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Rotkäppchens Rache

Rotkäppchens Rache

Titel: Rotkäppchens Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim C. Hines
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nur, dass diese Liebe nicht an ihrem Tod schuld sein wird.«
    Als sie den Tempel der Hecke verließen, bot sich Danielle zum ersten Mal ein richtiger Blick auf Jahrasima. In der Dunkelheit des Vorabends hatte sie wenig mehr als Schatten gesehen; heute Morgen, da die Sonne schon die Luft briet, konnte sie jede Einzelheit erkennen - einschließlich der Zerstörung, die die Wilde Jagd hinterlassen hatte.
    Die Dächer der Häuser waren flach und mit Stroh gedeckt, das von Staub und Sand braun geworden war. Die Fenster waren größer als in Lorindar und nur mit Läden oder schweren Vorhängen versehen. In den Boden eingelassene Steine kennzeichneten die Grenzen von Grundstücken und Wegen.
    Viele Häuser waren schon vorher in schlechtem Zustand gewesen; Lehmziegel bröckelten aus den Mauern, in den Ritzen und Löchern verschwanden Ratten. Und die Jagd hatte sich nicht mit Feinheiten abgegeben. Zur Seite getretene Steine zeigten, wo Reiter von Haus zu Haus gezogen waren. Türen waren eingeschlagen, Läden von den Fenstern gerissen worden. Selbst ganze Wände hatte man niedergerissen.
    An einem Haus saß ein kleiner Junge weinend auf einem Stückchen Erde, das dunkel von Blut war, während ein älteres Mädchen ihn zu trösten versuchte. »Was ist da passiert?«, flüsterte Danielle.
    Schnee neigte den Kopf zur Seite und horchte, als sie vorüberkamen. »Der Hund des Jungen versuchte, ihn vor einem Jäger zu beschützen.«
    »Heute Nacht wird es noch schlimmer werden«, sagte Roudette. »Dies war nichts als ein Bruchteil der Macht der Wilden Jagd.«
    Danielle drehte sich um und blickte Roudette an. Die Kapuze des Hiqabs beschattete ihr Gesicht, doch den Hass in ihrer Stimme konnte die Kleidung nicht verbergen. Roudette hatte in Lorindar nicht gezögert, Unschuldige zu ermorden, und sie hatte sich im Tempel am Tod des Jägers ergötzt. Die Hinterlassenschaft der Jagd jedoch hatte sie unverkennbar erschüttert.
    Roudette blieb stehen, um ein größeres Haus zu betrachten, eines, das über die Jahre hinweg offensichtlich ausgebaut worden war. Die Jagd war geradewegs durch die Wände getrampelt, und jetzt arbeitete eine Gruppe von Männern daran, das restliche Gebäude vor dem Einsturz zu bewahren.
    Ihr Vorüberziehen lenkte Blicke auf sich. Kleine, schmutzige Gesichter beobachteten sie neugierig durch Fenster und aus den Schatten. Die Mienen der Erwachsenen waren argwöhnischer; ihre Blicke verweilten auf Danielles Schwert. Sie unterhielten sich, wenn überhaupt, mit gesenkten Stimmen, als fürchteten sie, das Geräusch könnte die Wilde Jagd wieder in ihre Stadt führen.
    »Das sind alles Menschen«, sagte Danielle leise. »Ich dachte, Elfen und Menschen lebten in Arathea zusammen.«
    »Die Elfen wohnen im nördlichen Teil der Stadt.« Talia durchschnitt mit der Hand die Luft, um Schweigen zu heischen, denn ein junges Mädchen mit einem Korb voll getrockneter Feigen kam auf sie zu. Talia nahm drei und hielt ihr ein paar Kupfermünzen hin.
    Das Mädchen verneigte sich und sagte etwas auf Aratheanisch. Talia grimassierte, wiederholte aber die Worte.
    »Was hat sie gesagt?«, wollte Danielle wissen.
    Schnee schnitt ein Gesicht. »Der Segen der Peri möge auf dir ruhen.«
    »Der Peri?«
    »Die ersten Elfen«, erklärte Schnee und nahm sich eine der Feigen. »Es heißt, die Peri sind die Vorfahren von allem, was gut ist im Elfengeschlecht, wohingegen die bösen Deev die Ursache für Trolle und Oger, Goblins und Riesen sind. Sie kämpften jahrhundertelang -«
    »Und benutzten Menschen als ihre Schachfiguren.« Roudettes Stimme war rauer als sonst. »Die ›gesegneten‹ Peri versteckten sich in ihren Bergen und schickten Sterbliche gegen die Deev in den Tod. Manche sagen, dass es ihr Krieg war, der das Land versengte und Arathea in eine Wüste verwandelte. Seid dankbar, dass sie sich nie über dieses Land hinaus verbreitet haben.«
    Die Straße wurde breiter, Staub und Erde wichen Pflastersteinen. Die Häuser waren hier höher, ihre Linienführung gerader. Getreidespeicher krönten die flachen Dächer wie riesige Bienenstöcke. Sonnendächer aus schweren Stoffen erstreckten sich entlang der Häuserfassaden, boten Händlern auf der Straße Schutz und luden potenzielle Käufer ein, im Schatten zu verweilen. An diesem Morgen saßen viele Händler allein da. Sie riefen Passanten an, aber ihre Begeisterung war verhalten und ihre Waren blieben unberührt.
    Schnee ging auf einen der Händler zu, in dessen Auslage sie etwas entdeckt hatte,

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