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Roulette des Herzens

Roulette des Herzens

Titel: Roulette des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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ergriff die Klinke und drückte die Tür auf. Sogleich kam ihnen Arthur Gill, einer seiner Angestellten, entgegen.
    »Mr. Craven!« rief der junge Mann aus und ließ den Blick vom blutgetränkten, auf das Gesicht seines Arbeitgebers gedrückten Taschentuch zu Saras ihn wachsam anschauenden Augen gleiten. »Du lieber Himmel…«
    »Holen Sie Worthy«, murmelte Derek, schob Mr. Gill beiseite und ging durch das kleine holzgetäfelte Vorzimmer.
    Die gewundene Treppe führte zu seinen Privaträumen. In Anbetracht der sechs Treppenfluchten winkte er, die Frau zu sich.
    Überrascht, dass sie ihm auf der Treppe behilflich sein solle, zögerte sie und sah den jungen Angestellten an, der sich, jedoch bereits entfernte und im breiten, mit einem Teppich ausgelegten Korridor verschwand.
    »Kommen Sie«, sagte Derek schroff und winkte wieder. »Denken Sie, ich will die ganze Nacht hier stehenbleiben?«
    Sofort begab Sara sich zu ihm. Er legte ihr schwer den Arm um die Schultern. Gemeinsam stieg man die Treppe hinauf. »Wer ist Worthy?« erkundigte sich Sara und schlang Mr. Craven, um ihn zu stützen, den Arm fester um die Taille.
    »Faktotum.« Derek hatte stechende Schmerzen in der Brust, und sein Gesicht brannte wie Feuer. »Worthy hilft mir bei der Leitung des Clubs. Ich vertraue ihm voll und ganz.« Er stolperte auf dem Treppenpodest und fluchte.
    Sara schwankte. »Warten Sie. Falls Sie stürzen, kann ich Sie nicht auffangen. Wir müssen auf jemanden warten, der kräftig genug ist, Sie auf dem restlichen Weg zu stützen.«
    »Sie sind kräftig genug.« Derek presste den Arm fester um ihre Schultern und stieg die nächste Treppenflucht hinauf.
    »Mr. Craven!«, wandte Sara ein. Unbeholfen ging man zwei Treppenfluchten hinauf. Sie ängstigte sich davor, dass er ohnmächtig werden und auf die Stufen fallen könne. Deshalb begann sie, ihn aufzumuntern, und äußerte alles, was ihr einfiel, um ihn zum Weitergehen zu veranlassen. »Wir sind fast da. Kommen Sie. Sie sind eigensinnig genug, um noch einige Stufen hinaufgehen zu können. Halten Sie sich auf den Beinen.«
    Sie keuchte vor Anstrengung, als man die letzte Stufe hinter sich hatte und zur Tür von Mr. Cravens Privaträumen gelangte. Man ging durch die Eingangshalle und kam zu einem Salon, der mit pflaumenblauem Samt und teurem Brokat dekoriert war. Erstaunt nahm Sara die vergoldeten Ledertapeten wahr, die lange Reihe französischer Türen und die herrliche Aussicht auf die Stadt durch die hohen Fenster. Mr. Cravens gemurmelten Anweisungen folgend, half sie ihm ins Schlafzimmer. Der Raum war mit grünem Damast ausgeschlagen und hatte kunstvoll gestaltete Spiegel. Er enthielt das größte Bett, das sie je gesehen hatte. Tief errötend dachte sie daran, dass sie nie im Leben im Schlafzimmer eines Mannes gewesen war. Ihre Verlegenheit verwandelte sich in Sorge, als Mr. Craven sich vollbekleidet auf das Bett fallen ließ. Keuchend legte er sich auf den Rücken und blieb still liegen. Der Arm, den er um seine Brust gelegt hatte, erschlaffte.
    »Mr. Craven! Mr. Craven!« Sara beugte sich über ihn und überlegte, was sie tun solle. Er war ohnmächtig geworden. Sie streckte die Hand aus, band ihm die verschmutzte Krawatte auf und nahm sie ihm vorsichtig ab.
    Dann zog sie ihm das Taschentuch vom Gesicht.
    Der Schmiss verlief von der rechten Schläfe über den Nasenrücken bis zum Rand des linken Wangenknochens.
    Obwohl Mr. Craven ein etwas grob geschnittenes Gesicht hatte, wirkten seine Züge stark ausgeprägt und gleichmäßig. Unter den halbgeöffneten Lippen sah Sara überraschend weiße Zähne. Seine Haut war vom Blut verschmiert, das sich in den dichten Augenbrauen und auf den langen Wimpern verkrustet hatte.
    Sara bemerkte an der anderen Seite des Raums einen Waschtisch, eilte dorthin und stellte fest, dass die Kanne Wasser enthielt. Nachdem sie etwas Wasser in die Schüssel gegossen hatte, brachte sie sie zum Nachttisch. Sie feuchtete ein Tuch an, drückte es Mr. Craven auf das Gesicht und wischte das Blut und den Schmutz fort. Derweil sie ihm die Augen und Wangen reinigte, kam er zu sich, stöhnte und schlug die Lider auf. Sie hielt inne und blickte in seine grünen Augen. Ein eigenartiges Gefühl überkam sie. Durch Mr. Cravens Blick wie gebannt, war sie nicht imstande, etwas zu sagen oder sich zu bewegen.
    Mr. Craven hob die Hand und berührte eine Locke, die ihr aus einer Haarnadel gerutscht war. »Ihr Name«, sagte er, und seine Stimme hatte rau geklungen.

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