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Rotes Meer

Rotes Meer

Titel: Rotes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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Kerim stand mit einem Beutel Lebensmitteln einen Treppenabsatz tiefer. Er sah erstaunt aus. »Was machen Sie da?«
    »An Ihrer Tür klingeln«, sagte Winter.

    Der Junge ging den Weg entlang. Das Fahrrad hatte er zu Hause abgestellt. Es war, als ob ihm jemand befohlen hätte, nicht länger Fahrrad zu fahren, nicht jetzt.
    Weil es gefährlich sein könnte.
    Er übte, den Ball auf dem Fuß springen zu lassen. Jetzt, da er nicht mehr so viel herumradelte, spielte er häufiger mit dem Ball. Er hatte es schon geschafft, ihn zehnmal auf dem Fuß, einmal sogar zwölfmal springen zu lassen. Er könnte Profi werden.
    Das erste Mal hatte er es seinem Onkel gezeigt. Er war der Bruder seiner Mutter. Der Onkel hatte mitgezählt.
    Mama wollte ihm nicht sagen, warum der Onkel sie nicht mehr besuchen kam. Er kommt bald wieder, sagte sie, und das war das Einzige.
    Er blieb ein Stück entfernt vom Laden stehen, und weil er meinte zu sehen, dass sich da drinnen etwas bewegte, versteckte er sich hinter einem Gebüsch.
    Dann sah er jemanden herauskommen. Es waren zwei. Der eine hatte eine Glatze, und den anderen erkannte er.

    »Der Tee war mir ausgegangen«, sagte Mozaffar Kerim.
    Er hatte die eingekauften Lebensmittel verstaut, Tee vorbereitet und Gläser bereitgestellt. Auf dem Tee hatte er bestanden.
    »Heute Abend mache ich kheshte sabzi «, hatte er gesagt, als er die Einkaufstüte leerte.
    »Was ist das?«, hatte Winter gefragt.
    »Ein Eintopf aus dem Iran. Lamm. Viele grüne Kräuter, Limone, Zitrone.«
    »Ich sehe schon«, hatte Winter gesagt. Ruhig, hatte er gedacht, jetzt die Ruhe bewahren. »Das wird eine große Mahlzeit.«
    »So kochen wir immer«, hatte Kerim gesagt.
    »Erwarten Sie Gäste?«
    »Wieso?«

    Sie saßen an dem niedrigen Tisch. Die Wohnung war hell und voller hübscher Textilien.
    »Wann haben Sie Alan das letzte Mal getroffen?«, fragte Winter.
    »Vorhin, heute.«
    Ringmar begegnete Winters Blick.
    »Und wo?«
    »In einem Taxi.«
    »Warum?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Warum haben Sie sich in einem Taxi getroffen?«
    »Weil er Angst hatte. Er hat es so gewollt. Warum, das müssen Sie ihn schon selbst fragen.«
    »Wovor hatte er Angst?«
    »Das weiß ich nicht. Er wollte es mir nicht erzählen.«
    »Warum sind Sie dann zusammen herumgefahren?«
    »Ich habe es ihm vorgeschlagen. Ich dachte … es würde ihm helfen, sich zu entspannen. Ich weiß es nicht.«
    »Sie müssen doch eine Vorstellung davon haben, wovor er Angst hat.«
    »Er kannte … einen von den Getöteten. Hiwa.«
    »Ja?«
    »Das reicht doch, um Angst zu bekommen.«
    »Angst um das eigene Leben?«
    »Ja.«
    »Aber warum sollte er darum fürchten? War er in irgendetwas verwickelt, womit Hiwa sich beschäftigte?«
    »Ich weiß es nicht. Das müssen Sie Alan auch selber fragen.«
    »Wir haben es versucht«, sagte Winter, »aber er ist abgehauen.«
    Kerim antwortete nicht. Er betrachtete sein Teeglas, rührte es aber nicht an.
    »Warum wollten Sie Alan dazu bringen, etwas zu erzählen?«, fragte Winter.
    »Um ihm zu helfen, wie ich schon sagte.«
    »Oder jemand anderem?«
    »Wie bitte?«
    »Sollte es einer anderen Person helfen?«
    »Wem?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Er litt. Ich leide mit, wenn andere leiden.«
    Dazu gab Winter keinen Kommentar ab. An der Wand hinter Mozaffar Kerim hing ein großer Druck, auf dem eine Landschaft abgebildet war. Das Bild kam Winter bekannt vor, als hätte er das Gemälde oder Foto schon einmal gesehen.
    »Wir sind eine Familie«, fuhr Kerim fort. »In einer Familie hilft man einander.«
    Winter nickte.
    »Wir sind eine leidende Familie. Ein leidendes Volk. Das sind wir immer gewesen.« Er schaute zwischen Winter und Ringmar hin und her. »Im Augenblick verhandelt die schwedische Regierung mit einem Volk im nördlichen Irak, um es zu überreden, uns aufzunehmen, wenn wir abgeschoben werden.«
    »Verhandelt mit Kurden?«
    »Woher sollen wir wissen, ob es Kurden sind?«
    »Wir haben Sie gesehen«, sagte Winter.
    »Wie bitte?«
    »Sie und Alan. Als Sie aus dem Taxi stiegen.«
    »Wo?«
    Kerims Blick schweifte ab, hinaus auf den Kaneltorget.
    »Bei der Pizzeria Souverän.«
    »Ach so.«
    »Das ist aber eine seltsame Reaktion.«
    »Ich hab nicht gelogen, oder? Ich habe nichts zu verbergen. Warum sollte ich?«
    »Was glauben Sie, wo Alan jetzt ist?«
    »Auf dem Weg nach Hause, wenn er es schafft. Wenn die Polizei ihn nicht vorher schnappt. Ich nehme an, er wird gesucht.«
    Winter und Ringmar antworteten nicht.
    »Es ist

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