Rotglut - Kriminalroman
euch mal das Bild hier an, was sagt ihr dazu?« Sie reicht den beiden den Zeitungsausschnitt.
»Ja, was? Das ist der Sossi auf seinem Entführungsfoto. Nicht gerade Mister Universum. Und was hat die Entführung genutzt? Nichts.« Gue zieht verächtlich die Mundwinkel nach unten.
Vara schaut die beiden abwartend an. Doch zu weiteren Kommentaren scheint keiner bereit.
»Denkt doch mal nach. Was wollten die mit der Entführung erreichen?« Sie wartet keine Antwort ab. »Sie haben einen Oberstaatsanwalt entführt, um dadurch Gefangene vom Staat freizupressen. Und das ist ja wohl gründlich in die Hose gegangen. Ergo, wie kann man es besser machen?« Ihre Augen funkeln. »Wir entführen einen Privatmann mit viel Kohle und erpressen Geld. Das hat schon immer funktioniert. Denkt an die Entführung des jungen Getty im letzten Jahr. Sein Opa hat über drei Millionen Dollar Lösegeld springen lassen. Zwar mussten sie ihm vorher ein Ohr abschneiden …«
»Wie, dem Opa haben sie ein Ohr abgeschnitten, warum denn das?« Che fühlt sich etwas unwohl bei der ganzen Sache.
»Ach was, doch nicht dem Opa. Dem Jungen, du Idiot. Sozusagen als Druckmittel. Doch so weit brauchen wir gar nicht zu gehen. Schaut euch doch mal das Foto genauer an, wie der da mit seinem verquollenen Gesicht sitzt. Das reicht als Druckmittel schon aus, da ist jede weitere Gewaltanwendung überflüssig. Eine Familie, die so ein Foto bekommt, zahlt doch freiwillig jeden Preis. Mein Vater hat eine Dunkelkammer, da könnten wir die Fotos entwickeln. Und die Rosenbergs wollen ihren Papi bestimmt wieder zurück.« Triumphierend schaut sie in die Runde.
»Rosenberg? Du sprichst von Elvira Rosenbergs Vater? Sag mal, hast du sie noch alle? Der kennt uns doch. Und mich ganz besonders. Was glaubst du, wie schnell der dann bei der Polizei ist, und wir sind dran und sitzen für die nächsten Jahre im Knast. Wir waren doch alle erst neulich dort zum 60. Geburtstag. Du musst echt ’nen Schaden haben! Nee, da mach ich nicht mit. Im Übrigen seid ihr doch befreundet!«
Che ist sichtlich empört.
»Ach, so dicke sind wir auch nicht mehr. Elvira sehe ich ja kaum noch, seit sie in Tübingen Medizin studiert, und wenn, finde ich sie langweilig, die alte Streberin. Und Rosenberg ist doch gerade unsere beste Möglichkeit, dass wir alle, auch er, das Ganze unbeschadet überstehen. Und dass ausgerechnet wir Elviras Vater entführen, also auf die Idee kommt garantiert niemand.« Sie unterstreicht jeden ihrer Sätze mit heftigen Gesten. »Hör zu, Gue, du rufst ihn an und gibst dich als mein Vater aus und bittest ihn zu einer wichtigen Besprechung in unser Haus. Lass dir was einfallen. Wir empfangen ihn hier maskiert an der Tür, zerren ihn in den Keller, setzen ihn auf einen Stuhl, gefesselt, versteht sich, klatschen ihm einen Lappen ins Gesicht, damit er etwas mitgenommen aussieht, schießen – klick, klack – das Foto, und ab damit zur Familie zusammen mit unserer Lösegeldforderung und der Anweisung, wie es zu überbringen ist …« Sie muss Luft holen, und Gue nützt seine Chance, seine Meinung kundzutun.
»Halt mal, er klingelt hier und wird dann von hier aus wieder in die Freiheit geschickt? Dann weiß er doch, wo er festgehalten worden ist. Stell dich doch gleich der Polizei. Nein, da müssen wir schon etwas geschickter vorgehen. Lass mich überlegen. Im Übrigen kann der meine Stimme mit Sicherheit von der deines Vaters am Telefon unterscheiden.«
Das Mädchen ärgert sich, dass ihm dieser Fehler unterlaufen ist. Ihr Plan ist doch so gut durchdacht gewesen, hat sie zumindest geglaubt.
Das Ziegenbärtchen mischt sich ein, obwohl ihm die Sache nicht ganz geheuer ist.
»Ich hab da so eine Idee, aber ich verrat sie euch nur, wenn ihr mir versprecht, dass wir wirklich gemeinsam dafür sorgen, dass da nichts schieflaufen wird.« Jetzt hat er die ganze Aufmerksamkeit seiner Gefährten.
»Ja, los, spuck’s schon aus«, fordert Gue.
»Ich weiß von meinem Vater, dass der Rosenberg, so ähnlich wie er selbst, seine Rituale hat, also montags seine Kegelrunde, dienstags die Rotarier, mittwochs Saunaabend und so weiter.« Che trinkt seine Flasche aus. »Also, zumindest so ungefähr. Was ich aber sicher weiß, ist, dass er mit dem Rad zur Sauna fährt, damit er schon mal vorschwitzen kann. Das macht der Rosenberg immer so. Mein Vater findet das nämlich albern, denn Rosenberg fährt so schnell wie eine alte Schildkröte, sagt er, und dann kommt Rüdiger immer
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