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Rotkäppchens Rache

Rotkäppchens Rache

Titel: Rotkäppchens Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim C. Hines
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würde den Geruch erklären. Ich wollte ja nichts sagen, aber -«
    »Wartet hier!« Talia lief über den Flur in die Küche und zwängte sich an zwei jungen Mädchen vorbei, die damit beschäftigt waren, Essen einzupacken. Ohne auf ihre Proteste zu achten, schnappte sie sich einen Topf und füllte ihn mit Wasser aus der Zisterne, in das sie einige Teeblätter bröselte; danach kehrte sie aufs Zimmer zurück.
    Inzwischen hatten Schnee und Danielle sich umgezogen und die schlichten Hemden und Umhänge angelegt, die Talia ihnen mitgebracht hatte. Die ärmellosen Hemden hätten zu Hause unschicklich gewirkt, denn obwohl der Stoff beide Frauen vom Hals bis zu den Fesseln bedeckte, überließ das weiße Leinen wenig der Fantasie. Danielle knöpfte bereits ihren Umhang zu, dessen Stoff dunkelgrün, fast schon braun war und an dem große Hornknöpfe vom Hals bis zur Taille liefen und für ein bisschen Sittsamkeit sorgten.
    »Ich will auch Kleider wie deine!«, beschwerte sich Schnee.
    Talia schnaubte verächtlich. »Dienstbotentracht kommt der Unsichtbarkeit am nächsten - es sei denn, du kannst deinen Akzent loswerden und die Art ändern, wie du dich bewegst. Du stellst dich zu weit weg von den Menschen und wendest den Blick zu schnell ab. Selbst mit deinen Illusionen würde es nicht lang dauern, bis jemandem auffällt, dass mit dir irgendwas nicht stimmt.«
    Danielle lächelte. »Das ist mir bei ihr auch aufgefallen.«
    Schnee warf eine Traube nach ihr.
    »Steckt eure Haare fest«, sagte Talia. »Ihr solltet sie flechten oder nach hinten knoten, wenn ihr nicht für Prostituierte gehalten werden wollt. Lasst die Sheffeyah ums Gesicht gewickelt; eure Haut mag die richtige Farbe haben, aber eure Züge könnten euch verraten.« Sie stellte den Tee auf den Boden. »Schnee, kannst du das für mich heiß machen?«
    »Bier und Milch waren nicht genug?« Schnee rückte ihr Halsband zurecht, bis Sonnenlicht aus einem der Spiegel schien. Gleich darauf fing das Wasser zu kochen an und der Geruch von Tee erfüllte den Raum.
    Talia schob Roudette den Topf hin. »Der Tee sollte deine Haare so dunkel färben, dass du als Hiesige durchgehst.« Blieb nur noch der Umhang. Zum Glück hatte der Tempel genau das Passende dafür.
*
    Die Sonne war im Aufgehen begriffen, als Danielle und die anderen sich auf den Weg durch den Tempel machten. Roudette folgte ihnen in geringer Entfernung, gekleidet in eine alles umhüllende Robe, die von Talia als Hiqab bezeichnet wurde.
    Die Robe war ein dreckiges, lohfarbenes Ding aus Kamelhaar, die, Talia zufolge, Roudette als Aussätzige kennzeichnete. Sie hatte keine Ärmel, sondern nur ein ausgefranstes Loch für den Kopf und hing wie ein übergroßer Sack an ihr. Eine große Kapuze verbarg ihr Gesicht, und die fehlenden Ärmel verhinderten, dass sie irgendjemand anfasste - nicht dass sich ihr jemand freiwillig so weit genähert hätte. Sogar die Schwestern wichen zur Seite, als Roudette an ihnen vorbeikam.
    Am Haupteingang wurden sie von Mutter Khardija aufgehalten. Sie gab Talia einen Kuss auf die Stirn und drückte ihr eine mit Perlen verzierte Geldbörse in die Hand. Schnee übersetzte ihre Worte für Danielle. »Die Kirche wird eine Spende erwarten.«
    »Das kann ich nicht annehmen.« Talia versuchte die Börse zurückzugeben, aber Khardija weigerte sich, sie wieder zu nehmen. Talia senkte die Stimme. »Selbst wenn die Wilde Jagd den Tempel verschont, werdet ihr jedes Stückchen Gold brauchen, um denen zu helfen, die bei dem Angriff letzte Nacht verletzt worden sind.«
    »Ich kenne dich«, ein Lächeln milderte Khardijas Worte, »wenn ich dir das hier gebe, dann wirst du es klug verwenden. Wenn ich es dir nicht gebe, wirst du dir einfach vom Erstbesten auf der Straße holen, was du brauchst.«
    Talia errötete, steckte jedoch die Börse in die Schärpe um ihre Taille. »Ich weiß nicht, wann ich es dir zurückzahlen kann.«
    »Tu mir einfach den Gefallen und bleib am Leben.« Khardija machte wegscheuchende Bewegungen mit den Händen. »Passt auf euch auf!«
    Sie schlossen sich dem allgemeinen Auszug aus dem Tempel an, den Schwestern, die Patienten auf die Straße geleiteten. Andere in schwarzen Roben standen vor den Toren und wiesen sanft diejenigen ab, die gekommen waren, um Hilfe zu erhalten.
    Talia schüttelte den Kopf. »Ich habe die Wilde Jagd in ihr Zuhause gebracht, und sie dankt es mir mit Gold.«
    »Sie liebt dich«, sagte Danielle.
    »Ich weiß.« Talia schaute zurück zum Tempel. »Ich hoffe

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