Rotkäppchens Rache
sondern starrte ihm einfach in die Augen, bis er jaulte und die Flucht ergriff.
Die anderen bellten weiter, obgleich aus sicherer Entfernung. Als sie bei Schnee und Danielle ankam, sagte sie bloß: »Muhazil ist herausgekommen.«
Muhazil und eine ältere Kha’iida-Frau unterhielten sich schon mit Talia, als Roudette und die Übrigen eintrafen.
Roudette witterte und grinste, als sie das Zelt betrat. Talia und Faziya hatten den Nachmittag offenbar gut genutzt. Sie zwinkerte Talia zu, die sich versteifte und sie ignorierte.
»Dein Messer ist Hunderte von Jahren alt«, sagte Talia gerade zu Muhazil. Ihr Haar war lose und zerzaust. Faziya lag schlafend auf einer der Matten hinter ihr. »Seine Magie könnte nachgelassen haben, oder vielleicht hat Zestan einen Weg gefunden, ihre Magie zu verschleiern. Der Fluch wurde von einer Jinniyah verhängt, indem sie von Zestans Macht Gebrauch machte. Sie könnte die magischen Spuren, nach denen ihr sucht, verdorben haben.«
Muhazil wandte sich an die Seherin. »Turz?«
»Möglicherweise«, räumte Turz ein. Ungeachtet ihres Alters sah sie immer noch stark genug aus, um alles, was sie besaß, auf dem Rücken durch die halbe Wüste zu schleppen, ohne dabei eine Rast einzulegen. Ihr schwarzes Haar hatte denselben Rotstich, der Roudette schon bei einigen anderen Kha’iida-Frauen aufgefallen war. »Da die Macht des Fluchs gebrochen ist, ist es schwer, sicher zu sein. Aber ich glaube nicht, dass dieser Zauber von einer Deev gewirkt wurde.«
Muhazil hielt das Messer in der Hand. Er hatte anscheinend die Klinge poliert; vielleicht war der glasartige Überzug aber auch eine Auswirkung ihrer Magie. »Das Gesetz ist eindeutig. Hättet ihr Beweise für ein Wirken der Deev gebracht, hätte sich euch jeder Stamm angeschlossen, um sie zur Strecke zu bringen.« Er küsste die Klinge, dann steckte er sie wieder in die Scheide, die über sein Herz geschnallt war.
Talia ballte die Fäuste. »Ihr könnt doch nicht -«
»Ohne Beweis kann ich euch nur meinen eigenen Stamm anbieten«, fuhr Muhazil fort.
Talia starrte ihn verständnislos an. »Was?«
»Wenn das Bekämpfen dieser Zestan-e-Jheg den Angriffen der Wilden Jagd auf unser Volk ein Ende bereiten wird, werden wir euch an Hilfe geben, was immer wir können.« Muhazil lächelte. »Habt ihr irgendwelche Hinweise darauf, wo sie sein könnte?«
»Noch nicht«, ergriff Roudette das Wort. »Entfernt diese Verzauberung! Wenn die Wilde Jagd heute Nacht wieder in die Wüste kommt, werde ich sie jagen. Sie werden uns Zestan geben.«
»Du gehst davon aus, dass sie am Ende der Nacht zu Zestan zurückkehren«, sagte Schnee. »Die Wilde Jagd verschwindet bei Morgengrauen. Du kannst sie nicht über diese Welt hinaus verfolgen.«
Roudette fletschte die Zähne. »Ich habe nichts von verfolgen gesagt. Sie sind am schwächsten, wenn die Morgendämmerung herannaht. Lasst mich einen aus ihrer Schar kampfunfähig machen. Ich kann ihn vom Rest absondern und zwingen, mir zu erzählen, was ich wissen muss.« Sie zog den Kragen zurück und enthüllte das Silbermal. »Nehmt eure Verwünschung zurück, und wir werden unseren Beweis haben!«
»Während wir hier warten und darauf vertrauen, dass du dein Wort hältst?«, fragte Talia. »Wohl eher nicht! Selbst wenn es dir gelingt, einen Jäger zu fangen, ohne selbst getötet zu werden, habe ich nicht vor, dich ohne Leine in die Wüste hinauszulassen!«
Roudette zuckte die Schulter. Sie hatte nichts anderes erwartet. Mit der Zeit hätte sie es vielleicht geschafft, Danielle zu beeinflussen, aber Talia war viel zu vorsichtig.
»Was ist mit Königin Lakhim?«, fragte Danielle Talia. »Wenn du mit ihr zusammenarbeiten würdest, um Zestan zu finden -«
»Ich habe ihren Sohn umgebracht«, sagte Talia. »Sie würde mich töten lassen, sobald ich mein Gesicht zeige, sowohl um Jihab zu rächen als auch um zu verhindern, dass ich gegen sie verwendet werde. Wenn Lakhim die Mittel hätte, Zestan zu ausfindig zu machen, dann hätte sie es schon getan.«
Roudette stand auf und strich ihren Umhang glatt. »Lakhim mag nicht in der Lage sein, Zestan zu finden, aber Rajil wird uns helfen.«
»Rajil?«, wiederholte Talia. »Dieselbe Rajil, die wir beraubt und gedemütigt haben?«
»Ebendie.« Sie wandte sich an Schnee. »Jede Raikh besitzt ein Hellsichtbecken, das es ihr ermöglicht, Befehle der Königin entgegenzunehmen. Kannst du mithilfe deiner Spiegel Rajils Becken erreichen?«
»Das hängt davon ab, welche
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