Rotkäppchens Rache
berühren. Schnee riss die Finger zurück. »Das ist mehr als Gestaltumwandlung. Wer immer das einmal war - diese Person ist verschwunden.«
Ihre Worte saugten die Luft aus Talias Brust. Sie schob sich an Schnee vorbei, hockte sich vor den Falken und starrte ihm in die Augen. »Vielleicht sind einige der Tiere natürlichen Ursprungs. Vielleicht wurde dieses hier ja nicht verwandelt!«
»Ich kann den Fluch spüren, der durch seine Knochen läuft«, sagte Schnee. Sie biss sich auf die Lippen und drehte sich zu Danielle um, als suche sie Hilfe. »Es tut mir leid.«
Talia wich zurück. »Versuch es bei dem Kaninchen!«
Danielle ging auf sie zu. »Talia -«
»Nein!« Talia wirbelte herum und durchsuchte die Büsche. Faziya war hier, irgendwo! »Dies sind Rajils Gefangene. Sie hätte sie töten können, aber sie hat es nicht. Was würde sie tun, wenn sie einen davon noch weiter verhören müsste? Es muss einen Weg geben, rückgängig zu machen, was immer sie mit ihnen angestellt hat!«
»Wahrscheinlich gibt es den«, sagte Schnee langsam. »Aber das hier ist Elfenmagie, stärker als alles, was ich je gesehen habe.«
»Deev-Magie?«
»Kann sein.« Schnee schüttelte den Kopf. »Gib mir etwas Zeit mit ihnen allein, dazu Trittibars Hilfe und Zugriff auf meine Bibliothek, und möglicherweise -«
»Wir befinden uns im Zentrum der Villa der Raikh! Die Wilde Jagd kehrt heute Nacht zurück!«
»Das weiß ich auch!« Schnee wandte sich ab und massierte ihren Nacken. »Ich kann nichts machen. Tut mir leid.«
»Dann gehen wir Rajil suchen!« Talia zog ihr Schwert. »Wir tun, was immer nötig ist, damit sie Faziya wiederherstellt.« Sie war schon auf halbem Weg zur Treppe, als sie von unten Rufe hörte.
»Ich glaube nicht, dass wir Schwierigkeiten haben werden, die Raikh zu finden«, meinte Schnee.
Danielle packte ihr Schwert. »Wie viele Wachen hat die durchschnittliche Raikh zur Hand?«
Talia lächelte. »Lasst es uns herausfinden!«
Kapitel 14
Talia ging zur Seite der Treppe und versteckte sich hinter einem der Trollbirnbäume. Sie beruhigte ihre Atmung und lauschte, bis die Schritte langsamer wurden; in dem Moment hielt sie sich an einem niedrigen Ast fest, schwang sich um den Baum herum und verpasste der vorderen Wache einen hohen Tritt, der den Mann am Kinn erwischte. Er kippte nach hinten und wurde von seinen Kameraden aufgefangen.
Talia fluchte. Sie zählte sechs Wachen in der lackierten Rüstung der Raikh und dazu ein Wesen aus Rauch und Schatten. Gegen Menschen konnte sie kämpfen, aber Elfenmagie war eine andere Geschichte. Sie sprang zur Seite und ging in Deckung, als ein Speer vorbeiflog.
»Wie lautet der Plan?«, fragte Schnee.
»Ich arbeite noch dran.« Talia konnte wahrscheinlich mit den Wachen fertigwerden und Schnee mochte dem Elfenratgeber der Raikh gewachsen sein, aber ein offener Kampf im Garten würde Faziya nicht helfen. Selbst wenn sie gewönnen, würde der Aufruhr nur noch mehr Aufmerksamkeit erregen.
Die nächste Wache, die durchkam, trug in der einen Hand einen kurzen Speer und in der andern eine Keule von der Art, wie sie im Norden gern benutzt wurde. Er hob den Speer, aber Talia machte keine Anstalten anzugreifen. Sie stieß die Schwertspitze in die Erde und breitete die Hände aus.
Die übrigen Wachen bewegten sich schnell und umringten die Eindringlinge. Roudette fletschte die Zähne und knurrte.
»Nicht!« Talia stürzte sich auf Roudettes Strick und erwischte sie mitten im Sprung. Talia wurde von den Füßen gerissen, aber es gelang ihr, den Wolf zurückzuziehen. Bevor Roudette sich gegen sie wenden konnte, drückte Talia sich auf ein Knie hoch und flüsterte: »Noch nicht!«
Die beiden Männer, die sie zuvor gefangen genommen hatten, sammelten die Waffen von Talia und ihren Gefährtinnen ein. Talia biss die Zähne zusammen und wartete, bis sie sie entwaffnet hatten. Es war eine langwierige Sache; Rajils Männer waren gründlich und nahmen ihr sogar den dünnen Metallstift ab, der in ihren Haaren steckte. Zwei andere packten Roudettes Strick und zerrten den Wolf fort.
Talia und die anderen wurden an der Mauer zusammengetrieben und umringt. Der Rauchschatten kam so nahe heran, dass Talia ihn riechen konnte, ein Geruch wie brennendes Laub.
Erst als er sich abwandte, betrat Rajil selbst den Garten. Sie trug ein goldenes Festgewand, das wie Satin glänzte und von einem breiten weißen Gürtel zusammengehalten wurde, dessen silberne Schnalle im Homa-Vogel-und-Tiger-Muster des
Weitere Kostenlose Bücher