zur Ruhe und ließ mir Zeit. Als ich meine Gedanken wieder einigermaßen beisammen hatte, entschloss ich mich, Jutta anzurufen. Ich musste sagen, was aus meinen Ermittlungen geworden war. Außerdem konnte es ja sein, dass das Unwahrscheinliche geschehen und Sülzbach doch noch aufgetaucht war.
Mir fiel ein, dass mein Handy auf der Rückbank lag. Mit meiner Jacke, der Pistole und dem Proviant.
Ich fuhr rechts ran, löste den Sicherheitsgurt und beugte mich nach hinten, um das Handy zu suchen. Es war nicht da. Ich stieg aus, schob meine Hand unter die Sitze und tastete im Dreck herum. Nichts.
Dann entdeckte ich das Telefon auf der vorderen Ablage. Svetlana musste das Handy dort hingelegt haben. Hatte sie telefoniert?
Ich überprüfte die zuletzt gewählte Nummer. Es war die von Jutta. Ich hatte sie angerufen, um sie zu fragen, wo ich Anja finden konnte.
Und wenn Svetlana angerufen worden war? Oder vielmehr ich? Und Svetlana war drangegangen, während ich in der Tankstelle gewesen war?
Auch das war herauszufinden. Ich musste allerdings erst ein paar Menüschritte am Handy absolvieren, um die Liste abzufragen. Der letzte Teilnehmer, der mich angerufen hatte, besaß eine merkwürdige Vorwahl: 02241. Woher war dieser Anruf gekommen? Ich drückte die Wähltaste.
Es tutete viermal, dann meldete sich eine Frauenstimme.
»Stieber.«
»Frau Stieber?«
»Ja, am Apparat.«
»Sie sind die Dame aus der Parfümerie.«
»Wer ist denn da?«
»Rott. Der Detektiv.«
»Ah, ja. Ich hatte ja vorhin schon mit Ihrer Mitarbeiterin gesprochen. Hat mit der E-Mail etwas nicht geklappt?«
»Welche E-Mail?«
»Ich wollte Ihnen eine schicken. Mit einem Bild.«
»Entschuldigen Sie, aber könnten Sie mir das noch mal kurz erklären? Meine Mitarbeiterin hat jetzt frei, und die Information ist bei mir nicht richtig angekommen.«
»Kein Problem. Ich habe Ihrer Mitarbeiterin erzählt, dass ich ein Foto habe.«
»Was für ein Foto?«
»Von Petra Ziebold. Ich bin jetzt zu Hause, und ich hatte noch mal über die ganze Geschichte nachgedacht. Es gibt ein Foto der alten Ladenbelegschaft. Da sind wir beide drauf.«
»Und dieses Bild haben Sie per E-Mail geschickt?«
»Ja. Mein Mann hat es in den Computer eingescannt und geschickt. Ich habe das eben mit Ihrer Mitarbeiterin abgesprochen.«
»Wie lautet die Adresse, an die Sie das Bild geschickt haben?«
»Wissen Sie Ihre Mailadresse nicht?«
»Doch, doch … aber wir haben mehrere. Und damit es schneller geht…«
»
[email protected]. Ganz einfach.«
»Ganz einfach. Vielen Dank. Ich werde mich drum kümmern.«
»Keine Ursache.«
»Ach - einen Moment noch.«
»Ja?«
»Was haben Sie noch mit meiner Mitarbeiterin besprochen?«
»Nichts Besonderes. Sie war allerdings natürlich neugierig und wollte auf der Stelle erfahren, wie Petra Ziebold aussieht. Ich musste sie ihr ganz genau beschreiben. Sie hatte aschblondes Haar, ein ovales Gesicht…«
»Alles klar, Frau Stieber. Vielen Dank.«
Ich warf das Handy nach hinten und fuhr los.
Kurz darauf hielt ich vor dem Haus, in dem Svetlana wohnte, und riss die Fahrertür auf. Als ich meine Jacke und das Halfter vom Rücksitz nehmen wollte, kam die nächste Überraschung.
Die Pistole war weg.
19. Kapitel
Ich klingelte bei Svetlana Sturm. Niemand öffnete. Irgendwann ging ich dazu über, auf alle Knöpfe zu drücken, bis wenigstens die Haustür aufging.
Ich hetzte nach oben und klopfte.
»He, was soll der Lärm?«, rief eine Stimme von unten.
Ich kümmerte mich nicht darum. Ich nahm Anlauf und warf mich mit aller Gewalt gegen die Tür. Es schmerzte in der Schulter, und ich musste es mehrere Male versuchen, bis sie nachgab.
»Was machen Sie denn da?«, rief ein Mann, der plötzlich neben mir im Flur stand. Er trug ein Feinrippunterhemd, eine lila Jogginghose und weiße Socken. Die Füße steckten in Birkenstocks.
Ich zeigte für den Bruchteil einer Sekunde meine Lizenz. »Polizei«, erklärte ich. »Machen Sie, dass Sie in Ihre Wohnung kommen und verhalten Sie sich ruhig. Gleich stürmt ein Spezialkommando das Haus.«
Das Mann machte sich erschrocken aus dem Staub.
Ich ging hinein und sah in jeden Raum. Svetlana war nicht da. Im Wohnzimmer mit den Rattanmöbeln war noch alles so, wie wir es am Morgen verlassen hatten. Mein Konterfei mit Denkmal blickte mir von der Wand entgegen.
Es gab nur einen Unterschied: Der Computer auf dem kleinen Schreibtisch war aufgeklappt und eingeschaltet. Der Monitor zeigte einen Bildschirmschoner mit