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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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diese Fregatte zu bewaffnen, ohne ihre Beweglichkeit dadurch zu schädigen. »Ja,« sagte sie in gewöhnlichem Tone, »man nimmt nur so viel Kanonen, wie man zum Kampfe braucht.« Selten habe ich sie von einem ihrer abwesenden Freunde Gutes reden hören, ohne irgend eine Stichelei einfließen zu lassen. Was ihr nicht schlecht erschien, kam ihr doch lächerlich vor, und ihr Freund Margency wurde dabei nicht ausgenommen. Was ich ferner an ihr unerträglich fand, war die unaufhörliche Belästigung mit ihren kleinen Sendungen, ihren kleinen Geschenken, ihren kleinen Billets, deren Beantwortung mir unangenehm war; fort und fort versetzte sie mich wieder in die Verlegenheit, mich bei ihr zu bedanken oder ihre Gabe abzulehnen. Da ich sie indessen beständig sah, gewöhnte ich mich endlich an sie. Sie hatte ihren Kummer, ich den meinigen. Die gegenseitigen vertraulichen Mittheilungen machten uns unser Zusammensein ohne Zeugen anziehend. Nichts verbindet die Herzen so sehr, als die Süßigkeit zusammen weinen zu können. Wir suchten uns auf, um uns zu trösten, und dieses Bedürfnis hat mich oft mancherlei übersehen lassen. Ich hatte meine Offenheit gegen sie in solche Härte gekleidet, und ihr bisweilen so wenig Achtung vor ihrem Charakter gezeigt, daß ich wirklich noch viel Achtung besitzen mußte, um zu glauben, daß sie mir aufrichtig vergeben könnte. Ich schalte hier eine Probe von den Briefen ein, die ich hin und wieder an sie geschrieben habe, wobei ich bemerken muß, daß sie in keiner ihrer Antworten je irgendwie verletzt schien.
    Montmorency, den 5. November 1760.
    »Sie sagen mir, gnädige Frau, Sie haben sich nicht gut ausgedrückt, um mir zu verstehen zu geben, daß ich mich schlecht ausdrücke. Sie erzählen mir von Ihrer angeblichen Dummheit, um mir die meinige aufzudecken. Sie rühmen sich, nur eine Scherz liebende Frau zu sein, als hätten Sie Angst, beim Worte genommen zu werden, und Sie machen mir Entschuldigungen, um mir die Lehre zu geben, daß ich Ihnen solche Entschuldigung schuldig bin. Allerdings, gnädige Frau, ich weiß es wohl, ich bin dumm, ein gutmüthiger Schwachkopf und noch Schlimmeres, wenn es möglich ist; ich wähle meine Worte schlecht für eine schöne Französin, die auf die Worte so großes Gewicht legt und so gut spricht wie Sie. Beachten Sie jedoch, daß ich sie in der gewöhnlichen Bedeutung der Sprache nehme, ohne mit dem anständigen Sinne vertraut zu sein oder mich um ihn zu kümmern, den man ihnen in den tugendhaften Gesellschaften von Paris beilegt. Wenn meine Worte bisweilen zweideutig sind, so bestrebe ich mich, den wahren Sinn durch mein Betragen zu erkennen zu geben, u. s. w.« Man lese die Antwort darauf (Heft D , Nr. 41) und urtheile über die unglaubliche Mäßigung eines Frauenherzens, das über einen solchen Brief keine bittrere Erregtheit verrathen kann, als diese Antwort durchschimmern läßt und als sie mir gegenüber je ausgesprochen hat.– Unternehmend, kühn bis zur Unverschämtheit und stets auf der Jagd nach allen meinen Freunden verabsäumte Coindet nicht, sich in meinem Namen bei Frau von Verdelin einzuführen und war dort, ohne daß ich es ahnte, bald vertrauter als ich selbst. Ein wunderliches Menschenkind, dieser Coindet! Er stellte sich, als hätte ich ihn geschickt, bei allen meinen Freunden vor, setzte sich bei ihnen fest und speiste bei ihnen ohne Umstände. Voll glühenden Eifers für mich sprach er von mir nur mit Thränen in den Augen; sobald er mich jedoch besuchte, beobachtete er über alle diese Bekanntschaften, sowie über alles, was seines Wissens meine Theilnahme erregen mußte, das tiefste Stillschweigen. Anstatt mir zu sagen, was er von dem für mich Interessanten erfahren oder gesagt oder gesehen hatte, hörte er mir zu und fragte mich sogar. Von Paris wußte er nur, was ich ihm mittheilte, kurz, obgleich mir jedermann von ihm erzählte, redete er zu mir nie von jemandem; gegen seinen Freund war er nur verschwiegen und geheimnisvoll. Lassen wir jedoch für jetzt Coindet und Frau von Verdelin; wir werden in der Folge auf sie zurückkommen.
    Einige Zeit nach meiner Rückkehr nach Saint-Louis besuchte mich der Maler Latour und brachte mir mein Pastelporträt, welches er vor einigen Jahren in der Gemäldegalerie ausgestellt hatte. Sein Anerbieten, mir dieses Porträt zu schenken, hatte ich zurückgewiesen. Allein Frau von Epinay, die mir das ihrige geschenkt und sich jenes wünschte, hatte mich ersucht, es von ihm zu erbitten. Er hatte sich

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