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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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ähnlich, welche Diderot so eben beendet hatte. Dieser wollte mich zur Betheiligung an dieser zweiten Unternehmung heranziehen und schlug mir den musikalischen Theil vor, dessen Bearbeitung ich übernahm und in den drei Monaten, die er mir wie allen übrigen Mitarbeitern bewilligt hatte, in höchster Eile und äußerst schlecht ausführte. Aber ich war der einzige, der zu der festgesetzten Zeit fertig war. Ich überreichte ihm mein Manuscript, das ich von einem Lakaien des Herrn von Francueil, einem gewissen Dupont, der sehr gut schrieb, hatte ins Reine schreiben lassen. Ich zahlte ihm dafür zehn Thaler aus meiner eigenen Tasche, die mir nie zurückerstattet sind. Diderot hatte mir seitens der Verleger eine Belohnung versprochen, von der später zwischen uns nie mehr die Rede gewesen ist.
    Die Herausgabe der Encyclopädie wurde durch seine Verhaftung unterbrochen. Die »Philosophischen Gedanken« hatten ihm einige Unannehmlichkeiten zugezogen, die jedoch keine Folgen hatten. Einen übleren Erfolg sollte sein »Brief über die Blinden« für ihn haben. Er enthielt nichts, was man ihm hätte zum Vorwurfe machen können, als einige persönliche Anspielungen, über welche sich Frau Dupré von Saint-Maur und Herr von Réaumur beleidigt fühlten und um deren willen er in den vincenner Gefängnisthurm gesperrt wurde. Ich bin nicht im Stande, die Angst zu schildern, die mich beim Unglücke meines Freundes befiel. Meine unselige Einbildungskraft, die alles Ueble gleich von der schlimmsten Seite erblickt, erhitzte sich. Ich sah ihn schon in lebenslänglicher Gefangenschaft. Mir schwindelte fast der Kopf. Ich schrieb an Frau von Pompadour, um sie zu beschwören, ihm die Freiheit zu verschaffen oder mich mit ihm einsperren zu lassen. Ich bekam keine Antwort auf meinen Brief; er war zu wenig vernünftig, um eine Wirkung hervorbringen zu können, und ich schmeichle mir nicht, daß er zu den Erleichterungen beigetragen habe, die man einige Zeit nachher in der Gefangenschaft des armen Diderot eintreten ließ. Wenn sie aber noch einige Zeit mit der nämlichen Strenge gewährt hätte, so würde ich, davon bin ich überzeugt, am Fuße dieses unglückseligen Thurmes vor Verzweiflung gestorben sein. Wenn mein Brief übrigens wenig Erfolg gehabt hat, so habe ich mir auf ihn auch nicht sehr viel zu Gute gethan, denn ich erwähnte seiner nur gegen sehr wenige Leute und nie gegen Diderot selber.

Achtes Buch.
1749
    Am Ende des vorhergehenden Buches habe ich eine Pause machen müssen. Mit diesem beginnt von ihrem ersten Anfang an die lange Reihe meiner Leiden.
    Da ich in zwei der glänzendsten Häuser von Paris gelebt, hatte ich trotz meines Hanges zur Zurückgezogenheit doch nicht umhin gekonnt, einige Bekanntschaften zu machen. Unter andern war ich bei Frau Dupin mit dem jungen Erbprinzen von Sachsen-Gotha und dem Baron von Thun, seinem Hofmeister, bekannt geworden. Bei Herrn De la Poplinière hatte ich Herrn Seguy, den Freund des Baron von Thun kennen gelernt, der in der literarischen Welt durch seine schöne Ausgabe Rousseau's bekannt ist. Der Baron lud uns, Herrn Seguy und mich ein, einen oder zwei Tage in Fontenay-sous-Bois, wo der Prinz ein Haus besaß, zuzubringen. Wir folgten der Einladung. Als wir auf dem Hinwege durch Vincennes kamen, fühlte ich beim Anblicke des Thurmes eine solche Herzensqual, daß sie mir der Baron am Gesichte anmerkte. Beim Abendessen sprach der Prinz von Diderots Gefangenschaft. Um mich zum Sprechen zu bringen, zieh der Baron Diderot der Unbesonnenheit; ich machte mich ihrer schuldig durch die ungestüme Art, in der ich seine Verteidigung führte. Man verzieh einem Manne, der für einen unglücklichen Freund eintritt, dieses Uebermaß von Eifer und redete von anderen Dingen. In dem Gefolge des Prinzen befanden sich noch zwei Deutsche, der eine, welcher Klüpffell hieß und viel Geist besaß, war sein Kaplan und wurde später, nachdem er den Baron verdrängt hatte, sein Hofmeister, und der andere war ein junger Mann, Namens Grimm, der ihm, bis er eine Stelle fände, als Vorleser diente. Seine äußerst dürftige Ausstattung verrieth, wie dringend er einer solchen bedurfte. Schon an diesem Abende fühlten Klüpffell und ich uns zu einander hingezogen, und wir wurden bald aufrichtige Freunde; mein Verkehr mit Herrn Grimm machte keinen so schnellen Fortschritt; er drängte sich nicht gern in den Vordergrund, und war noch weit von jenem anmaßenden Tone entfernt, den er später im Glücke anzuschlagen für gut

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