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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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vielfachen Studien betrieb, trug die Schuld, daß sie geistig durch dieselben wenig gefördert wurde, so begabt sie von Natur auch war. Deshalb ließ sie sich auch, obgleich sie mit den Anfangsgründen der Philosophie und der Physik einigermaßen vertraut war, nicht von ihrer Vorliebe für Quacksalberei und Alchymie abbringen, die sie mit ihrem Vater theilte. Sie bereitete Elixire, Tincturen, Balsame, Recepte; sie behauptete, sich auf Geheimmittel zu verstehen, Schwindler, die sich ihre Schwäche zu Nutze machten, bemächtigten sich ihrer, umlagerten sie, richteten sie zu Grunde und zerstörten unter Schmelztiegeln und Quacksalbereien ihren Geist, ihre Talente und ihre Reize, durch welche sie sich zum Lieblinge der besten Gesellschaft hätte machen können.
    Aber wenn niederträchtige Spitzbuben ihre schlecht geleitete Erziehung mißbrauchten, um ihren gesunden Menschenverstand auf Abwege zu führen, so bewährte sich doch ihr vortreffliches Herz und blieb stets das nämliche. Ihr liebevoller sanfter Charakter, ihr Wohlwollen gegen Unglückliche, ihre unerschöpfliche Güte, ihr aufrichtiges, offenes und immerdar heiteres Gemüth war nie einer Wandlung unterworfen, und sogar noch bei herannahendem Alter, von Armuth, Leiden und mancherlei Unglücksfällen bedrängt, erhielt ihr die Ruhe und Reinheit ihrer schönen Seele den ganzen Frohsinn ihrer schönsten Tage.
    Der Grund zu ihren Verirrungen lag in einem nie ermattenden Thätigkeitstriebe, der unaufhörlich Beschäftigung verlangte. Sie brauchte keine Weiberintriguen, sondern hatte die Leitung und Durchführung von Geschäften nöthig. Sie war für große Angelegenheiten geschaffen. An ihrer Stelle wäre die Frau von Longueville nur eine Ränkeschmiedin gewesen, sie dagegen hätte an der Stelle der Frau von Longueville den Staat regiert. Mit ihren Talenten war sie nicht am rechten Platze, und was in einer höheren Stellung ihren Ruhm begründet hätte, gereichte ihr in der, in welcher sie lebte, zum Verderben. Bei allen für sie ausführbaren Dingen erweiterte sie ihren Plan stets im Geiste und betrachtete ihren Gegenstand nur im Großen. Da nun die Mittel, die sie anwandte, mehr im Verhältnis zu ihren Entwürfen als zu ihren Kräften standen, so mußte sie aus Mangel an letzteren scheitern, und wenn ihr Plan fehlschlug, wurde sie um ihr ganzes Vermögen gebracht, wo Andere fast nichts verloren hätten. Dieser Thätigkeitstrieb, aus dem für sie so viel Leid erwuchs, hatte in ihrem klösterlichen Zufluchtsorte für sie wenigstens das Gute, daß er sie davon abhielt, sich, wie sie Lust gehabt hatte, dort für immer fesseln zu lassen. Das gleichförmige und einfache Leben der Nonnen, ihr inhaltsloses Geplauder im Sprechzimmer, alles dies konnte auf die Länge einem Geiste nicht genügen, der, in steter Erregung, täglich neue Pläne ersann und deshalb der Freiheit bedurfte, um sich mit ihrer Ausführung zu beschäftigen. Der gute Bischof von Bernex, der sich an Geist mit Franz von Sales nicht messen konnte, glich ihm doch in vielen Punkten, und Frau von Warens, welche er seine Tochter nannte, und die der Frau von Chantal in vielen anderen Punkten ähnlich war, hätte derselben auch in ihrer Zurückgezogenheit ähnlich sein können, wenn ihr Hang nicht mit dem müßigen Leben eines Klosters unvereinbar gewesen wäre. Es war durchaus nicht Mangel an Glaubenseifer, wenn jene liebenswürdige Frau nicht die kleinen Andachtsübungen mitmachte, die sich für eine unter der Leitung eines Prälaten stehende Neubekehrte zu schicken schienen. Was auch der Grund zu ihrem Religionswechsel gewesen sein mochte, so war sie doch der Religion, welche sie angenommen hatte, aufrichtig zugethan. Sie hat ihren Uebertritt vielleicht als einen Fehler bereut, aber nie den Wunsch gehegt, ihn ungeschehen zu machen. Sie ist nicht allein als gute Katholikin gestorben, sie hat auch ihrem Glauben getreu gelebt, und ich, der ich auf dem Grunde ihrer Seele gelesen zu haben glaube, behaupte dreist, daß sie lediglich aus Abscheu vor allem äußeren Wesen ihre Frömmigkeit nicht öffentlich zeigte. Sie besaß eine zu wahre Frömmigkeit, um sich in der Rolle einer Frömmlerin gefallen zu können. Aber hier ist nicht der Ort, mich über ihre Grundsätze weitläufig zu ergehen; es wird sich mir noch andere Gelegenheit darbieten, davon zu reden.
    Wer die Sympathie der Seelen läugnet, möge, wenn er es vermag, erklären, wie es zuging, daß mir Frau von Warens vom ersten Begegnen, vom ersten Worte, vom

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