Rotglut - Kriminalroman
furztrocken in der Sauna an. Und er muss am Park ›Höpkens Ruh‹ vorbei- beziehungsweise durchfahren, weil die alten Herren dort im Parkstübchen hinterher immer noch ein Weinchen trinken. Und dann wird’s spät.«
»Jetzt komm mal zum Punkt«, mault Vara und stellt Che ein weiteres Bier hin.
»Wenn wir ihm dort auflauern, ihm einen Sack über den Kopf stülpen, ihn in deinen Wagen zerren, Gue, und ihn zu Varas Elternhaus bringen, dann kriegt er doch gar nicht mit, wie ihm geschieht. Oder besser gesagt, wer ihn wohin verschleppt.« So allmählich findet er Gefallen an der Idee. »Wir werden ebenfalls Säcke über die Köpfe ziehen oder irgendwelche Strumpfmasken. Nur die Stimmen müssen wir noch verstellen. Und das war’s. Besser, Vara sagt gar nichts, weil Rosenberg sie am besten kennt. Wie sieht’s aus, Vara, kennt der Rosenberg sich bei euch aus? Kann er etwas wiedererkennen?«
»Nee, ganz sicher nicht. Wir müssten ihn in den Partykeller sperren, da war er garantiert noch nie. Warum auch? Der wird von meinen Eltern auch nicht genutzt. Meine Mutter empfängt ihre Gäste meist im Wintergarten oder im Sommer auf der Terrasse. Das Einzige, was er vielleicht noch erkennen könnte, ist das Gästeklo. Aber da lassen wir ihn ja nicht drauf. Ihr müsst ihn dann aufs Klo im Keller bringen, wenn er mal muss. Dabei müsst ihr natürlich Masken tragen, logo.« Sie überlegt kurz, dann spinnt sie den Faden weiter.
»Am besten nehmen wir den Sack über seinem Kopf nur ab, um das Foto zu machen. Ansonsten muss er ihn aufbehalten, dann hat er auch keine Gelegenheit, sich umzuschauen. Na, Jungs, was meint ihr? Ist doch für ’nen guten Zweck.«
Die drei schweigen, bis sich das Ziegenbärtchen als Erster wieder äußert. Er hat lange überlegt, doch dann hat er seinen Entschluss gefasst. »In Ordnung, ich bin dabei. Mein Vater hat übrigens ’ne neue Kamera gekauft. Tolles Gerät.« Che hält die offene Hand den anderen hin. »Schlagt ein, Leute, das überzeugt doch – für einen guten Zweck.«
Sofort liegt eine schmale Mädchenhand auf seiner, nach kurzem Zögern folgt die Pranke des Dritten im Bunde. Der Pakt ist geschlossen.
25. Juni 2010, Bremen
Hannelore Uhlenbruck betrachtete ihren sommerlich gedeckten Kaffeetisch auf der Terrasse. Sie faltete noch die Servietten mit dem Rosenmuster und legte sie auf die Teller. In der Mitte der Tafel stand eine große Schale, die sie mit Wasser befüllt hatte, in der Rosenblüten schwammen. Dieses Arrangement hatte sie in der Zeitschrift ›Living‹ gesehen und war sofort von der Schlichtheit und zugleich Eleganz begeistert gewesen. Noch einmal überprüfte sie den Tisch. Die Zuckerdose war wegen der Wespen geschlossen. Ihr Sohn Simon würde in zehn Minuten mit seiner Verlobten Jana Theuerholz auftauchen. Sie freute sich für ihren Sohn, der aus der Ehe mit Bertram stammte und mit seinen 29 Jahren bereits Tischlermeister mit eigenem Betrieb war. Die Biologin Jana war eine sehr gute Partie. Ihr Vater war Staatsrat beim Senator für Justiz und Verfassung gewesen, nun allerdings seit einigen Jahren im Ruhestand. Janas Mutter, die als Kardiologin am Krankenhaus Links der Weser arbeitete, war eine geborene Rosenberg, und beide Namen waren ein Begriff in Bremen. Zudem kannten sich Ferdinand Theuerholz und Bertram Uhlenbruck seit langer Zeit, denn Bertram war Abteilungsleiter beim Senator für Inneres gewesen.
Es klingelte. Hannelore ging eifrigen Schrittes zur Tür, nicht ohne einen Blick in den großen Spiegel in der Diele zu werfen, um sich das Haar mit den Händen erneut zu ordnen. Sie öffnete und umarmte ihren Sohn und ihre künftige Schwiegertochter. »Hallo, ihr beiden, kommt mit raus auf die Terrasse und macht es euch bequem. Kaffee kommt gleich.«
Sie wollte schon in die Küche enteilen, als Simon sie am Arm fasste und zurückhielt.
»Hallo, Mama, mach nicht so einen Stress, wir sind ja nicht in fünf Minuten schon wieder weg, und außerdem hat Jana dir noch etwas mitgebracht.«
Jana Theuerholz nestelte an einem Papier mit buntem Aufdruck einer Blumenboutique und brachte eine rote Begonie zum Vorschein.
»Wunderbar, meine Liebe, vielen Dank. Die nehmen wir gleich mit auf die Terrasse. Und nun kommt.«
Hannelore schob die beiden hektisch vor sich her in Richtung Garten.
Sie saßen gerade bei der ersten Tasse Kaffee, als auch Bertram sich zu ihnen gesellte. Das Gespräch drehte sich fast ausschließlich um die bevorstehende Hochzeit, und Hannelore Uhlenbruck war
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