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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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glückselige Stätte mit einem goldenen Gitter umgeben, ihr die Huldigungen der ganzen Erde zulenken könnte! Wer es liebt, die Denkmale des Heils der Menschen zu ehren, sollte sich ihr nur auf den Knien nahen.
    Unsere Begegnung fand in einem Durchgange hinter ihrem Hause zwischen einem Bache zur Rechten und der Hofmauer zur Linken statt, der durch eine Hinterthüre zur Kirche der Franziskaner führte. Im Begriff durch diese Thüre zu gehen, wendet sich Frau von Warens beim Klange meiner Stimme um. Wie wurde mir bei diesem Anblick! Ich hatte mir eine alte, höchst mürrische Betschwester vorgestellt; nach meiner Ansicht konnte die gute Dame des Herrn von Pontverre gar nichts Anderes sein. Ich sehe ein Gesicht voller Liebreiz, schöne blaue Augen voller Sanftmuth, eine blendende Gesichtsfarbe, die Umrisse eines bezaubernden Busens. Nichts entging dem raschen Blicke des jungen Proselyten; denn augenblicklich hatte sie mich für ihre Sache gewonnen, da ich überzeugt war, daß eine Religion, von solchen Glaubensboten gepredigt, geraden Weges in das Paradies führen mußte. Sie nimmt lächelnd den Brief, den ich ihr mit zitternder Hand überreiche, öffnet ihn, wirft einen Blick auf den des Herrn von Pontverre und sieht dann wieder in den meinigen, den sie bis zu Ende liest und noch einmal gelesen haben würde, wenn ihr Diener sie nicht daran erinnert hätte, daß es Zeit wäre einzutreten. »Ach, mein Kind,« sagte sie zu mir in einem Tone, der mich heben machte, »Sie sind noch so jung und streifen schon durch das Land! Das ist in der That Schade.« Ohne meine Antwort abzuwarten, fügte sie dann hinzu: »Erwarten Sie mich in meiner Wohnung und lassen Sie sich ein Frühstück geben; nach der Messe werde ich mit Ihnen Rücksprache nehmen.«
    Louise Eleonore von Warens war ein geborenes Fräulein de la Tour de Pil; ihre alte adlige Familie wohnte in Vevay, einer Stadt im Canton Waadt. Noch sehr jung hatte sie Herrn von Warens aus dem Hause Loys, ältesten Sohn des Herrn von Villardin von Lausanne geheirathet. Da diese Ehe, aus der keine Kinder hervorgingen, nicht allzu glücklich war, ergriff Frau von Warens, von häuslichem Kummer getrieben, die sich ihr durch die Anwesenheit des Königs Victor Amadeus in Evian darbietende Gelegenheit und fuhr über den See, um sich diesem Fürsten zu Füßen zu werfen, und riß sich so durch eine der meinigen sehr ähnliche Unbesonnenheit, die sie ebenfalls immerdar hat beweinen müssen, von ihrem Gatten, ihrer Familie und ihrer Heimat los. Der König, der gern den eifrigen Katholiken spielte, nahm sie unter seinen Schutz, bewilligte ihr eine Pension von fünfzehnhundert piemontesischen Livres, was für einen im Allgemeinen wenig freigebigen Fürsten eine bedeutende Summe war, und sandte sie, als er wahrnahm, daß man ihn um deswillen für verliebt in sie hielt, von einer Abtheilung seiner Garden geleitet, nach Annecy, wo sie unter der Gewissensleitung des Titularbischofes von Genf, Michael Gabriel von Bernex, im Kloster der Heimsuchung Mariä ihren Glauben abschwor.
    Als ich in Annecy eintraf, war sie schon sechs Jahre daselbst und zählte damals achtundzwanzig Jahre, da sie am Anfange des Jahrhunderts geboren war. Ihre Schönheit gehörte zu jenen, die lange Dauer haben, weil sie sich weniger in den Zügen als in dem Gesichtsausdrucke ausprägt; auch war die ihrige noch in ihrem ersten Glanze. Sie hatte eine angenehm berührende und zärtliche Miene, einen sehr sanften Blick, ein engelgleiches Lächeln, einen dem meinigen ähnlichen Mund und aschfarbiges Haar von ungewöhnlicher Schönheit, auf dessen Ordnung sie wenig Sorgfalt verwandte, was ihr etwas ungemein Reizendes verlieh. Sie war nur klein, sogar untersetzt und hatte eine etwas starke, wenn auch nicht unschöne Taille; aber es war unmöglich einen schöneren Kopf, einen schöneren Busen, schönere Hände und schönere Arme zu sehen.
    Auf ihre Erziehung hatten gar verschiedene Elemente eingewirkt. Sie hatte wie ich ihre Mutter schon bei ihrer Geburt verloren, und da sie jeden Unterricht, wie er sich gerade darbot, ohne Unterschied erhielt, hatte sie etwas von ihrer Gouvernante, etwas von ihrem Vater, etwas von ihren Lehrern, und viel von ihren Liebhabern gelernt, besonders von einem Herrn von Tavel, welcher Geschmack und Kenntnisse besaß und sie auch seiner Geliebten beibrachte, der sie zur Zierde gereichten. Allein so viele verschiedene Unterrichtsarten schadeten sich gegenseitig, und die Planlosigkeit, mit der sie ihre

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