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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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mich.«
    Seit Abfassung dieser Briefe sind jetzt zehn Jahre vergangen. Ich habe seit jener Zeit oftmals wieder daran gedacht, und so groß ist noch heute in diesem Punkte meine Dummheit, daß ich es nie begriffen habe, was die Dame in dieser Stelle, ich sage nicht Verletzendes, sondern auch nur ihr Mißfälliges hatte ausfindig machen können.
    Bei Erwähnung jener Abschrift der »Heloise«, die Frau von Luxembourg haben wollte, muß ich hier noch das angeben, was ich ersann, um derselben etwas besonders Auszeichnendes vor jeder andern zu verleihen. Ich hatte getrennt davon die »Abenteuer des Lord Eduard« geschrieben und war lange unschlüssig gewesen, ob ich sie ganz oder auszugsweise in das Werk, in dem sie mir zu fehlen schienen, einschalten sollte. Am Ende entschloß ich mich, sie ganz wegzulassen, weil sie nicht im Tone des Ganzen waren und deshalb die rührende Einfachheit desselben gestört hätten. Ich hatte noch einen andern, weit stärkeren Grund, als ich Frau von Luxembourg erst kennenlernte. In diesen Abenteuern kam nämlich eine römische Marquise von einem sehr schlechten Charakter vor, von der einige Züge, ohne auf sie anwendbar zu sein, doch von solchen, die sie nur dem Rufe nach kannten, auf sie hätten bezogen werden können. Ich wünschte mir deshalb zu dem Entschlusse, den ich gefaßt, Glück und bestärkte mich in demselben. Allein in dem glühenden Wunsche, ihr Exemplar mit irgend etwas, was sich in keinem andern fand, zu bereichern, dachte ich an diese unglücklichen Abenteuer und faßte den Plan, einen Auszug daraus anzufertigen, um ihn hinzuzufügen, ein unsinniger Plan, dessen Verschrobenheit man sich nur durch das blinde Verhängnis erklären kann, welches mich in mein Verderben zog.
Quos vult perdere Jupiter dementat.
     
    Ich war so dumm, diesen Auszug mit großer Sorgfalt und großem Fleiße zu machen und ihr dieses Werk als das schönste Kleinod von der Welt zu schicken, indem ich ihr gleichwohl mittheilte, daß ich, wie es der Wahrheit gemäß war, das Original verbrannt hätte, daß der Auszug für sie allein wäre und von niemandem je gesehen werden würde, falls sie ihn nicht selbst zeigte. Weit davon entfernt, ihr dadurch, wie ich wähnte, meine Klugheit und Besonnenheit zu beweisen, machte dieser Umstand sie erst auf die Ansicht aufmerksam, die ich selbst über die Anwendbarkeit der Züge hegte, über die sie sich hätte beleidigt fühlen können. Meine Dummheit war so groß, daß ich nicht daran zweifelte, sie würde von meiner Handlungsweise entzückt sein. Sie sagte mir darüber nicht die großen Schmeicheleien, die ich erwartete, und zu meiner großen Verwunderung redete sie mit mir nie über das Heft, das ich ihr geschickt hatte. Stets über meine Klugheit, die ich hierbei gezeigt, entzückt, machte ich mir erst lange nachher nach anderen Anzeichen eine Vorstellung von der Wirkung, welche meine Handlungsweise hervorgerufen hatte.
    In Bezug auf ihre Abschrift hatte ich noch einen vernünftigeren Gedanken, der mir aber aus ferner liegenden Umständen nicht weniger nachtheilig gewesen ist; so wirkt alles für das Werk des Schicksals zusammen, wenn es einen Menschen in das Unglück lockt. Ich gedachte diese Abschrift mit den Zeichnungen zu den Kupferstichen der »Julie« zu verzieren, die, wie es sich ergab, das nämliche Format wie die Abschrift hatten. Ich bat Coindet um diese Zeichnungen, die mir unter allen Rechtstiteln und um so mehr gehörten, als ich ihm den Ertrag aus den Abdrücken abgetreten hatte, die einen großen Absatz fanden. Coindet ist eben so schlau, wie es mir an Schlauheit fehlte. Er ließ sich um die Zeichnungen bitten, bis er in Erfahrung brachte, was ich damit machen wollte. Nun behielt er sie unter dem Vorwande, noch einige Verzierungen hinzuzufügen, und überreichte sie schließlich selbst.
Ego versiculos feci, tulit alter honores.
     
    Hierdurch brachte er es zu Wege, daß er sich in das Hotel Luxembourg mit einer gewissen Berechtigung einführte. Seit meiner Uebersiedlung nach dem kleinen Schlosse besuchte er mich dort sehr häufig und stets des Morgens, namentlich wenn Herr und Frau von Luxembourg in Montmorency waren. Dies hatte zur Folge, daß ich, um einen Tag mit ihm zu verleben, nicht auf das Schloß ging. Man machte mir dieses Fernbleiben zum Vorwurf; ich gab den Grund an. Man drang in mich, Herrn Coindet mitzubringen; ich that es. Das war es, worauf der Schlaukopf ausgegangen war. Dank der ungemeinen Güte, die man für mich hatte, sah sich

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