist«, fuhr Winter fort.
    »Woher wissen Sie das?«
    »Wir haben natürlich den Taxifahrer gefragt.«
    Alan schwieg. Winter bog auf den Rymdtorget ein.
    »Hat er Recht?« Winter parkte an der üblichen Stelle. Er war mittlerweile ein treuer Besucher des Platzes, hier war er jetzt zu Hause. Alles war vertraut auf die Art, wie etwas vertraut wird, wenn man einen Ort mehr als zweimal aufgesucht hat. Alles schrumpft, Häuser, Straßen, Kirchen, Ärztezentralen, Bezirksämter, Kneipen.
    Winter stellte den Motor ab. Sie blieben im Auto sitzen. Eine junge Familie überquerte den Parkplatz. Der Mann schob einen Kinderwagen. Die Frau hielt ein kleines Mädchen an der Hand. Das Mädchen hüpfte bei jedem zweiten Schritt. Es trug ein rotes Kleid. Alan blickte ihnen nach. Der Mann bemerkte sie und ging schneller. Die Frau und das Mädchen blieben ein Stück zurück. Jetzt hüpfte das Kind bei jedem Schritt. Die Frau sagte etwas, das Winter nicht verstehen konnte. Der Mann winkte ihnen: beeilt euch. Er trug einen dunklen Anzug, der im Sonnenschein warm sein musste, seinen Sonntagsanzug.
    »Was wollen wir hier?«, fragte Alan.
    Die Familie war verschwunden.
    »Hat der Taxifahrer Recht?«, wiederholte Winter.
    »Womit?«
    »Verdammt noch mal, stellen Sie sich nicht dumm, Alan! Beantworten Sie meine Frage. Das ist nicht schwer.«
    Winters Kopfschmerzen hatten während der Autofahrt nachgelassen, aber jetzt flammten sie wieder auf. Das kam vielleicht vom Fluchen. Dem Körper tat Fluchen nicht gut, so sollte man nicht reden. Das wusste jedes Kind. Aber Alan war zusammengezuckt. Vielleicht drückten Kraftausdrücke hin und wieder Kraft aus.
    »Wenn Sie … es schon wissen, brauchen Sie doch nicht zu fragen.« Alan hielt weiter Ausschau nach der verschwundenen Familie, die kurdischer, arabischer, persischer Herkunft sein mochte. Winter konnte den Unterschied nicht erkennen.
    »Warum haben Sie diese Taxifahrt unternommen?«
    Alan antwortete nicht.
    Winter wiederholte seine Frage. Der Schmerz über seinem Auge kam und ging. Er musste hier raus und öffnete die Tür, er brauchte Luft.
    »Warum sollte ich nicht Taxi fahren?«, sagte Alan. »Ich … kann doch fahren, wohin ich will.«
    »Klar, und deswegen gibt es auch keinen Grund, ein Geheimnis daraus zu machen, oder?«
    »Was ist für Sie daran interessant zu wissen, warum ich mit dem Taxi gefahren bin?«
    »Ich weiß es nicht. Deswegen fragen wir ja.«
    Ringmar auf dem Rücksitz räusperte sich.
    »Wollen wir erst mal festhalten, dass Sie mit dem Taxi gefahren sind, Alan?«, fragte er.
    »Sie wissen es ja schon. Darauf brauche ich nicht zu antworten.«
    »Wir möchten, dass Sie es uns sagen«, sagte Winter.
    »Ja, ja, verdammt noch mal, ich bin mit dem Taxi gefahren.«
    »Warum?«
    »Weil … weil …« Alan beendete den Satz nicht.
    »Weil er Sie darum gebeten hat?«, fragte Winter. Alan antwortete nicht.
    »Weil er Sie gebeten hat mitzufahren?«
    »Sie wissen ja alles, also ist es überflüssig zu antworten.«
    »Warum wollte Mozaffar Kerim, dass Sie mit ihm fahren?« Alan schien etwas sagen zu wollen, brachte aber kein Wort heraus. Es schien sinnlos, noch

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