Rotglut
wieder aus Berlin zurückgekehrt, und auf Nachfragen, was er dort getrieben habe, hat Raimund lediglich ein Achselzucken erhalten.
»Enno, du musst deine Verbindungen spielen lassen. Du bist doch dauernd in Berlin. Ich brauch jemanden, der weiß, wie man eine Bombe hochgehen lässt. Vielleicht irgendjemand aus der ›Bewegung 2. Juni‹. Ich kann denen das gesamte Sicherheitskonzept unserer Firma für den Eröffnungstag zukommen lassen«, hat er sich ereifert. Enno hat schließlich eingelenkt.
»Hey, Mann, jetzt beruhig dich wieder. Ich werd’s versuchen. Wenn du in zwei Wochen noch nichts von mir gehört hast, vergiss das Ganze. Dann hab ich niemanden gefunden oder ich sitz im Bau, bestenfalls bin ich im Ausland. Wie kann man dich erreichen?«
»Die Kontaktperson soll einfach bei mir in der Firma vorbeikommen. Das wird keinem auffallen. Wir brauchen noch Leute. Sie soll einfach sagen: ›Enno schickt mich‹, dann weiß ich Bescheid«, hat Raimund vorgeschlagen.
Enno hat nur mit den Schultern gezuckt.
»Also gut. Aber wenn du mich fragst, ich glaub, du hast sie nicht alle. Was willst du eigentlich erreichen? Dass du bei denen einen Fuß in die Tür bekommst? Die sind alle sehr vorsichtig geworden. Und in diesen ›inneren Kreis‹, wie du dich ausdrückst – wenn ich das schon höre –, kommst du mit deiner Pups-Aktion sowieso nicht rein. Ein paar Politiker, denen ein Splitter im Arsch steckt, das ist doch Mädchenkram. Trotzdem, ich versuche, was ich kann.«
Dieses Treffen ist nun vor gut einer Woche gewesen, und vor drei Tagen ist ein junger Mann in der Firma aufgetaucht.
»Ich bin Peer, Enno schickt mich.« Raimund atmet auf. So ganz überzeugt ist er nicht gewesen, dass Enno Wort halten würde.
Er zieht die Bürotür hinter sich zu, um Peer genauer unter die Lupe zu nehmen.
»Was schlägst du für unsere Aktion vor? Ich will keine Toten sehen, aber der materielle Schaden soll so groß wie möglich sein.«
Peer, dessen lange Beine in einer abgewetzten schwarzen Lederhose stecken, lümmelt sich auf einen alten Holzstuhl vor Raimunds Schreibtisch.
»Jetzt pass mal auf. Wenn wir uns an der Sache beteiligen, dann läuft alles nach unserem Plan«, sagt er in ganz ruhigem Ton.
»Was soll das denn heißen?« Raimund sieht seine Felle davonschwimmen.
»Das heißt, die Aktion geht voll und ganz auf unser Konto, das heißt, was dort zu Bruch geht, ist unsere Entscheidung, das heißt, halt dich raus, überlass alles uns. Du sorgst lediglich dafür, dass wir reinkommen. Alles andere erledigen wir.«
Doch so leicht lässt sich Raimund nicht abwimmeln.
»Der Plan ist meine Idee. Ich bin entweder dabei oder wir lassen es.« Um seinen Mund erscheint ein harter Zug.
»Klar, du kannst es auch sein lassen«, Peer ist bereits aufgestanden.
»Setz dich wieder«, lenkt Raimund dann schnell ein. »Wie soll das Ganze also laufen?«
Peer grinst zufrieden und zeigt dabei auffallend schöne Zähne.
»Ich besorge den Brandsatz und den Zünder. Du zeigst mir, welche Stelle im Kaufhaus am günstigsten ist, damit der Schaden so groß wie möglich sein wird, und ich bau das Ding ein. Dann hast du ja hinterher etwas, was du noch deinen Enkeln erzählen kannst.«
Raimund gibt klein bei, denn Peer scheint zu wissen, wovon er spricht. Als Raimund ihn nach Referenzen fragt, krümmt der andere Mann sich allerdings vor Lachen.
»Referenzen! Was erwartest du denn? Dass ich hier mit Zeugnissen aufwarte, oder was? ›Herr Peer S. hat immer zu unserer vollsten Zufriedenheit gearbeitet, für seine berufliche Zukunft wünschen wir ihm alles Gute‹«, nimmt der ihn hoch. »Wie naiv bist du denn? Eigentlich sollten wir uns mit solchen Anfängern wie dir gar nicht einlassen.«
Und nun ist es bald so weit. Peer hat gestern Abend den Sprengstoff so platziert, dass ein Maximum an Schaden erwartet werden kann. Raimund hat ihm noch Hose und Jacke mit dem Firmenlogo gegeben, dazu die schweren dunklen Sicherheitsschuhe. Peer würde sich in Sichtweite von Raimund aufhalten und in einem günstigen Moment die Bombe zünden. Dann würde er im Chaos verschwinden. Ein Bekennerschreiben hat er mitgebracht, es würde noch am selben Tag dem Weser-Kurier zugespielt werden. Raimund hat sein Schreiben erst gar nicht erwähnt. Er würde es zu Hause verbrennen.
Raimund Stegmann hat seine Mitarbeiter im ganzen Haus verteilt. Von ihnen würde wahrscheinlich keiner zu Schaden kommen. Die Kollegen von der Polizei werden sich hauptsächlich im Erdgeschoss
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