Roulette der Liebe
einweihte, würde sie hartnäckig darauf bestehen, ihm beim Herausschaffen der Goldbarren zu helfen. Er wollte Eve nirgendwo in der Nähe der bröckelnden Schächte haben.
Tatsächlich hatte er sie dieses Mal überhaupt nicht in die Mine mitnehmen wollen, aber sie hatte sich ihm störrisch wie ein Maulesel widersetzt. Am Ende war er einverstanden gewesen, daß sie mit in die Mine käme, aber nur so weit, wie der solide Fels des Haupttunnels reichte. Dort sollte sie stehenbleiben.
»Tritt ein Stück zurück«, sagte Reno. Dann, als ihm einfiel, daß sie unmöglich stehen konnte, fügte er hinzu: »Kriech aus dem Weg, gata. Ich komme.«
Eve entfernte sich von der Öffnung, die immer noch zu klein aussah, um Renos breite Schultern durchzulassen. Als sie angestrengt in das Loch starrte, erschienen zwei Goldbarren. Sie glänzten im Laternenlicht, als seien sie gerade frisch gegossen worden.
Mit einer geschickten Drehung seines Körpers wand Reno sich aus der engen Öffnung. Sein Gesicht war verschmiert von Schweiß und Staub, seine Kleider ebenfalls. Nur seine Waffen waren sauber. Er hatte sie neben dem Kojotenloch abgelegt, bevor er hineingeklettert war.
Reno nahm in jede Hand einen der schweren Goldbarren und legte sie zu den anderen, die er schon herausgeholt hatte.
»Sechzehn insgesamt. Zwei fehlen noch«, sagte er und streckte sich.
»Laß mich die restlichen...«
»Nein!«
Reno war sich der brüsken Ablehnung in seiner Stimme bewußt und flehte innerlich, daß Eve nicht die Angst um ihre Sicherheit heraushörte, die er mit dem barschen Ton zu verbergen versuchte. Er zwang sich zu lächeln, als er ihr Gesicht für einen schnellen, harten Kuß zu sich hochhob.
»Ich bin wieder zurück, bevor du dich versiehst, mit einem Goldbarren in jeder Hand.«
Eve wollte ihm widersprechen, obwohl sie wußte, es würde sinnlos sein. Statt dessen zwang sie sich zu lächeln, als sie mit den Fingerspitzen über seine Lippen strich.
»Beeil dich, Liebster«, flüsterte sie.
Nachdem Reno wieder im Kojotenloch verschwunden war, kauerte Eve sich neben der schwarzen Öffnung nieder und begann zu beten.
Sie betete immer noch still, als sie ein rumpelndes, mahlendes Ge-rausch hörte. Ein kalter Luftschwall strömte aus der Öffnung des Kojotenlochs, begleitet von einer Wolke von Staub und Schutt und dem Poltern herabfallenden Gesteins.
Das Kojotenloch war eingestürzt.
»Reno!« schrie Eve. »Reno!«
Nichts schallte zu ihr zurück außer dem knirschenden Geräusch der letzten fallenden Felsblöcke.
Als Eve in das Loch hineinspähte, war nirgendwo ein Lichtschimmer von Renos Laterne zu sehen. Hastig griff sie nach ihrer Laterne und kroch in den schmalen Schacht, während sie das Licht vor sich herschob. Die Luft war so von Staub erfüllt, daß das Licht wirkte, als wäre es in Gaze eingewickelt.
Innerhalb von Sekunden hustete und würgte Eve von dem wirbelnden Staub. Sie zog ihr Halstuch über Mund und Nase und kämpfte sich vorwärts, so schnell sie konnte, ohne sich um die scharfen Felsen zu kümmern, an denen sie sich stieß und schürfte.
Bei jedem Atemzug rief sie verzweifelt Renos Namen. Es kam keine Antwort - nur das dumpfe Echo ihrer eigenen Schreie.
Die Laterne traf auf etwas und ließ sich nicht mehr von der Stelle bewegen. Schluchzend und ununterbrochen Renos Namen rufend schlug Eve blindlings auf das unerwartete Hindernis ein. Schließlich begriff sie, was passiert war. Dort, wo das Kojotenloch in den breiteren, älteren Tunnel hätte einmünden müssen, war die Decke eingestürzt. Jetzt ragte dort nur noch eine Wand aus Trümmern und Geröll auf.
Mit beiden Händen grub Eve in dem losen Schotter, schob ihn rechts und links an ihrem Körper vorbei. Mit jeder Handvoll, die sie wegschaufelte, rutschten zwei weitere nach.
»Reno!«
Sie hörte kein Geräusch in dem Tunnel, nur das Echo ihrer eigenen Schluchzer.
Eine Stunde später hatte sich nichts geändert, und Eve erkannte schließlich, daß sie nicht die Kraft besaß, sich ganz allein durch den eingestürzten Schacht zu graben.
Verschmutzt, zerrissen und mit wild entschlossenem Blick schlich Eve an der Stelle vorbei, wo nach Renos Aussage Slaters Wachen postiert waren. Obwohl sie zweimal Kieselsteine warf, wurde keiner der Männer auf sie aufmerksam. Eve merkte kaum, wieviel Glück sie hatte. Sie war voll auf das konzentriert, was getan werden mußte - Jericho Slater mit einer Kombination von Goldbarren und Bleikugeln zu bestechen.
Sie wollen das Gold.
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