Rotglut
sich. »Verschon mir bloß den armen Harry mit irgendwelchen Kuppeleien mit deiner Mondscheintarifschwester.«
Christiane kam um die Ecke und lehnte sich lässig am Türrahmen an. »Wie süß«, grinste sie, »du machst dir Sorgen um den armen kleinen Schipper. Der kann sich schon selbst wehren. Außerdem kannst du nicht sagen, dass meine Schwester hässlich ist. Ich gebe ja zu, dass sie einem manchmal mit ihrem Esoteriktrip auf die Nerven gehen kann, aber im Großen und Ganzen ist Carola echt schwer in Ordnung.«
»Falsch. Sie würde ganz gut aussehen«, gab er lapidar zurück, »wenn sie sich mal was Anständiges anziehen würde und zum Friseur ginge. Dann würde sie was hermachen.« Er zog Christiane an sich. »Aber so gut wie du wird sie nie aussehen, mein Schatz.« Er küsste sie auf die Nasenspitze. Christiane lächelte ihn an. »Danke für das Kompliment.« Sie machte sich sanft von ihm los und hielt ihn auf Armeslänge Abstand. »Also, ich werde alle einladen, und zwar am 7. August, dann können wir auch gleich nahtlos in deinen Geburtstag reinfeiern. Wie findest du das?«
»Von mir aus«, seufzte er und gab sich geschlagen. »Tu, was du nicht lassen kannst. Aber erwarte von mir keine Hilfe, ich weiß noch nicht, wie sich dieser seltsame Fall entwickeln wird. Ich werde das Gefühl nicht los, dass da mehr dahinter steckt.« Er ging in die Küche und versetzte ihr im Vorbeigehen einen Klaps auf den Po. »So, und jetzt will ich was zu essen, ich sterbe vor Hunger.«
Heiner Hölzle hatte sich gerade den Teller mit der Gemüse-Schinken-Lasagne vollgepackt, als sein Handy klingelte. Christiane verdrehte die Augen. »Kannst du nicht mal einen anderen Klingelton hochladen?« Hölzle sah sie verständnislos an. »Wieso, das ist doch ein anderer als sonst. Vorher hatte ich ›Ohne dich‹ als Klingelton, und gestern habe ich ›Ich wär so gern dein Lippenstift‹ draufgeladen.«
Christiane schüttelte nur den Kopf. »Ohne Worte, kann ich da nur sagen. Jetzt geh endlich ran, damit ich dieses Flippers-Gejaule nicht noch länger ertragen muss.«
Das Handy verstummte in diesem Augenblick. Hölzle stand auf und ging im Flur an die Garderobe. Dort auf dem Schuhschrank lag das Handy. ›Ein Anruf in Abwesenheit‹, stand auf dem Display. Er drückte eine Taste. Peter Dahnken hatte versucht, ihn zu erreichen. Er drückte die Anruftaste und Peter nahm sogleich ab.
»Hi, Heiner, hör zu. Raimund Stegmann, alias Yves Renard, verschwand beziehungsweise starb wenige Tage nach dem Fund von Rosenbergs Leiche und dem Anschlag auf den Bremer Hauptbahnhof im Dezember 1974. Beide Verbrechen hat man damals der RAF zugeordnet. Rosenberg war Bankier, ein knallharter Typ soll er gewesen sein, also genau das, was der linken Szene so verhasst war. Stegmann war zu dieser Zeit bei einem Sicherheitsdienst tätig. Vielleicht besteht da ja ein Zusammenhang …«
»Muss ich das jetzt verstehen?«, unterbrach ihn Hölzle.
»Weiß ich nicht, ich habe nur so eine Ahnung, dass die Ereignisse von damals mit dem jetzigen Fall zu tun haben könnten. Ich meine, vielleicht war dieser Sicherheitsdienst zuständig für Rosenbergs Hausbewachung oder so was, und Stegmann hat bei der Entführung des Bankiers und seiner Ermordung die Hände im Spiel gehabt.«
»Das ist ja alles recht interessant, aber ich sehe da noch keine Verbindung zu Stegmanns Tod, also seinem echten Tod«, sagte Heiner.
»Wir auch noch nicht, Harry sitzt über den alten Akten der Rosenberg-Sache, vielleicht findet er ja etwas, was uns weiterbringt«, gab Peter zurück.
»Gut. Danke, dass du mich angerufen hast, bis dann.« Hölzle legte auf und kehrte zurück an den Esstisch. Die Lasagne war fast kalt und Christiane stellte seinen Teller in die Mikrowelle. Hölzle schenkte sich Wasser nach und trank nachdenklich einen Schluck. ›Wieso isch der Stegmann überhaupt zrückkomme nach Deitschland, wenn’s ihm doch an dr Elfenbeinküschte einigermaßa guat gange isch?‹
Er hörte ein feines ›Ping‹ und Christiane kam mit seinem aufgewärmten Essen zurück.
»Danke«, er nahm den Teller entgegen und begann hungrig zu essen.
»Wer war das denn gerade?«, erkundigte sich seine Freundin.
»Peter«, quetschte Hölzle hervor. »Glaubt an eine Verbindung des aktuellen Falles mit einem oder gar mehreren Fällen aus früheren Zeiten.« Er schluckte und schob eine weitere große Portion Lasagne in den Mund.
»Ach so. Hast du ihn gleich eingeladen?«, fragte Christiane.
»Eingeladen?
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