Rott sieht Rot
dahinrasenden weißen Pünktchen.
Ich tippte auf eine Taste, und der Desktop erschien. Ich unterdrückte einen Fluch. Ich hatte gehofft, das gescannte Bild sei auf dem Monitor geblieben, aber offenbar hatte Svetlana es sich angesehen und wieder geschlossen.
Ich klickte durch ein paar Verzeichnisse, fand aber nichts. Dann fiel mir ein, dass mir Manni mal erklärt hatte, wie man bestimmte Dateien auf der Festplatte suchen konnte. Ich konnte mich allerdings nicht erinnern, wie das ging.
Ich zog das Handy heraus und gab Mannis Nummer ein.
Es tutete.
Sei da, befahl ich innerlich. Sei da, sei da.
Es tutete und tutete, dann wurde plötzlich abgehoben.
»Hecking«, klang es müde aus dem Hörer.
»Manni? Hier Remi!«
»Ach du. Was ist?«
»Es geht um ein Computerproblem. Pass auf - ich muss an eine E-Mail ran, die aber nicht an mich geschickt wurde.«
»Da solltest du die Finger davon lassen. Das ist was für professionelle Hacker.«
»Ja. Aber ich bin jetzt an dem Computer, wo das Ding angekommen sein muss. Ich finde es aber nicht.«
»Weißt du, an welche Adresse es gegangen ist?«
Ich sagte es ihm.
»Das ist nicht schwer. Es sei denn, diese Svetlana hat ein Passwort eingerichtet.«
»Woher weißt du, dass die Mail an Svetlana ging?«
»Du hast mir doch gerade die Mail-Adresse gesagt. Svetlana klingt gut. Geht’s wieder mal um einen Nachtclub?«
»Quatsch. Los, ich habe jetzt keine Zeit.« Ich setzte mich an den Schreibtisch. »Was muss ich tun?«
»Am besten, du gehst über die Internetseite rein. Ich weiß nicht, ob die Dame ein Outlook-Konto eingerichtet hat.«
»Weiß ich auch nicht. Wie komme ich ins Internet?«
»So ähnlich wie bei deinem Rechner. Durchsuch mal die Programmleiste. Was steht denn in der E-Mail?«
»Weiß ich nicht«, sagte ich, während ich das Zugangsprogramm suchte. »Auf jeden Fall ist ein Foto dabei. Darum geht es mir.«
»Ein schweinisches?«
»Blödsinn«, sagte ich, und plötzlich kamen mir die Fotos wieder in den Sinn, die ich in Sülzbachs Schlafzimmer gefunden hatte. Ich drängte den Gedanken beiseite.
»Ich glaube, ich hab was«, sagte ich. »Sie hat einen Comundo-Account.«
»Klick zweimal drauf.«
»Schon passiert.«
Es erschien ein kleines Fenster, auf dem »Verbinden …« stand, dann öffnete sich der Internet-Explorer, und ich bekam irgendwelchen bunten Werbekram mit vorbeiziehenden Schriften vorgeführt.
»Was jetzt?«
»Ruf die Web.de-Seite auf.«
Ich tippte die Adresse ein. Wieder Werbung.
»Rechts müssten zwei graue Felder sein.«
»Richtig. Und?«
»Oben schreibst du den Benutzernamen rein, unten das Passwort.«
»Passwort?« Ich schrie es fast.
»Hab ich doch gesagt. Nicht so hektisch. Versucht mal oben mit ›Svetlana‹.«
Ich tippte. »Hab ich.«
»Und unten ein Geheimwort.«
»Welches denn?«
»Woher soll ich das wissen? Wenn ich es wüsste, wäre es ja nicht geheim.«
»Verdammt. Keine Ahnung.«
»Hat sie ein Haustier?«
»Nein, wieso?«
»Weil die Leute oft den Namen des Haustiers nehmen.«
»Hat sie einen Freund?«
»Nein, das heißt… natürlich! Ja!«
»Wie heißt er?«
Ich antwortete nicht. Stattdessen tippte ich »TRISTAN«.
»Sesam öffnet sich«, gab ich bekannt. »Es klappt.«
»Jetzt brauchst du nur noch auf ›Neue Mails‹ oder so was zu klicken, dann kommst du dran. Und da sag noch einer, Internet sei kompliziert.«
Ich überblickte die Liste. Es waren fünf eingegangene Nachrichten. Die oberste hatte den Betreff »Foto von Petra Ziebold.«
Ich verfehlte die Leiste und klickte daneben. Ein Werbebanner ging auf. Irgendwas mit einem Tagesgeldkonto.
»Bist du noch dran?«, fragte Manni.
»Ich bin kurz vor dem Ziel.«
Schließlich traf ich die E-Mail. Sie erschien auf dem Schirm. Höllisch langsam baute sich das Foto auf, aber ich konnte schon lesen, was Frau Stieber geschrieben hatte: »Hier eine Aufnahme von 1989 von unserer Belegschaft. Mit freundlichen Grüßen. Elke Stieber.«
Der obere Bereich des Fotos war dunkel, dann kamen nach und nach die Köpfe der Personen zum Vorschein. Ein Gruppenbild. Es waren sieben, fast alle in den typischen weißen Kitteln gekleidet. In der Mitte stand ein älterer Herr in dunklem Anzug, offenbar der Chef. Die anderen waren Frauen.
Eine der Angestellten hatte Frau Stieber mit einem Bildbearbeitungsprogramm rot eingekringelt. Petra Ziebold.
»Kommst du klar?«, fragte Manni.
»Bestens. Danke.«
»Hast du was rausgekriegt?«
Das Bild war jetzt komplett zu sehen.
Ich
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